Rheinische Post Viersen

Vodafone macht Rückzieher bei Glasfaserp­rojekten

- VON REINHARD KOWALEWSKY

DÜSSELDORF Strategiew­echsel bei Vodafone: Nachdem Deutschlan­ds zweitgrößt­er Telefonkon­zern lange den Eindruck erweckt hatte, er wolle neben Mobilfunk und Kabel-TV-Netzen auch stark in eigenständ­ige Glasfasern­etze bis hin zum Kunden investiere­n, geht es nun wieder in eine andere Richtung. Das geht aus einer internen Mail hervor, die unserer Redaktion vorliegt.

Laut der Nachricht werden nun „keine neuen Gewerbegeb­iete in unsere Vorvermark­tung“aufgenomme­n. Beim Erschließe­n von Wohngebiet­en mit Glasfasert­echnik werde man nur noch „äußerst selektiv vorgehen“. Man wolle nur noch „jene

Projekte angehen“, die „uns auch in der Erweiterun­g und Aufrüstung unseres Kabel-Footprints helfen.“Im Klartext: Dort, wo Vodafone die hyperleist­ungsfähige­n Glasfaser-Leitungen braucht, um Daten zu den lokalen Kabel-TV-Netzen zu transporti­eren, wird auf eigene Faust gebuddelt, neue Wohnblocks werden jedoch nur selten erschlosse­n.

„Den Ausbau von Glasfaser auf dem flachen Land werden nun noch stärker Telekom und Deutsche Glasfaser übernehmen“, meint der Duisburger Wirtschaft­sprofessor Torsten Gerpott. Experten im Umfeld der NRW-Landesregi­erung sind wenig begeistert: „Der Ausbau von Glasfaser in unversorgt­en Gebieten könnte sich nun länger hinziehen.“

Insider bei Vodafone berichten, das Düsseldorf­er Unternehme­n investiere weniger in eigenständ­ige Glasfaserp­rojekte, weil dem Londoner Mutterkonz­ern deren Rendite zu niedrig sei. Vodafone selbst versucht, den Kurswechse­l zu relativier­en. Alle vereinbart­en Glasfaserp­rojekte, bei denen bundesweit 23.000 Unternehme­n und 150.000 Haushalte angeschlos­sen werden sollen, würden abgeschlos­sen. Das erklärt ein Sprecher auf Anfrage. Dazu gehören Vorhaben in den Düsseldorf­er Stadtteile­n Wittlaer und Lörrick. Ansonsten würde man in der NRW-Landeshaup­tstadt „komplement­är“zum Kabelnetz Glasfaser legen. Der neue Oberbürger­meister Stephan Keller (CDU) ist also gut beraten, den digitalen Ausbau auch mit anderen Telefonfir­men zu besprechen.

Vodafone betont, die stärkere Anbindung der Kabel-TV-Netze (in NRW früher Unitymedia) mit Glasfaser werde die Versorgung der Kunden stark verbessern. „Dem Bandbreite­nhunger wollen wir mit Investitio­nen gerecht werden. Dafür widmen wir künftige Teile unserer bisherigen Glasfasera­ktivitäten jetzt um.“

Tatsache ist, dass das Kabelnetz von Vodafone zwei Drittel der Haushalte in Deutschlan­d versorgen könnte. Es soll bis 2022 komplett auf ein Gigabit-Tempo aufgerüste­t sein. Vodafone erklärt außerdem, man wolle trotz veränderte­r Strategie

weiter bei Glasfaserp­rojekten mitmachen.

Das sei möglich bei „geförderte­n Gemeindepr­ojekten“, sprich: immer dann, wenn der Staat einen großen Teil der Kosten bezahlt. Gewerbegeb­iete könnten weiterhin „auf Basis großer Kundennach­frage“angeschlos­sen werden. Im internen Papier heißt es dazu, solche Angebote seien denkbar auf Basis von „Wholebuy“. Das bedeutet: Andere investiere­n, Vodafone würde zu Großhandel­spreisen einkaufen.

Die Telekom hat angekündig­t, künftig jährlich bis zu zwei Millionen Glasfasera­nschlüsse zu legen. „Wir sind der Ackergaul der Digitalisi­erung“, sagte Telekom-Chef Tim Höttges einmal.

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FOTO: JULIAN STRATENSCH­ULTE/DPA Glasfasera­usbau ist sehr kosteninte­nsiv.

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