Rheinische Post Viersen

Achnes Kasulke muss Pause machen

Normalerwe­ise würde Annette Eßer, bekannt als Putzfrau Achnes Kasulke, jetzt über die großen Bühnen fegen. Wegen der Corona-Pandemie fielen alle Auftritte aus. Wie die Kaldenkirc­henerin jetzt um ihre Existenz kämpft.

- VON JANNETTA JANSSEN

KALDENKIRC­HEN Sie ist eine Frohnatur, ein Karnevalsm­ädchen durch und durch: Annette Eßer aus Kaldenkirc­hen ist seit 14 Jahren als patent-lustige Putzfrau Achnes Kasulke über die Region hinaus bekannt. Dass sie sich mal Sorgen machen müsste, ihren Lebensunte­rhalt nicht mehr verdienen zu können, hätte sie nie gedacht.

Doch dann kam die Corona-Pandemie: „Alles wurde ersatzlos gestrichen, finanziell­e Hilfen für uns Künstler? Fehlanzeig­e, das ist ein Schlag ins Gesicht“, sagt die 50-Jährige. Ihren letzten Auftritt hatte Eßer im vergangene­n Februar. Danach kam der wohl verdiente Urlaub – und wenige Tage später folgte der komplette Lockdown. Ein Auftritt nach dem anderen wurde verschoben.

„Ich bin wütend darüber, dass die Luftfahrt so viele Hilfen bekommt und ich als Künstlerin über Hartz IV nachdenken muss“Annette Eßer

Komikerin

Dann folgten die Absagen. Das bedeutete für die 50-Jährige plötzlich viel neu gewonnene Freizeit, doch genießen konnte und kann die Kaldenkirc­henerin diese nicht: „Ich bin wütend darüber, dass beispielsw­eise die Luftfahrt so viele Hilfen bekommt und ich als Künstlerin über Hartz IV nachdenken muss.“Bis Ende September konnte die zweifache alleinerzi­ehende Mutter von ihren Ersparniss­en leben. Doch auch diese sind jetzt aufgebrauc­ht.

Bis zu acht Auftritte hatte Achnes Kasulke in Karnevals-Hochburgen wie Düsseldorf oder Köln am Tag, kam mitten in der Nacht von ihren Auftritten nach Hause und musste früh morgens wieder los. „Die letzte Session war meine beste – mit so vielen Jobs wie noch nie. Das ist doch verrückt, dass in diesem Jahr nichts ist“, sagt sie. Nicht nur Auftritte wurden abgesagt: Auch ihr wöchentlic­her Podcast beim Westdeutsc­hen Rundfunk findet wegen Corona nicht mehr statt. Auch im Winter hätte Achnes Kasulke eigentlich einen vollen Terminkale­nder: Im Dezember wäre sie normalerwe­ise mit dem Weihnachts­ensemble „Santa Colonia“unterwegs. Das fällt nun

auch weg. Die Einnahmen liegen bei null Euro. Außerdem erkrankte ein enges Familienmi­tglied im Frühjahr schwer an Corona – eine weitere Sorge für sie und ihre beiden Töchter.

Der Elfte im Elften wäre für Eßer normalerwe­ise dicht mit Terminen gepackt gewesen: Eine Veranstalt­ung wäre auf die nächste gefolgt. Schon die Tage vorher und das Wochenende danach war sie in den vergangene­n Jahren fest gebucht. Doch jetzt war alles anders: „Ich habe sauber gemacht an dem Tag, aber nicht auf der Bühne, sondern zu Hause. Und am Abend dann natürlich an Karneval gedacht“, erinnert sie sich. Jetzt liegt sie samstags manchmal um 21 Uhr im Bett: „Eigentlich unbegreifl­ich, das ist wie eine Schockstar­re, auch im kreativen Bereich.“Manchmal, wenn sie Grüße von Achnes für die sozialen Netzwerke im Internet produziert, geht sie in den Keller und schlüpft in das Achnes-Kostüm.

Ihren Lebensunte­rhalt verdient sie gerade mit einem Job im Büro: „Ich konnte in der Firma bei Freunden unterkomme­n, das ist toll.“Das letzte Mal war Eßer vor 20 Jahren angestellt: „Daran musste ich mich erstmal wieder gewöhnen. Von 9 bis 17 Uhr täglich zu arbeiten, das kannte ich ja so gar nicht.“Sie wünscht sich ihr normales Leben zurück. Was ihr gerade gut tut: dass sie viele Nachrichte­n bekommt: „Das ist wie Balsam auf der Seele, man ist nicht vergessen“, sagt sie. Das helfe, denn der Weg in die Normalität könnte noch ein sehr langer sein.

 ?? RP-FOTO: KNAPPE ?? Annette Eßer ist als patente Putzfrau Achnes Kasulke eigentlich ein flotter Feger und deutschlan­dweit bekannt. Die Corona-Pandemie zwang sie in die Auftrittsp­ause. Jetzt hofft sie auf die Rückkehr der Normalität.
RP-FOTO: KNAPPE Annette Eßer ist als patente Putzfrau Achnes Kasulke eigentlich ein flotter Feger und deutschlan­dweit bekannt. Die Corona-Pandemie zwang sie in die Auftrittsp­ause. Jetzt hofft sie auf die Rückkehr der Normalität.

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