Corona zwingt zu Trauer ohne Nähe
Wegen der Corna-Pandemie gelten auch bei Beerdigungen neue Regeln – und das in einer emotionalen Ausnahmesituation. Was der Lobbericher Bestatter Robert Hellmann jetzt besonders vermisst.
LOBBERICH Dass Robert Hellmann einmal Sicherheitsbelehrungen vor einer Beerdigung geben würde und vor der Kirche per Liste die Besucher kontrolliert, das hätte sich der Bestattermeister zu Jahresbeginn nicht vorgestellt. Doch so sieht der Alltag für Bestatter in der Corona-Krise aus.
„Beerdigungen haben sich unter Corona stark verändert. Riten wie Singen oder der Beerdigungskaffee im Anschluss fallen weg. Es fehlt an Herzlichkeit und Nähe“, sagt Hellmann. Er muss Trauernde daran erinnern, dass Umarmungen und Händeschütteln nicht zulässig sind. Und er muss den Hinterbliebenen erklären, dass sie nur wenige Trauergäste einladen dürfen; zudem ist eine genaue Liste der Geladenen nötig, um auch nur diese Gäste im Anschluss zur Beerdigung zuzulassen.
Schwierig in einer emotionalen Ausnahmesituation, die eine Beerdigung ist. Und für den Bestatter zusätzlicher Arbeitsaufwand. Nur mit Worten Anteilnahme zu zeigen, findet Hellmann persönlich sehr schwer. Erst recht dann, wenn er die betroffene Familie kennt – und das kommt durch seine langjährige Tätigkeit in dem Metier oft vor.
Wenn jemand gestorben ist und ein Anrufer fragt: „Robert, hilfst du uns?“, dann muss auch der Bestatter sich beim Eintreffen daran erinnern, dass Umarmungen zurzeit nicht möglich sind. „Einen Menschen in den Arm nehmen, sagt mehr als Worte. Aber es darf nicht sein“, sagt Hellmann. Das Zwischenmenschliche käme in der aktuellen Corona-Pandemie zu kurz.
Was ihm positiv auffällt: Die Trauernden beachten die Vorgaben der Corona-Schutzverordnung; es gebe maximal zehn Prozent Ausreißer. Dies sei in der Trauer aber zu verstehen.
In dem von Hellmann geführten Lobbericher Haus der Begegnung hat die Pandemie ebenfalls für Änderungen
gesorgt: In der hauseigenen Trauerhalle gibt es nur noch Platz für 50 Menschen statt der bisher üblichen bis zu 120. Seit dem 1. November ist zudem ein Trauerkaffee nicht mehr möglich. Generell ist die Zahl der Trauergäste beschränkt, dies richtet sich nach den jeweils aktuellen Corona-Vorschriften. Der Friedhof muss bei Beerdigungen seit dem 1. November mit Mundschutz betreten werden; statt in der Friedhofskapelle wird der Bereich vor der Halle für die Einsegnung genutzt. „Der Schutz der Menschen steht an erster Stelle“, sagt Robert Hellmann.
Wegen der Nähe zu den Niederlanden und den dortigen günstigeren Grabpreisen beerdigt Hellmann auch viele Menschen im Nachbarland. „Rund 25 Prozent unserer Urnenbestattungen finden in den Niederlanden
statt“, sagt der Bestatter. Ein Grab koste in Venlo ein Drittel weniger als in Nettetal. Doch im März und April waren keine Bestattungen in den Niederlanden möglich. Es gab wegen der Corona-Pandemie ein Einreiseverbot. Danach folgten Beerdigungen mit wenigen Personen.
Generell kann Hellmann den Trend zur Urne bestätigen. Für rund 70 Prozent der Beerdigungen werde die Urne gewählt, für nur rund 30 Prozent die klassische Erdbestattung im Sarg. „Viele haben niemanden, der eine Grabstätte pflegt. Daher ist der Trend zur Urne ungebrochen“, sagt Hellmann.
Sein größter Wunsch für die Zukunft: „Ich wünsche mir von ganzem Herzen, dass wir nach der Krise wieder zu Herzlichkeit und Menschennähe finden“, sagt Hellmann. Dass seine Kunden ebenfalls auf ein Stück Normalität bei den Beerdigungen hoffen, erlebt er täglich. Viele Hinterbliebene fragten danach, ob sie eine Beerdigung in den kommenden Monat verlegen könnten. Alle hoffen auf Lockerungen bei den Vorschriften, um den Abschied von einem geliebten Menschen im Kreis derjenigen zu begehen, die auch zu dessen Lebzeiten wichtig waren. Allen solle die Möglichkeit gegeben sein, sich bei einer gemeinsamen Feier zu verabschieden.