Neue Chance für die S28?
Seit Jahren verhindert Gladbach die Verlängerung der S-Bahn nach Viersen. Die neue Ratsmehrheit könnte das ändern.
KREIS VIERSEN Auf Deutschlands jüngstem Oberbürgermeister ruhen im Kreis Viersen große Hoffnungen. Denn Felix Heinrichs (SPD, 31 Jahre alt), Oberhaupt der Stadt Mönchengladbach, könnte das glücken, woran seine Vorgänger scheiterten: eine Mehrheit im Mönchengladbacher Stadtrat zu zimmern, die das wichtigste Verkehrsinfrastruktur-Projekt im Kreis Viersen nicht länger torpediert.
Seit mehr als einem Jahrzehnt hoffen insbesondere die Städte
Viersen und Willich auf eine Verlängerung der S-Bahn-Linie 28 über Kaarst hinaus bis Viersen. Die würde eine verlässliche Anbindung an die Landeshauptstadt Düsseldorf bieten, was wirtschaftlich und ökologisch sinnvoll wäre. Ein bisschen neidisch blickt man im Kreis Viersen nach Kaarst – dort siedelten sich nach der S-Bahn-Verlängerung neue Firmen an, mehr Menschen zogen aus Düsseldorf in den Speckgürtel – und die A52 wurde entlastet.
Im Kreis Viersen hingegen wartet man vergebens auf die S28. Die bisherigen Gladbacher Stadträte sahen keinen Nutzen einer Verlängerung der S28, nur mögliche Kosten. Und: Die Anwohner der 1984 stillgelegten Trasse in Neuwerk fürchten den Bahnlärm hinter ihren Gärten, verfügen aber im Mönchengladbacher Rat über gehörigen Einfluss.
Warum nun ausgerechnet Heinrichs gelingen sollte, den „Gladbacher Knoten“zu durchschlagen? Weil sich die Mehrheitsverhältnisse im Mönchengladbacher Stadtrat gedreht haben. Nach einer großen Koalition in der vergangenen Ratsperiode kooperiert dort nun eine Ampel – und die Grünen sind Befürworter einer Verlängerung. „Die S28-Verlängerung steht zwar nicht im Koalitionsvertrag“, sagt Boris Wolkowski, Fraktionsvorsitzender der Gladbacher Grünen, „aber ich habe von der SPD bisher keine Signale bekommen, dass die Verlängerung ein No-Go-Thema wäre.“Zumal die Hausbesitzer an der Trasse in der Donk-Siedlung in Neuwerk eher CDU-Klientel seien – und die Christdemokraten sitzen derzeit auf der Oppositionsbank im Gladbacher Stadtrat.
Landrat Andreas Coenen (CDU) ist denn auch ganz optimistisch: „Wir waren mit der Stadt Mönchengladbach in guten Gesprächen“, sagt er. „Ich freue mich, diese Gespräche mit neuem Schwung mit Felix Heinrichs fortzusetzen und ich bin optimistisch, ihn und den neuen Stadtrat davon überzeugen zu können, wie viele Vorteile die Westverlängerung der Regiobahn bringt – auch für Mönchengladbach.“Eine vom Kreis Viersen in Auftrag gegebene Studie zeige auf, dass die S28 auch für die Menschen in Mönchengladbach große Potenziale berge, so Coenen.
Auch aus der Stadt Willich hat Mönchengladbachs Oberbürgermeister bereits eine Einladung erhalten: Der neue Willicher Bürgermeister Christian Pakusch (CDU) hat Heinrichs noch für dieses Jahr ins Schloss Neersen eingeladen. „Bei diesem gemeinsamen Termin möchte ich gerne mit Ihnen über den Ausbau der Zusammenarbeit unserer beiden Heimatstädte sprechen und gemeinsame Projekte, wie beispielsweise der Weiterbau der Regiobahn S28, schnellstmöglich vorantreiben“, schrieb Pakusch. Daneben will Pakusch die Stadt Willich zu einem Gesellschafter der Regiobahn machen: Die dafür einzusetzenden Mittel wären „mit Sicherheit gut investiertes Geld“, sagt er: Infos aus erster Hand, die Einbindung in Pläne und Projekte. Auch die Stadt Viersen und der Kreis Viersen erwägen diese Option.