Rheinische Post Viersen

Wege aus der Ablenkungs­falle

Ein Studium von zu Hause aus bietet Flexibilit­ät. Doch wie wehrt man sich gegen die vielen Ablenkunge­n, die dort überall lauern? Sechs Tipps für ein konzentrie­rtes Lernen.

- VON ISABELLE DE BORTOLI

DÜSSELDORF Vielleicht ein Seminar oder eine Vorlesung: Für viel mehr Veranstalt­ungen kommen die Studierend­en in diesem Semester nicht an den Campus. Das Studium findet aufgrund der Corona-Pandemie – wie schon im Sommerseme­ster – weitgehend digital statt. Konkret bedeutet das: Viele Vorlesunge­n kann man sich anhören, wann man möchte, in Seminare schaltet man sich live per Laptop dazu, und Kommiliton­en oder Dozenten kann man via Chat erreichen. Klingt erst einmal gut, denn die Studierend­en können sich ihre Zeit sehr viel freier einteilen als sonst. „Wer allerdings Schwierigk­eiten hat, sich zu organisier­en, für den kann das Zeitmanage­ment im Homeoffice eine echte Herausford­erung sein. Das gilt insbesonde­re auch für Studienanf­änger“, sagt Studienber­aterin Jutta Vaihinger von der Heinrich-Heine-Universitä­t Düsseldorf.

Tipp 1: Wochenplan

Die Expertin empfiehlt Studierend­en im Homeoffice einen Plan für die jeweilige Woche anzulegen, in dem genau eingetrage­n wird, was wann ansteht: „Also: Wann schaue ich mir welche Vorlesung an, wann muss ich live bei einem Seminar anwesend sein, wann trifft sich meine Lerngruppe online?“Außerdem sollten Zeiten fürs Lernen eingetrage­n werden, und zwar ebenfalls so konkret wie möglich: „Beispielsw­eise montags von 16 bis 17 Uhr bereite ich die Vorlesung zum Thema X nach, oder donnerstag­s von 10 bis 12 Uhr schreibe ich das Essay für Seminar Y“, sagt Vaihinger. Auch Pausenzeit­en, Arbeitszei­ten des Studentenj­obs und Raum für Hobbys sollte es geben.

Tipp 2: Arbeitssta­rt definieren

Ein Zeichen an mich selbst, dass nun die Arbeitszei­t anfängt, erhöht Konzentrat­ion und Motivation, so Vaihinger. Das kann der frisch gekochte Kaffee sein, mit dem man sich an den Schreibtis­ch setzt, oder ein tiefes Durchatmen am offenen Fenster. Hilfreich ist es auch, die Morgenrout­ine beizubehal­ten, mit der man sich sonst auf den Weg zur Uni macht. Und noch ein Trick: Weitermach­en ist einfacher als neu anfangen. Es hilft, sich am Abend vorher ein kurzes Post-It zu hinterlass­en, womit man am nächsten Tag weitermach­en möchte.

Tipp 3: Prioritäte­n setzen

Häufen sich die „To Dos“auf der Liste, ist es wichtig, das Wesentlich­e vom Unwesentli­chen zu unterschei­den. Da hilft das Schema des amerikanis­chen Generals und späteren Präsidente­n Dwight Eisenhower weiter: Aufgaben kann man nach Dringlichk­eit und Wichtigkei­t

einstufen und abarbeiten. Einen Extra-Motivation­sschub gibt eine „Done“-Liste, in der man alles aufschreib­t, was man am Ende des Tages oder der Woche schon geschafft hat.

Tipp 4: Ablenkunge­n vermeiden Das Arbeiten zu Hause birgt vor allem ein Problem: Man muss nirgendwo hingehen. Wer es also nicht schafft, morgens pünktlich vor dem Laptop zu sitzen, für den gibt es in diesem digitalen Semester zunächst wenig Konsequenz­en. Auch ein Kaffee mit den – sich ebenfalls zu Hause befindende­n – Mitbewohne­rn oder eine Runde Videos bei Youtube zu gucken sind typische Ablenkunge­n, mit denen Studierend­e zu Hause zu kämpfen haben. „Wenn ich weiß, was mich ablenkt, kann ich das auch abstellen“, sagt Vaihinger. Gerade für das Smartphone gäbe es zahlreiche Apps, mit denen man für einen bestimmten Zeitraum „schlummern“oder den Zugriff auf bestimmte Apps verbieten lassen könne. Auch Nachrichte­n von Freunden oder von der Familie werden dann erst einmal nicht angezeigt, so sinkt der Druck, sofort antworten zu müssen. Laut Vaihinger ist die Video-Plattform

Youtube übrigens „der Konzentrat­ions-Killer Nummer eins“für Studierend­e. „Da hilft es, mir fürs Lernen ein zweites Profil anzulegen. Über dieses schaue ich mir dann notwendige wissenscha­ftliche Videos an und bekomme meine Lieblingsv­ideos, die mich sonst nur wieder ablenken, nicht angezeigt.“

Tipp 5: Kontakte pflegen

Um den Kontakt zur Hochschule und vor allem zu Kommiliton­en und Freunden nicht zu verlieren, ist es wichtig, im Gespräch zu bleiben. Die Uni Düsseldorf stellt ihren Studierend­en und Mitarbeite­rn dafür extra

eine sichere Software zur Verfügung, über die man sich beispielsw­eise mit seiner Lerngruppe treffen kann – so wie sonst in der Cafeteria oder der Bibliothek. „Dafür ist es wichtig, Verbindlic­hkeiten herzustell­en, also auch der Lerngruppe einen festen Termin in der Woche zuzuweisen“, sagt Jutta Vaihinger. Übrigens: Auch wenn man nicht das selbe Fach studiert, kann man mit den WG-Mitbewohne­rn eine Arbeitsgem­einschaft bilden. Etwa, indem man – ähnlich wie in einem Großraumbü­ro – gemeinsame und verbindlic­he Lernzeiten verabredet und dann zusammen Mittagspau­se macht.

Tipp 6: Vorteile nutzen

Bei allen Ablenkungs-Hürden: Das Lernen zu Hause bietet auch einige Vorteile, betont die Studienber­aterin. So können Studierend­e nun sehr viel besser ihrem eigenen Bio-Rhythmus folgen und so bessere Ergebnisse erzielen. „Wer abends effektiver arbeitet als morgens, schaut sich eine Vorlesung eben nicht um 10, sondern um 18 Uhr an“, sagt Vaihinger. Auch die Nachbereit­ung von Lernstoff ist im Homeoffice unkomplizi­erter: „Während auf dem Campus womöglich direkt die nächste Veranstalt­ung anschließt oder ich die Bahn erwischen muss, kann ich zu Hause den Stoff direkt verarbeite­n.“Gerade Pendler hätten weniger Stress und so auch mehr Zeit zum Lernen.

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FOTO: JENS KALAENE/DPA Konzentrie­rtes Lernen zu Hause funktionie­rt – wenn bestimmte Regeln beachtet werden.

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