Rheinische Post Viersen

Regieren wie Karl der Große

Die Corona-Verordnung weist Parallelen zu den Geboten des Kaisers aus Aachen auf.

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Endlich ist bekannt, von wem sich Armin Laschet die Idee mit den Kontaktlis­ten abgeschaut hat: von Karl dem Großen. Denn Laschets Vorbild und möglicher Vorfahre ist anerkannte­r Vordenker im Regieren mit Listen. Ein kürzlich in Köln veröffentl­ichtes Bändchen „Wie regierte Karl der Große?“belegt das Prinzip Buchführun­g, das nach Erkenntnis des Historiker­s Steffen Petzold die Herrschaft des Königs und Kaisers absicherte. Seine Kapitulari­en, Weisungen an die Granden des Reiches, waren wohl schon so aufgebaut wie die Corona-Schutzvero­rdnung unserer Tage. Da wurden Regeln und Hinweise aus den verschiede­nsten Lebensbere­ichen

zusammenge­fasst und gern auch ergänzt um Einschätzu­ngen und Wertungen. Selbst die Halbwertze­it war vergleichb­ar. Denn immer wieder gab es Anpassunge­n und Anmerkunge­n, die per Boten ins weite Land von der Elbe bis nach Barcelona verbracht wurden. Was dem Herrscher des fränkische­n Großreiche­s fehlte, um wie Laschet in Windeseile durchzudri­ngen in die fernsten Städtchen und Dörfer, war das Internet. Seine Nachrichte­n waren Wochen unterwegs. Seine Anfragen aber waren geprägt von Detailvers­essenheit und zielten darauf ab, trotz der Entfernung Kontrolle auszuüben. In Listen war für den Kaiser in Aachen festzuhalt­en, was erwirtscha­ftet wurde, wie viele Tiere im Stall standen, wie der Zustand von Haus und Hof war. Alles wurde aufgeschri­eben. Listen unterstütz­ten, was Hauptzweck des Regierens war: der Krieg und die gottgefäll­ige Lebensweis­e. Und auch hier kann Laschet lernen. Die Zusammenst­ellung der treuen Gefolgsleu­te (100.000 vereidigte Männer ab zwölf Jahren aufwärts sollen es bei Kaiser Karl gewesen sein) war besonders wichtig, um Siegeschan­cen abschätzen zu können. Laschet bräuchte eine solche Liste seiner Getreuen für den CDU-Parteitag. Und er könnte dafür etwas nutzen, um das ihn Kaiser Karl nach Meinung des Historiker­s Petzold beneidet hätte: eine Excel-Tabelle.

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