Vodafone macht Rückzieher bei Glasfaserprojekten
DÜSSELDORF Strategiewechsel bei Vodafone: Nachdem Deutschlands zweitgrößter Telefonkonzern lange den Eindruck erweckt hatte, er wolle neben Mobilfunk und Kabel-TV-Netzen auch stark in eigenständige Glasfasernetze bis hin zum Kunden investieren, geht es nun wieder in eine andere Richtung. Das geht aus einer internen Mail hervor, die unserer Redaktion vorliegt.
Laut der Nachricht werden nun „keine neuen Gewerbegebiete in unsere Vorvermarktung“aufgenommen. Beim Erschließen von Wohngebieten mit Glasfasertechnik werde man nur noch „äußerst selektiv vorgehen“. Man wolle nur noch „jene
Projekte angehen“, die „uns auch in der Erweiterung und Aufrüstung unseres Kabel-Footprints helfen.“Im Klartext: Dort, wo Vodafone die hyperleistungsfähigen Glasfaser-Leitungen braucht, um Daten zu den lokalen Kabel-TV-Netzen zu transportieren, wird auf eigene Faust gebuddelt, neue Wohnblocks werden jedoch nur selten erschlossen.
„Den Ausbau von Glasfaser auf dem flachen Land werden nun noch stärker Telekom und Deutsche Glasfaser übernehmen“, meint der Duisburger Wirtschaftsprofessor Torsten Gerpott. Experten im Umfeld der NRW-Landesregierung sind wenig begeistert: „Der Ausbau von Glasfaser in unversorgten Gebieten könnte sich nun länger hinziehen.“
Insider bei Vodafone berichten, das Düsseldorfer Unternehmen investiere weniger in eigenständige Glasfaserprojekte, weil dem Londoner Mutterkonzern deren Rendite zu niedrig sei. Vodafone selbst versucht, den Kurswechsel zu relativieren. Alle vereinbarten Glasfaserprojekte, bei denen bundesweit 23.000 Unternehmen und 150.000 Haushalte angeschlossen werden sollen, würden abgeschlossen. Das erklärt ein Sprecher auf Anfrage. Dazu gehören Vorhaben in den Düsseldorfer Stadtteilen Wittlaer und Lörrick. Ansonsten würde man in der NRW-Landeshauptstadt „komplementär“zum Kabelnetz Glasfaser legen. Der neue Oberbürgermeister Stephan Keller (CDU) ist also gut beraten, den digitalen Ausbau auch mit anderen Telefonfirmen zu besprechen.
Vodafone betont, die stärkere Anbindung der Kabel-TV-Netze (in NRW früher Unitymedia) mit Glasfaser werde die Versorgung der Kunden stark verbessern. „Dem Bandbreitenhunger wollen wir mit Investitionen gerecht werden. Dafür widmen wir künftige Teile unserer bisherigen Glasfaseraktivitäten jetzt um.“
Tatsache ist, dass das Kabelnetz von Vodafone zwei Drittel der Haushalte in Deutschland versorgen könnte. Es soll bis 2022 komplett auf ein Gigabit-Tempo aufgerüstet sein. Vodafone erklärt außerdem, man wolle trotz veränderter Strategie
weiter bei Glasfaserprojekten mitmachen.
Das sei möglich bei „geförderten Gemeindeprojekten“, sprich: immer dann, wenn der Staat einen großen Teil der Kosten bezahlt. Gewerbegebiete könnten weiterhin „auf Basis großer Kundennachfrage“angeschlossen werden. Im internen Papier heißt es dazu, solche Angebote seien denkbar auf Basis von „Wholebuy“. Das bedeutet: Andere investieren, Vodafone würde zu Großhandelspreisen einkaufen.
Die Telekom hat angekündigt, künftig jährlich bis zu zwei Millionen Glasfaseranschlüsse zu legen. „Wir sind der Ackergaul der Digitalisierung“, sagte Telekom-Chef Tim Höttges einmal.