Wege aus der Ablenkungsfalle
Ein Studium von zu Hause aus bietet Flexibilität. Doch wie wehrt man sich gegen die vielen Ablenkungen, die dort überall lauern? Sechs Tipps für ein konzentriertes Lernen.
DÜSSELDORF Vielleicht ein Seminar oder eine Vorlesung: Für viel mehr Veranstaltungen kommen die Studierenden in diesem Semester nicht an den Campus. Das Studium findet aufgrund der Corona-Pandemie – wie schon im Sommersemester – weitgehend digital statt. Konkret bedeutet das: Viele Vorlesungen kann man sich anhören, wann man möchte, in Seminare schaltet man sich live per Laptop dazu, und Kommilitonen oder Dozenten kann man via Chat erreichen. Klingt erst einmal gut, denn die Studierenden können sich ihre Zeit sehr viel freier einteilen als sonst. „Wer allerdings Schwierigkeiten hat, sich zu organisieren, für den kann das Zeitmanagement im Homeoffice eine echte Herausforderung sein. Das gilt insbesondere auch für Studienanfänger“, sagt Studienberaterin Jutta Vaihinger von der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf.
Tipp 1: Wochenplan
Die Expertin empfiehlt Studierenden im Homeoffice einen Plan für die jeweilige Woche anzulegen, in dem genau eingetragen wird, was wann ansteht: „Also: Wann schaue ich mir welche Vorlesung an, wann muss ich live bei einem Seminar anwesend sein, wann trifft sich meine Lerngruppe online?“Außerdem sollten Zeiten fürs Lernen eingetragen werden, und zwar ebenfalls so konkret wie möglich: „Beispielsweise montags von 16 bis 17 Uhr bereite ich die Vorlesung zum Thema X nach, oder donnerstags von 10 bis 12 Uhr schreibe ich das Essay für Seminar Y“, sagt Vaihinger. Auch Pausenzeiten, Arbeitszeiten des Studentenjobs und Raum für Hobbys sollte es geben.
Tipp 2: Arbeitsstart definieren
Ein Zeichen an mich selbst, dass nun die Arbeitszeit anfängt, erhöht Konzentration und Motivation, so Vaihinger. Das kann der frisch gekochte Kaffee sein, mit dem man sich an den Schreibtisch setzt, oder ein tiefes Durchatmen am offenen Fenster. Hilfreich ist es auch, die Morgenroutine beizubehalten, mit der man sich sonst auf den Weg zur Uni macht. Und noch ein Trick: Weitermachen ist einfacher als neu anfangen. Es hilft, sich am Abend vorher ein kurzes Post-It zu hinterlassen, womit man am nächsten Tag weitermachen möchte.
Tipp 3: Prioritäten setzen
Häufen sich die „To Dos“auf der Liste, ist es wichtig, das Wesentliche vom Unwesentlichen zu unterscheiden. Da hilft das Schema des amerikanischen Generals und späteren Präsidenten Dwight Eisenhower weiter: Aufgaben kann man nach Dringlichkeit und Wichtigkeit
einstufen und abarbeiten. Einen Extra-Motivationsschub gibt eine „Done“-Liste, in der man alles aufschreibt, was man am Ende des Tages oder der Woche schon geschafft hat.
Tipp 4: Ablenkungen vermeiden Das Arbeiten zu Hause birgt vor allem ein Problem: Man muss nirgendwo hingehen. Wer es also nicht schafft, morgens pünktlich vor dem Laptop zu sitzen, für den gibt es in diesem digitalen Semester zunächst wenig Konsequenzen. Auch ein Kaffee mit den – sich ebenfalls zu Hause befindenden – Mitbewohnern oder eine Runde Videos bei Youtube zu gucken sind typische Ablenkungen, mit denen Studierende zu Hause zu kämpfen haben. „Wenn ich weiß, was mich ablenkt, kann ich das auch abstellen“, sagt Vaihinger. Gerade für das Smartphone gäbe es zahlreiche Apps, mit denen man für einen bestimmten Zeitraum „schlummern“oder den Zugriff auf bestimmte Apps verbieten lassen könne. Auch Nachrichten von Freunden oder von der Familie werden dann erst einmal nicht angezeigt, so sinkt der Druck, sofort antworten zu müssen. Laut Vaihinger ist die Video-Plattform
Youtube übrigens „der Konzentrations-Killer Nummer eins“für Studierende. „Da hilft es, mir fürs Lernen ein zweites Profil anzulegen. Über dieses schaue ich mir dann notwendige wissenschaftliche Videos an und bekomme meine Lieblingsvideos, die mich sonst nur wieder ablenken, nicht angezeigt.“
Tipp 5: Kontakte pflegen
Um den Kontakt zur Hochschule und vor allem zu Kommilitonen und Freunden nicht zu verlieren, ist es wichtig, im Gespräch zu bleiben. Die Uni Düsseldorf stellt ihren Studierenden und Mitarbeitern dafür extra
eine sichere Software zur Verfügung, über die man sich beispielsweise mit seiner Lerngruppe treffen kann – so wie sonst in der Cafeteria oder der Bibliothek. „Dafür ist es wichtig, Verbindlichkeiten herzustellen, also auch der Lerngruppe einen festen Termin in der Woche zuzuweisen“, sagt Jutta Vaihinger. Übrigens: Auch wenn man nicht das selbe Fach studiert, kann man mit den WG-Mitbewohnern eine Arbeitsgemeinschaft bilden. Etwa, indem man – ähnlich wie in einem Großraumbüro – gemeinsame und verbindliche Lernzeiten verabredet und dann zusammen Mittagspause macht.
Tipp 6: Vorteile nutzen
Bei allen Ablenkungs-Hürden: Das Lernen zu Hause bietet auch einige Vorteile, betont die Studienberaterin. So können Studierende nun sehr viel besser ihrem eigenen Bio-Rhythmus folgen und so bessere Ergebnisse erzielen. „Wer abends effektiver arbeitet als morgens, schaut sich eine Vorlesung eben nicht um 10, sondern um 18 Uhr an“, sagt Vaihinger. Auch die Nachbereitung von Lernstoff ist im Homeoffice unkomplizierter: „Während auf dem Campus womöglich direkt die nächste Veranstaltung anschließt oder ich die Bahn erwischen muss, kann ich zu Hause den Stoff direkt verarbeiten.“Gerade Pendler hätten weniger Stress und so auch mehr Zeit zum Lernen.