Corona ist auch die Stunde des Parlaments
Es ist die Stunde der Exekutive. Das wird häufig erklärt, wenn es um die Bekämpfung der Corona-Pandemie geht. Von den Parlamenten – auf Bundes- und Landesebene – war bislang wenig zu sehen. Erst als Bundesgesundheitsminister Jens Spahn sich seine befristeten Vollmachten auf unbestimmte Zeit verlängern wollte, kam es zum Aufschrei.
Jetzt bringt die Bundesregierung in großer Eile einen geänderten Entwurf des umstrittenen Infektionsschutzgesetzes auf den Weg. Nicht mehr der Gesundheitsminister, sondern die Regierung als Ganzes darf nun Corona-Regeln erlassen. Und die Generalklausel, die der Exekutive fast alles erlaubt hätte, wurde durch Regelbeispiele ergänzt. Danach werden jetzt viele konkrete Maßnahmen wie Kontaktbeschränkung, Maskenpflicht, Ausgangssperren und Abstandsregeln definiert. Sie können ergriffen werden, wenn die Pandemie es erfordert.
Ausreichend ist das alles nicht. Erforderlich wäre eine klare Ermächtigungsgrundlage, die es der Exekutive erlaubt, in Grundrechte einzugreifen. Die Regierung wäre an bestimmte Maßnahmen gebunden, die bei einer akuten Zunahme der Infektionsfälle angezeigt wären. Konkret: Wenn etwa die Zahl der Neuinfektionen einen Wert überschreitet, darf die Regierung die Kontakte in der Öffentlichkeit beschränken, zum Beispiel nur noch einen Freund pro Schüler zulassen.
Stattdessen gibt es jetzt einfache, stark einschränkende und schwerwiegende Maßnahmen, ohne dass im Gesetz steht, was darunter zu verstehen ist. Das ist willkürlich. Zugegeben: Kanzlerin und Ministerpräsidenten gingen mit ihren Vollmachten sorgsam um. Aber das muss nicht so bleiben. Der Bundestag muss deshalb zumindest mitwirken können. Eine Pandemie ist eben auch die Stunde des Parlaments.
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