Schüler streiken für mehr Corona-Schutz
Zu enge Klassenzimmer, zu große Ansteckungsgefahr – Kritik an der Schulpolitik gibt es nicht nur von der Gewerkschaftsseite. Am Dienstag wird am Berufskolleg Platz der Republik protestiert. Denn auch in Schulen und Kitas häufen sich Infektionsfälle.
MÖNCHENGLADBACH Am Berufskolleg Platz der Republik wurden bereits am Freitag die ersten Flyer verteilt. Schülerinnen und Schüler machen mobil: Sie wollen nicht mehr in Klassenräumen sitzen, in denen die Abstandsregeln nicht eingehalten werden können. Sie kritisieren, dass sie im Unterricht trotz Winterjacken frieren müssen, weil alle 20 Minuten gelüftet werden muss. Sie verstehen nicht, warum die strengen Kontaktbegrenzungen überall gelten, nur in Schulen nicht. Kurzum: Sie fordern, das Prinzip der Verantwortung auch in den Schulen umzusetzen.
Deshalb wird an dem Berufskolleg am Dienstag (24. November) gestreikt. Von 7.45 bis 12 Uhr kann jeder mitmachen, der sich den Forderungen der Schüler anschließt. „Unsere Kritik richtet sich nicht gegen die Schule“, versichert Schülersprecherin Shelly Skropke. „Sie richtet sich gegen die Politik.“
Auch die GEW Mönchengladbach fordert eine Halbierung der Schulklassen angesichts der gestiegenen Infektionszahlen. „Wir wollen keine Panik verbreiten, aber wir wissen, dass es in Schulen und Kindergärten Corona-Fälle gibt und gab“, sagt Ruth Reinartz, Vorsitzende der GEW in Mönchengladbach. Der Anstieg der Erkrankungen bei Erzieherinnen, Lehrkräften und anderem pädagogischen Personal mache deutlich, dass Kitas und Schulen einen Regelbetrieb nicht mehr sicherstellen können. Reinartz: „Auch in Mönchengladbach gibt es Menschen, die an Covid-19 gestorben sind, auch in Mönchengladbach hat es eine Lehrkraft getroffen.“
Die GEW verweist auf die Empfehlungen des Robert-Koch-Instituts vom 20. Oktober. Dieses rät zur Sicherstellung des Unterrichtsbetriebes an Schulen vor allem zu geteilten
Klassen und zum Wechsel von Präsenzund Distanzunterricht ab einer Inzidenzzahl von 50. „Die 50 haben wir in Mönchengladbach ja längst mehr als verdreifacht“, so Reinartz.
Es passt nach Ansicht der GEW einfach nicht zusammen, dass sogar im privaten Bereich Kontakte auf ein Minimum reduziert werden, Behörden und Unternehmen auf Homeoffice umstellen, Restaurants, Kultureinrichtungen und Schwimmbädern trotz „hervorragender Schutzmöglichkeiten“geschlossen werden, aber Kitas und Schulen mit großen Gruppen von 25 bis 35 Personen weiter unverändert weiterarbeiten sollen. Aufgrund des Anstiegs von Erkrankungen und Quarantäne-Fällen bei den Beschäftigten in Schulen und Kitas spitze sich die Situation derzeit mancherorts zu, zumal die Ausfälle nicht mehr vom restlichen Personal aufgefangen werden könnten.
Um sich ein genaues Bild von der Infektions- und Quarantäne-Lage in Schulen und Kitas zu machen, hatte die GEW das Jugend- und das Schuldezernat im Rathaus angeschrieben. „Wir wollten eine Auflistung der Fallzahlen. Aber wir haben keine Antwort erhalten, deshalb haben wir einen Brandbrief an den Oberbürgermeister geschickt“, sagt die GEW-Vorsitzende. Sie und ihre Kollegen fordern mehr Transparenz. Das vereinfache eine Risikoeinschätzung. Immerhin habe der neue OB Felix Heinrichs eine Antwort versprochen.
Aus dem Jugenddezernat wurde mittlerweile bekannt gegeben, dass sieben der rund 160 Kitas im Stadtgebiet wegen einzelner Corona-Fälle komplett geschlossen sind, wobei eine Einrichtung am heutigen Montag wieder öffnen darf. Wegen der offenen Jugendarbeit dort mussten alle Kinder und Mitarbeiter in Quarantäne geschickt werden. In fünf weiteren Einrichtungen wurde jeweils eine Gruppe vorübergehend nach Hause geschickt.
Bei den Schulen gibt es noch keinen kompletten Überblick. Manche Schulen machen die Zahlen transparent und veröffentlichen Fälle auf ihrer Homepage. Daher weiß auch Schülersprecher Shelly Skropke, dass es am Berufskolleg Platz der Republik bislang vier bestätigte Corona-Fälle bei Schülern sowie einen infizierten Lehrer gibt.
Auch Jan Funken, Leiter des Math.-Nat.-Gymnasiums, geht offensiv mit den Zahlen um. Zehn Infektionsfälle habe es bei ihm in den vergangenen Wochen gegeben. Seines Wissens nach habe sich niemand in der Schule angesteckt. Von einer pauschalen Klassenteilung hält er jedoch persönlich nichts, das sollte vielmehr „eine schulscharf bezogene Entscheidung des Gesundheitsamtes vor Ort sein“.
In einem sind sich Schüler, Schulleiter und GEW aber einig: Einen kompletten Lockdown in Schulen wie im Frühjahr will niemand mehr.