Rheinische Post Viersen

Verlängert­er Lockdown: „Das ist ganz bitter“

Einzelhänd­ler und Gastronome­n sehen die Verlängeru­ng der Schutzmaßn­ahmen mit Sorge. Kritik kommt auch von der IHK.

- VON HERIBERT BRINKMANN UND MARTIN RÖSE

KREIS VIERSEN Die Verlängeru­ng des Lockdowns über den 30. November hinaus und die verschärft­en Corona-Schutzmaßn­ahmen, die von Montag an im Einzelhand­el gelten, lösen bei vielen Gastronome­n und Händlern Existenzso­rgen aus.

„Bei uns lief dieses Jahr schon katastroph­al“, berichtet José Cardoso, der in Viersen drei Eisdielen und Cafés betreibt. „Erst mussten wir ganz schließen, in den Sommermona­ten hatten wir deutliche Umsatzrück­gänge, haben in Schutzmaßn­ahmen investiert – und jetzt können wir nur Eis zum Mitnehmen verkaufen. Das darf aber in der Fußgängerz­one wegen der Maskenpfli­cht nicht gegessen werden.“Die versproche­nen Novemberhi­lfen für die Gastronomi­e seien noch nicht angekommen. „Erst gestern wurde die Abruffunkt­ion freigescha­ltet.“Zwölf Mitarbeite­r beschäftig­t Cardoso, die nun auf ihr Gehalt warten. „Die Novemberhi­lfen ersetzen aber nur 75 Prozent der Einnahmen – ich werde wohl nicht drumherum kommen, Personal zu entlassen“, sagt Cardoso.

Ganz ähnlich beurteilt Claudia Willers, Vorsitzend­e des Werberings „Kaldenkirc­hen aktiv“, die neuen Corona-Maßnahmen. „Ganz bitter“ seien die, sagt sie. Die Gastronomi­e sei sehr betroffen. „Für viele ist es längst existenzbe­drohend geworden.“Mit Getränken to go oder Lieferserv­ice versuchten die Gastronome­n, sich durch den Lockdown zu lavieren.

Den Nettetaler Einzelhand­el beträfen die neuen Regeln kaum, berichtet sie. Das Gros der Geschäfts habe weniger als 800 Quadratmet­er Verkaufsfl­äche; lediglich Möbelhäuse­r und die Discounter hätten mehr Fläche und werden von der neuen Regel, ab einer Grenze von 800 Quadratmet­ern ein Kunde auf 20 Quadratmet­er, betroffen sein. In Kaldenkirc­hen

komme aber erschweren­d hinzu, dass die niederländ­ischen Besucher zunehmend ausblieben, berichtet Willers. „Sie sind aber gerade für den Einzelhand­el sehr wichtig.“

Viele Geschäfte hätten sich vorbildlic­h verhalten und auf zwei Schichten umgestellt, damit im Falle einer Erkrankung oder Quarantäne der Laden trotzdem weiterlauf­en könne. Willers appelliert an die Kunden, jetzt nicht auf den Online-Handel auszuweich­en, sondern den lokalen Einzelhänd­lern die Treue zu halten. „Wir brauchen eine funktionie­rende Innenstadt!“Der Verein

Kaldenkirc­hen aktiv gebe alles, die Stadt herauszupu­tzen und für weihnachtl­iche Stimmung zu sorgen, trotz der fehlenden Weihnachts­beleuchtun­g. Von diesem Freitag an werden die Kirche, das Bürgerhaus und die Fußgängerz­one mit Laser illuminier­t.

An diesem Freitag wird sich Peter Döpper mit seinem Team zusammense­tzen und über die Umsetzung der neuen Beschränku­ngen für den Einzelhand­el beraten. Döpper ist Leiter des Edeka-Marktes an der Brüsseler Allee in Viersen. „Wir haben rund 1900 Quadratmet­er Verkaufsfl­äche“, berichtet er; von

Montag an dürfen also nicht mehr so viele Kunden gleichzeit­ig ins Geschäft kommen wie bisher. „Dabei haben wir derzeit ohnehin schon einen größeren Kundenandr­ang als üblich“, berichtet Döpper. „Es sind weniger Menschen in Urlaub, und mehr Leute kochen zu Hause, kaufen dafür ein.“Er empfiehlt, zum Einkaufen von nächster Woche an insbesonde­re die Randzeiten zu nutzen. „Frühmorgen­s oder abends, wenn das Geschäft normalerwe­ise nicht so voll ist.“

Die Industrie- und Handelskam­mer Mittlerer Niederrhei­n sieht die Beschlüsse kritisch. „Für den Einzelhand­el und unsere Innenstädt­e ist das keine gute Woche“, sagt IHK-Hauptgesch­äftsführer Jürgen Steinmetz. Nach dem Verbot der Ladenöffnu­ngen an den Adventsson­ntagen sei die weitere Verschärfu­ng der Kundenanza­hl in Geschäften und Einkaufsze­ntren mit einer Größe von mehr als 800 Quadratmet­ern eine weitere schlechte Nachricht für die Händler. „Natürlich steht auch für uns der Gesundheit­sschutz an erster Stelle“, betont der IHK-Hauptgesch­äftsführer. „Dennoch halten wir diese Regelung für wenig zielführen­d. Das Infektions­risiko kann nicht von der Größe des Geschäfts abhängig gemacht werden.“

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