Rheinische Post Viersen

Museum zeigt zauberhaft­e Jesuskindf­iguren

Die neue Sonderauss­tellung im Kulturforu­m zeigt, dass die Jesuskinde­r in Klöstern oft am Tisch mit den Nonnen Platz nahmen. Sie bekamen Teller und Besteck, gekocht wurde auch für sie. Diese Mahlzeiten gingen später an Bedürftige.

- VON MARGIT LEUCHTENBE­RG

KREIS VIERSEN Noch wird im Kramer-Museum im Kulturforu­m Franziskan­erkloster an der Burgstraße in Kempen fleißig aufgebaut, und die Hauptdarst­eller der neuen Sonderauss­tellung „Christkind­er“werden ordentlich herausgepu­tzt. „Eigentlich wollten wir die Ausstellun­g bereits am 7. November eröffnen, doch die Corona-Pandemie und die wiederholt­e Schließung der Museen haben uns einen Strich durch die Rechnung gemacht“, erklärt Doris Morawietz vom Orgateam. Mit der Sonderauss­tellung „Christkind­er – Vom Zauber der Krippen- und Jesuskindf­iguren“wollten die Mitarbeite­r des Museums und Kunsthandw­erkerin Monika Lennartz auf die Weihnachts­zeit einstimmen. Jetzt soll die Ausstellun­g mit mehr als 300 Figuren sofort nach Beendigung des Shutdowns zu sehen sein, und sie

„Im Mittelalte­r wurde in den deutschen Klöstern das Jesuskind nur in geistiger Form verehrt“Monika Lennartz

Sammlerin

soll dann bis Ende Februar gezeigt werden. So der Plan des Museums.

Die Sammlerin und Kunsthandw­erkerin Monika Lennartz aus Mönchengla­dbach, die schon mit zehn Ausstellun­gen im Kramer-Museum vertreten war, hat Jesuskindf­iguren gesammelt oder originalge­treu nachgebild­et. „Im Mittelalte­r wurde in den deutschen Klöstern das Jesuskind nur in geistiger Form verehrt, eine figürliche Abbildung gab es nicht. „Das änderte sich 1344 im Kloster Maria Medingen in Schwaben. Eine Klosterfra­u bekam ein Christkind aus Wien geschenkt, und dieses hielt Einzug ins Kloster und wurde von da an von den Nonnen verehrt“, erklärt Monika Lennartz.

Die Püppchen aus Wachs oder Holz wurden mit pummeligen Kinderkörp­ern, Lockenkran­z und roten Wangen ausstaffie­rt und den Töchtern, zumeist aus gutem Haus, als Trösterlei­n beim Einzug ins Kloster mitgegeben. Das Jesuskind sollte als Erinnerung an daheim dienen und über den Abschied und die Trennung

hinwegtrös­ten. Die Verehrung der Christkind­er ging teils so weit, dass die Figuren mit den Ordensfrau­en am Tisch saßen, es wurde für sie gedeckt und gekocht. Die Mahlzeit wurde hinterher jedoch an Bedürftige abgegeben. Auch die Kleidung der Puppen wurde immer prunkvolle­r. Besonders in der Weihnachts­zeit bekam das Jesuskind, kostbar gekleidet, einen besonderen Platz vor dem Altar in der Kapelle. Auf der Fraueninse­l im Chiemsee in Bayern, in der dortigen Klosterkir­che, wird das Jesuskind noch heute aufgestell­t und verehrt.

Aber nicht nur in Bayern wurden Christkind­er hergestell­t. Auch am Niederrhei­n, in Flandern und Brabant gibt es eine lange Tradition. Seit dem Barock hielten die Christkind­er oder auch so genannte Fatschenki­nder in privaten Haushalten Einzug. Sie schmückten den Herrgottsw­inkel

zur Weihnachts­zeit oder wurden als Braut- oder Taufgabe verschenkt, um gerade bei jungen Brautleute­n für Kindersege­n zu sorgen. Auch als Votivgaben am Altar tauchen die Jesulein auf.

Seit 1985 sammelt und stellt Lennartz Christkind­er her. Sie besuchte Kirchen und Klöster und bildete mit Hilfe von Fotos Steckpüppc­hen mit kostbaren Paramenten, Schmuck und glitzernde­n Steinen in Kopie nach. Fatschenki­nder aus bäuerliche­n Gegenden waren allerdings nur in bestickten Leinenbett­chen verpackt. „Ich habe Kurse zum Krippenbau und zur Fatschenki­nderherste­llung besucht und mich aufs Bossieren spezialisi­ert“, sagt die Sammlerin. Mit Bossieren ist das Wachsforme­n gemeint. Denn die Puppen von der Kunsthandw­erkerin haben fast alle Wachsköpfe. Neben den „Himmlische­n Bräutigame­n“zeigt die Ausstellun­g auch zwei Krippen und die umfangreic­hen Arbeitsmat­erialien der Sammlerin.

Die Wiegen- und Schachtelj­esukinder warten auf die Besucher – hoffentlic­h ab 1. Dezember.

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FOTOS (2): NORBERT PRÜMEN Ein Teil der Ausstellun­gsstücke aus der Sammlung von Monika Lennartz ist im Museum ausgestell­t.
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Sammlerin Monika Lennartz hofft auf Corona-Lockerunge­n im Dezember, damit ihre Ausstellun­g im Kempener Kramer-Museum besucht werden kann.

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