Wohin mit der siebten Gesamtschule?
Der Zeitplan ist ambitioniert: In wenigen Wochen will die Ampel-Koalition einen Standort für eine neue Gesamtschule benennen. Sie soll in ein bestehendes Gebäude ziehen. Jetzt ist die Frage, in welches?
MÖNCHENGLADBACH Die Absichtserklärung ist deutlich: Die Stadt soll eine siebte Gesamtschule bekommen. Und das möglichst schnell. So will es die Ampel-Koalition bestehend aus SPD, Grünen und FDP. Geplant ist, schon in Januar/Februar einen Standort für die neue Gesamtschule zu benennen. Der ist noch nicht gefunden. Bekannt ist aber, dass er mehrere Bedingungen erfüllen soll. Erstens: Die neue Gesamtschule soll in ein bestehendes Gebäude ziehen, da ein Neubau zu teuer wäre (geschätzte 45 bis 50 Millionen Euro). Zweitens: Für die siebte Gesamtschule darf kein Gymnasium geschlossen werden. In dem Punkt hat sich die FDP energisch durchgesetzt. Drittens: An dem erwählten Standort müssen Erweiterungen möglich sein, weil alle Hauptschulen oder Realschulen zu klein wären für eine vierzügige neue Schule.
Grund für die rasche Planung sind die vielen Abweisungen jedes Jahr. Auch in diesem Jahr konnten mehr als 253 Kinder nicht an einer Gesamtschule aufgenommen werden, weil alle Plätze belegt sind.
Viel Zeit bleibt der Ampel-Kooperation im Stadtrat nicht. Im Vertrag steht: „Die Entscheidung über diesen neuen Gesamtschulstandort muss vor dem nächsten Anmeldeverfahren im Schulausschuss getroffen sein.“Damit wollen die Politiker Eltern vor dem Anmeldeverfahren Klarheit darüber geben, welche Schule auslaufen wird. Das bedeutet aber auch: Der Schulausschuss muss dies schon in seiner nächsten Sitzung im Januar beschließen. Das macht es kompliziert.
Ein weiterer Plan der Ampel, die Zahl der Gesamtschulplätze zu erhöhen, ist erst einmal passé. Angedacht war, einen Zug des Berufskollegs Rheydt-Mülfort in das bisher leerstehende Schulgebäude an der Wilhelm-Strauß-Straße zu verlegen. Damit wäre am Schulzentrum Mülfort Platz freigeworden für zwei weitere Züge der Gesamtschule. Die gehört nämlich traditionell zu den Gesamtschulen, die am meisten Grundschüler abweisen muss. Allerdings ist das Schulgebäude an der Wilhelm-Strauß-Straße jetzt anderweitig belegt durch die Corona-Pandemie: Dort entstehen 70 Arbeitsplätze für Mitarbeiter und Helfer des Gesundheitsamtes, die von dort Kontakte von Infizierten nachverfolgen sollen. Auch das zweite leerstehende Schulgebäude am Karl-Barthold-Weg ist verplant. Es ist als Ausweichquartier gedacht für die Schüler der Gesamtschule Volksgarten, die umgebaut und saniert wird.
Fakt ist: Mönchengladbach braucht weiteren Schulraum. Zum einen, weil die Schülerzahlen in den kommenden Jahren ansteigen, zum anderen, weil alle Mönchengladbacher Gymnasien von G8 auf G9 zurückgekehrt sind. In der Stadt werden rein mengenmäßig rund vier zusätzliche Züge an weiterführenden Schulen gebraucht.
Zwei Realschulen mussten bereits erweitert werden. Sie hatten in diesem Jahr einen regelrechten Ansturm: An den vier Realschulen wurden rund 450 Schülerinnen und Schüler angemeldet (Vorjahr 365). An der Geschwister-Scholl-Realschule, die 1989 wegen einer Gesamtschule ihren Standort wechseln musste, wurde im jüngsten Schulausschuss eine Erhöhung der
Regelzügigkeit beschlossen. Und es sieht so aus, dass die Schule auch im kommenden Schuljahr einen regen Zulauf haben wird. Die Termine für den Tag der offenen Tür im Januar sind, so wird es auf der Homepage veröffentlicht, schon alle ausgebucht. Interessenten können sich auf eine Warteliste setzen lassen. Auch die anderen drei Realschulen hatten für das laufende Schuljahr mehr Anmeldungen als im Vorjahr.
Die Frage ist: Welche Schüler wechseln zur neuen Gesamtschule? Kinder mit Gymnasial-Empfehlung sind schon heute kaum an Gesamtschulen zu finden – an manchen Gesamtschulen gar nicht. Wahrscheinlich wird sich daran auch in Zukunft nicht viel ändern. Die Anmeldezahlen an den Gymnasien sind stabil. Fraglich ist, ob eine neue Gesamtschule den Gymnasien Schüler abringen könnte. Wahrscheinlicher ist, dass vermehrt Kinder mit Hauptschul-Empfehlung zur neuen Gesamtschule wechseln, wenn sich die Politiker entscheiden, eine Hauptschule zu schließen. Bei der Schließung einer Realschule kämen wohl auch mehr Schüler mit der entsprechenden Empfehlung zur neuen Gesamtschule.