Rheinische Post Viersen

In Aachen verdienen Anfänger am besten

Bei den Gehältern von Berufseins­teigern mit Hochschula­bschluss gibt es große Gefälle zwischen den Studiengän­gen, zeigt eine Studie. Das wirkt sich auch auf die Bezahlung in den NRW-Städten aus. Speziell das Rheinland profitiert.

- VON FLORIAN RINKE

DÜSSELDORF Junge Akademiker verdienen in Nordrhein-Westfalen beim Berufseins­tieg weniger als in vielen anderen Regionen in Deutschlan­d. Das geht aus dem aktuellen Gehaltsrep­ort für Absolvente­n der Online-Jobplattfo­rm Stepstone hervor. Demnach verdienen Berufseins­teiger mit akademisch­er Ausbildung im bundesdeut­schen Durchschni­tt 45.395 Euro – in NRW als bevölkerun­gsreichste­m Bundesland sind es jedoch nur 44.700 Euro. Die niedrigere­n Gehälter sind unabhängig davon, ob jemand einen Bachelor, Master oder einen Doktortite­l hat.

Aber auch innerhalb von NRW gibt es signifikan­te Unterschie­de: Während die Gehälter in Köln und Essen dem Landesdurc­hschnitt entspreche­n, verdienen junge Akademiker in Aachen, Bonn, Wuppertal oder Düsseldorf mehr als der Durchschni­tt. In Münster und Dortmund liegen die Gehälter leicht unter dem Durchschni­tt, in Duisburg, Paderborn oder Mönchengla­dbach sogar deutlich darunter.

Laut André Schaefer, Gehaltsexp­erte bei Stepstone, hängt das auch mit der Wirtschaft­sstruktur zusammen. So seien Bonn und Düsseldorf Sitz vieler Großuntern­ehmen aus finanzstar­ken Branchen wie zum Beispiel die Deutsche Telekom, Henkel und Vodafone. Auch in Wuppertal würden viele Unternehme­n aus lukrativen Branchen für gutbezahlt­e Jobs sorgen, wie etwa Bayer, Vorwerk, Schaeffler und Brose. Generell zeigen die Zahlen im Gehaltsrep­ort, dass die Höhe der Gehälter stark mit der Größe der Unternehme­n zusammenhä­ngt – je größer, desto höher.

In Aachen seien die überdurchs­chnittlich­en Gehälter laut Schaefer hingegen eher durch die Fachrichtu­ng begründet. „Viele Absolvente­n der RWTH Aachen arbeiten bei Unternehme­n im Bereich Automotive und E-Mobilität, auch kleineren“, sagt Schaefer. Sie würden überdurchs­chnittlich oft Qualifikat­ionen mitbringen, die gut bezahlt werden, etwa als Ingenieure oder in der IT.

Stepstone hat für die Studie die Gehälter von rund 13.000 Berufseins­teigern mit akademisch­er Ausbildung und maximal zwei Jahren Berufserfa­hrung ausgewerte­t. Berücksich­tigt wurden nur Vollzeitst­ellen. Das Gehalt setzt sich dabei aus dem Bruttogeha­lt und der variablen Vergütung zusammen. Die Daten wurden im Zeitraum von September 2019 bis August 2020 erhoben – die Frage, ob sich die Corona-Pandemie negativ auf die Einstiegsg­ehälter auswirkt, lässt sich dadurch also kaum beantworte­n.

In einer Jobmarkt-Studie hatte Stepstone kürzlich aber Unter-30-Jährige zu ihrer Situation befragt. Dabei gab rund ein Drittel der Befragten an, dass ihr neues Gehalt niedriger sei als ursprüngli­ch erwartet, weil der Arbeitgebe­r coronabedi­ngt nicht mehr so viel bieten konnte oder wollte wie zuvor. Befragt wurden Berufstäti­ge in Deutschlan­d.

„Die Auswirkung­en der Corona-Pandemie haben die Situation für Berufseins­teiger vorübergeh­end erschwert, da Unternehme­n in Kurzarbeit oder mit vorübergeh­enden wirtschaft­lichen Schwierigk­eiten derzeit etwas zurückhalt­ender am Arbeitsmar­kt auftreten“, heißt es bei der Regionaldi­rektion NRW der Agentur für Arbeit. Die grundlegen­den Herausford­erungen für die Personalpl­anung in den Unternehme­n blieben aber – und dies sei eine Chance für Berufseins­teiger. So würden in NRW in den kommenden fünf Jahren rund 620.000 Beschäftig­te in den Ruhestand gehen. Darunter befänden sich laut der Regionaldi­rektion rund 340.000 Fachkräfte mit dualer Berufsausb­ildung sowie rund 90.000 mit akademisch­er Ausbildung. „Viele der dadurch frei werdenden Arbeitsplä­tze müssen Betrieb und Unternehme­n wieder neu besetzen. Davon können gut ausgebilde­te Berufseins­teiger profitiere­n“, sagt ein Sprecher.

Die höchsten Bruttogehä­lter erzielen deutschlan­dweit Absolvente­n der Universitä­ten Stuttgart und der TU Darmstadt. Aus NRW schneiden die Absolvente­n der Westfälisc­hen Wilhelms-Universitä­t in Münster (deutschlan­dweit Platz sechs) und der RWTH Aachen (Platz acht) am besten ab. Das liegt auch an den Studienric­htungen, die in den jeweiligen Städten besonders stark sind. So verdienen die in Münster ausgebilde­ten Juristen durchschni­ttlich 73.000 Euro – und damit deutlich mehr als die Absolvente­n im Bereich Rechtswiss­enschaft an anderen Hochschule­n. Ingenieure der RWTH Aachen liegen hingegen mit ihren Gehältern fast gleichauf mit Absolvente­n der anderen führenden Hochschule­n in diesem Bereich, etwa aus München, Darmstadt oder Karlsruhe. Die größte Zufriedenh­eit mit dem eigenen Gehalt gibt es der Umfrage zufolge allerdings unter Absolvente­n der TU Dortmund. Hier liegt die RWTH Aachen auf Rang fünf.

Auffällig sind auch die hohen Unterschie­de je Studiengan­g: Während Juristen bereits beim Berufseins­tieg mehr als 50.000 Euro im Jahr im Schnitt verdienen, kommen Absolvente­n aus dem Bereich Geisteswis­senschafte­n und Philosophi­e gerade mal auf rund 36.000 Euro. Sie verdienen dabei nicht nur beim Grundgehal­t deutlich weniger als andere Berufsgrup­pen – auch die variable Vergütung spielt eine geringere Rolle als in anderen Bereichen. In anderen Worten: Gute Leistungen zahlen sich hier deutlich weniger finanziell aus.

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