Rheinische Post Viersen

Ein digitales Durcheinan­der

Der Online-Aufritt der Art Cologne ist improvisie­rt und hilft dem Kunstmarkt wenig.

- VON ANNETTE BOSETTI

KÖLN Ein Markenzeic­hen in Großbuchst­aben. Klick links oben: Der diesjährig­e Art-Cologne-Preisträge­r und Sammler Wilhelm Schürmann erteilt Selbstausk­unft im Video. Weiter unten: Mönchengla­dbachs kühne Museumsche­fin Susanne Titz im Interview – der diesjährig­e Empfang zu Art Cologne ist anders. Keine Zusammenku­nft. Nicht inspiriere­nd. Sondern ein Klick: didaktisch, dröge. Ein digitales Durcheinan­der.

Die Art Cologne wurde zum zweiten Mal im selben Jahr abgesagt, für 2021 erneut verschoben auf den Herbst. Jetzt läuft sie bis 29. November nur im Netz. Ein fader Aufguss für sehr viele Menschen im Kunstbetri­eb: Künstler, Sammler, Galeristen, Museumsleu­te, Sachverstä­ndige, Schaulusti­ge, Schnäppche­njäger.

Der sonst so quirlige, internatio­nale Marktplatz mit ausschweif­enden Empfängen, sachkundig­en Talks und frisch gezapftem Kölsch beim „Hasen“ist jetzt zweidimens­ional im heimischen PC gefangen, auf dem Smartphone oder Tablet.

Wer sich auf die Reise ins Netz begibt, wird eine eher unübersich­tliche Tour d’Horizon erleben.

Ob es genügend Kaufanreiz­e gibt, darf bezweifelt werden. Der virtuelle Aufschlag wird der im Rheinland dominieren­den Klientel der Privatsamm­ler nicht zusagen. So werden sich Verkäufe minimieren, wenngleich schon rote Punkte kleben, die den Verkauf bezeugen.

Das Erlebnis fehlt. Man kann nicht von Stand zu Stand flanieren, vertraute Galerien ansteuern, fachsimpel­n, verrückte Leute sehen, Promi-Klatsch und Einschätzu­ngen austausche­n, Neuentdeck­ungen oder Schätze auftun. Im Netz muss man sich systematis­ch bewegen, um zum Ziel zu gelangen – das sollte man vor Augen haben.

Der vom Online-Spezialist­en Artsy flankierte Auftritt macht es möglich, ein Kunstwerk maßstabsge­treu an einer Wand platziert zu sehen. Immerhin.

Die Kataloge stehen online, einige Galerien haben Online-Räume gestaltet, darunter aus Düsseldorf vorbildlic­h die Kö-Galerie Setareh oder Achenbach Hagemeier, aus München die Galerie Thomas. Andere leiten um zu ihren Onlineauft­ritten oder bieten nur Bilder an wie Sprüth Magers Berlin mit den Fotohelden Andreas Gursky und Thomas Ruff. Zuletzt berichtete das Branchenon­lineportal Artnet über einen massiven, internatio­nalen Preisverfa­ll der Riesenform­ate Gurskys. Insofern wären gerade die aktuellen Preise bei Sprüth Magers von Interesse. Die Galeristin­nen favorisier­en den Modus „auf Anfrage“, während andere Kollegen die Bilder etikettier­en.

Besser als gar nichts sind die Bemühungen der Messe, online zu gehen, auf jeden Fall. Aber es ist schmerzhaf­t für das ganze Rheinland und für Köln, wie der Direktor des Museums Ludwig, Yilmaz Dziewar, beklagte.

Es fehlt der Austausch, das Flanieren, die Suche nach Schätzen

www.artcologne.de

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