In Aachen verdienen Anfänger am besten
Bei den Gehältern von Berufseinsteigern mit Hochschulabschluss gibt es große Gefälle zwischen den Studiengängen, zeigt eine Studie. Das wirkt sich auch auf die Bezahlung in den NRW-Städten aus. Speziell das Rheinland profitiert.
DÜSSELDORF Junge Akademiker verdienen in Nordrhein-Westfalen beim Berufseinstieg weniger als in vielen anderen Regionen in Deutschland. Das geht aus dem aktuellen Gehaltsreport für Absolventen der Online-Jobplattform Stepstone hervor. Demnach verdienen Berufseinsteiger mit akademischer Ausbildung im bundesdeutschen Durchschnitt 45.395 Euro – in NRW als bevölkerungsreichstem Bundesland sind es jedoch nur 44.700 Euro. Die niedrigeren Gehälter sind unabhängig davon, ob jemand einen Bachelor, Master oder einen Doktortitel hat.
Aber auch innerhalb von NRW gibt es signifikante Unterschiede: Während die Gehälter in Köln und Essen dem Landesdurchschnitt entsprechen, verdienen junge Akademiker in Aachen, Bonn, Wuppertal oder Düsseldorf mehr als der Durchschnitt. In Münster und Dortmund liegen die Gehälter leicht unter dem Durchschnitt, in Duisburg, Paderborn oder Mönchengladbach sogar deutlich darunter.
Laut André Schaefer, Gehaltsexperte bei Stepstone, hängt das auch mit der Wirtschaftsstruktur zusammen. So seien Bonn und Düsseldorf Sitz vieler Großunternehmen aus finanzstarken Branchen wie zum Beispiel die Deutsche Telekom, Henkel und Vodafone. Auch in Wuppertal würden viele Unternehmen aus lukrativen Branchen für gutbezahlte Jobs sorgen, wie etwa Bayer, Vorwerk, Schaeffler und Brose. Generell zeigen die Zahlen im Gehaltsreport, dass die Höhe der Gehälter stark mit der Größe der Unternehmen zusammenhängt – je größer, desto höher.
In Aachen seien die überdurchschnittlichen Gehälter laut Schaefer hingegen eher durch die Fachrichtung begründet. „Viele Absolventen der RWTH Aachen arbeiten bei Unternehmen im Bereich Automotive und E-Mobilität, auch kleineren“, sagt Schaefer. Sie würden überdurchschnittlich oft Qualifikationen mitbringen, die gut bezahlt werden, etwa als Ingenieure oder in der IT.
Stepstone hat für die Studie die Gehälter von rund 13.000 Berufseinsteigern mit akademischer Ausbildung und maximal zwei Jahren Berufserfahrung ausgewertet. Berücksichtigt wurden nur Vollzeitstellen. Das Gehalt setzt sich dabei aus dem Bruttogehalt und der variablen Vergütung zusammen. Die Daten wurden im Zeitraum von September 2019 bis August 2020 erhoben – die Frage, ob sich die Corona-Pandemie negativ auf die Einstiegsgehälter auswirkt, lässt sich dadurch also kaum beantworten.
In einer Jobmarkt-Studie hatte Stepstone kürzlich aber Unter-30-Jährige zu ihrer Situation befragt. Dabei gab rund ein Drittel der Befragten an, dass ihr neues Gehalt niedriger sei als ursprünglich erwartet, weil der Arbeitgeber coronabedingt nicht mehr so viel bieten konnte oder wollte wie zuvor. Befragt wurden Berufstätige in Deutschland.
„Die Auswirkungen der Corona-Pandemie haben die Situation für Berufseinsteiger vorübergehend erschwert, da Unternehmen in Kurzarbeit oder mit vorübergehenden wirtschaftlichen Schwierigkeiten derzeit etwas zurückhaltender am Arbeitsmarkt auftreten“, heißt es bei der Regionaldirektion NRW der Agentur für Arbeit. Die grundlegenden Herausforderungen für die Personalplanung in den Unternehmen blieben aber – und dies sei eine Chance für Berufseinsteiger. So würden in NRW in den kommenden fünf Jahren rund 620.000 Beschäftigte in den Ruhestand gehen. Darunter befänden sich laut der Regionaldirektion rund 340.000 Fachkräfte mit dualer Berufsausbildung sowie rund 90.000 mit akademischer Ausbildung. „Viele der dadurch frei werdenden Arbeitsplätze müssen Betrieb und Unternehmen wieder neu besetzen. Davon können gut ausgebildete Berufseinsteiger profitieren“, sagt ein Sprecher.
Die höchsten Bruttogehälter erzielen deutschlandweit Absolventen der Universitäten Stuttgart und der TU Darmstadt. Aus NRW schneiden die Absolventen der Westfälischen Wilhelms-Universität in Münster (deutschlandweit Platz sechs) und der RWTH Aachen (Platz acht) am besten ab. Das liegt auch an den Studienrichtungen, die in den jeweiligen Städten besonders stark sind. So verdienen die in Münster ausgebildeten Juristen durchschnittlich 73.000 Euro – und damit deutlich mehr als die Absolventen im Bereich Rechtswissenschaft an anderen Hochschulen. Ingenieure der RWTH Aachen liegen hingegen mit ihren Gehältern fast gleichauf mit Absolventen der anderen führenden Hochschulen in diesem Bereich, etwa aus München, Darmstadt oder Karlsruhe. Die größte Zufriedenheit mit dem eigenen Gehalt gibt es der Umfrage zufolge allerdings unter Absolventen der TU Dortmund. Hier liegt die RWTH Aachen auf Rang fünf.
Auffällig sind auch die hohen Unterschiede je Studiengang: Während Juristen bereits beim Berufseinstieg mehr als 50.000 Euro im Jahr im Schnitt verdienen, kommen Absolventen aus dem Bereich Geisteswissenschaften und Philosophie gerade mal auf rund 36.000 Euro. Sie verdienen dabei nicht nur beim Grundgehalt deutlich weniger als andere Berufsgruppen – auch die variable Vergütung spielt eine geringere Rolle als in anderen Bereichen. In anderen Worten: Gute Leistungen zahlen sich hier deutlich weniger finanziell aus.