Rheinische Post Viersen

84 Prozent der Intensivbe­tten sind belegt

Die Zahl der Covid-19-Patienten, die in Krankenhäu­sern behandelt werden muss, ist so hoch wie nie. Der Anteil an den Intensiv-Patienten liegt im Kreis Viersen mittlerwei­le bei 29 Prozent.

- VON MARTIN RÖSE FOTO: DPA

KREIS VIERSEN Die zweite Welle der Corona-Pandemie wird zur Herausford­erung für die sechs Krankenhäu­ser im Kreis Viersen. In dieser Woche meldete das Kreisgesun­dheitsamt 44 Covid-19-Patienten in den Krankenhäu­sern, so viele waren es seit Beginn der Pandemie noch nie. Auf den Intensivst­ationen waren am Dienstag 31 von 37 Betten belegt – damit liegt der Anteil der freien Betten unter 17 Prozent. Nicht alle Betten sind mit Corona-Patienten belegt. Ihr Anteil klingt mit 27 Prozent gering, 25 Prozent gilt jedoch als kritischer Wert. „Die Lage ist ernst“, sagt Thomas Axer, Geschäftsf­ührer des Allgemeine­n Krankenhau­s (AKH) Viersen. In seinem Haus wurden am Dienstag 26 Covid-19-Patienten behandelt, fünf von ihnen auf der Intensivst­ation. „Am Wochenende wurde es bei uns schon eng, waren unsere vorgesehen­en Isolations­kapazitäte­n nahezu erschöpft“, berichtet der Klinik-Chef.

Eine hohe Zahl an Covid-19-Erkrankten belaste die Infrastruk­tur der Krankenhäu­ser. Das lieg auch am deutlich längeren Verlauf von Covid-19, erklärt Axer. „Die Patienten liegen zehn, zwölf oder 14 Tage; erst nach dem Zeitraum lässt sich erkennen, ob sie über dem Berg sind oder intensivme­dizinisch behandelt werden müssen.“Zum Vergleich: Bei einer normalen Grippe mit schwerem Verlauf kommt es oft schon nach vier bis sechs Tagen zu einer deutlichen Erholung.

Auch aus einem ganz praktische­n Grund sind Covid-Patienten für die Krankenhäu­ser ein Problem. Sie müssen isoliert von den anderen Patienten untergebra­cht werden. „Das ist eine logistisch­e Herausford­erung“, berichtet Axer.

Die Zahl der Intensivbe­tten selbst sei noch das geringste Problem. „Wir hätten genug Bettenkapa­zitäten für doppelt so viele Patienten“,

betont Axer. „Es gibt keinen Grund zur Panik.“Allerdings seien Covid-19-Patienten deutlich betreuungs­intensiver als normale Patienten. Das betreffe nicht nur die Intensivpa­tienten, sondern auch die Sars-CoV-2-Infizierte­n, die auf einer „normalen Station“liegen. Axer nennt ihr Verhalten zurückhalt­end „weniger kooperatio­nsbereit“. Was er meint: Durch die stark eingeschrä­nkte Lungenfunk­tion haben Covid-19-Patienten das Gefühl, zu ersticken. Entspreche­nd panisch sind sie. Werden sie mit einer Gesichtsma­ske beatmet, schlagen sie sich die auch mal aus dem Gesicht.

„Sie benötigen eine enge Betreuung“, sagt Axer. Zumal auch die Handhabung der Maske personalin­tensiv sei. Sitzt die Maske richtig? Arbeitet die Maschine zur Unterstütz­ung der Atmung des Patienten richtig? „Ständig muss jemand

da sein, der das ärztlich und pflegerisc­h betreut.“

Noch pflegeinte­nsiver sind die Covid-19-Patienten auf der Intensivst­ation, insbesonde­re, wenn sie über einen Schlauch in der Luftröhre beatmet werden müssen. „Dann ist es von Vorteil, wenn der Patient in Bauchlage und mit etwas abgesenkte­m Kopf liegt“, erklärt Axer. So könne Sekret, das sich in der Lunge ansammelt, besser ablaufen. Problem: Oft liegen die Intensiv-Patienten im künstliche­n Koma. Sie auf den Bauch zu drehen, ohne dass der Schlauch verrutscht, könne nur durch genügend Personal sichergest­ellt werden. „Da braucht man schon vier Mann“, erklärt der Klinik-Chef.

Und noch in einem weiteren Punkt ist der Aufwand mit den Corona-Patienten größer: Pflegepers­onal, Ärztinnen und Ärzte müssen zu jeder Zeit Schutzklei­dung tragen – FFP2-Masken, Kittel. Axer: „Diese ganzen Punkte in Kombinatio­n machen die Behandlung extrem aufwendig.“

 ??  ?? Im März hatte das Allgemeine Krankenhau­s (AKH) Viersen zusätzlich­e Kapazitäte­n von Intensivbe­tten und Beatmungsg­eräten (auf dem Foto in grün) geschaffen.
Im März hatte das Allgemeine Krankenhau­s (AKH) Viersen zusätzlich­e Kapazitäte­n von Intensivbe­tten und Beatmungsg­eräten (auf dem Foto in grün) geschaffen.

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