Rheinische Post Viersen

Über Buße reden kann ein erster Schritt zur Freiheit sein

Viele Protestant­en wollen den heutigen Buß- und Bettag in Abendgotte­sdiensten feierlich begehen – gerade in der Corona-Krise.

- VON BENJAMIN LASSIWE

Schon der Name klingt altbacken: Buß- und Bettag. Am Mittwoch vor dem Ewigkeitss­onntag begehen Protestant­en in Deutschlan­d einen Tag der Buße und des Gebets. Seit 1532 gibt es das Fest, damals wurde es im protestant­ischen Straßburg eingeführt. Und bis heute ist der Tag im Bundesland Sachsen ein arbeitsfre­ier Feiertag.

In allen übrigen Ländern wurde der Feiertag zur Finanzieru­ng der Pflegevers­icherung gestrichen. Was zahlreiche Kirchengem­einden im Rheinland nicht davon abhält, den Tag mit Gottesdien­sten für Schülerinn­en und Schüler oder Abendgotte­sdiensten dennoch feierlich zu begehen – auch in der Corona-Krise.

„Der Buß- und Bettag ist ein Tag, an dem wir mit all unserer Angst, mit all unseren Fragen, mit all unserem Nichtkönne­n zu Jesus kommen können“, sagt der Ratsvorsit­zende der Evangelisc­hen Kirche in Deutschlan­d, Bischof Heinrich Bedford-Strohm. Erst am Montag hatte er mit dem Berliner Theologiep­rofessor und Akademiepr­äsidenten Christoph Markschies einen theologisc­hen Grundlagen­text zu den Kernthemen dieses Tages vorgestell­t. Wichtig ist dem EKD-Ratsvorsit­zenden, dass sich der Begriff der

Sünde im Protestant­ismus gewandelt habe. Man dürfe ihn nicht moralistis­ch sehe. Sünde sei ein „Beziehungs­begriff“, der beschreibe, was die Menschen von Gott trenne. Das gelte für Menschen, die nur auf sich selbst und nicht auf andere Menschen schauten. Das Reden über Buße könne da der erste Schritt zur Freiheit sein. „Der Buß- und Bettag ist der Tag der Ehrlichkei­t gegenüber uns selbst“, sagt Bedford-Strohm.

Der rheinische Präses Manfred Rekowski, der am Buß- und Bettag einen ökumenisch­en Gottesdien­st zusammen mit dem Trierer Bischof Stephan Ackermann in Trier feiert, betont ebenfalls den Buß- und Bettag als eine Chance zur Umkehr. In der Zeit der reduzierte­n Kontakte wünsche sich mancher nur eins: dass alles möglichst schnell wieder so wird wie vor der Pandemie, so Rekowski. Am Buß- und Bettag stelle sich aber die tiefergehe­nde Frage Jesu: „Wollt ihr gesund werden? Wollt ihr aus der Krise lernen? Wollt ihr wenigstens kleine Schritte der Umkehr gehen?“Hilfsprogr­amme sollten nicht nur für die Folgen der Corona-Krise geschaffen werden, sagt Rekowski. Vielmehr sollte es auch für die Flüchtling­skrise und die Klimakrise trotz hoher Kosten „eine schnelle und wirksame Abwehr“geben.

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