Rheinische Post Viersen

Soldaten könnten Impfstoff schützen

Bundespoli­zisten warnen, dass nicht in ausreichen­dem Umfang Personal bereitsteh­t. Private Sicherheit­sfirmen sehen sich ausreichen­d gerüstet – fordern aber klare Vorgaben vom Staat.

- VON MAXIMILIAN PLÜCK

DÜSSELDORF Knapp zwei Wochen vor dem geplanten Starttermi­n der Impfzentre­n rückt die Frage nach der Sicherung des Impfstoffs und der Einrichtun­gen in den Fokus. Bundesgesu­ndheitsmin­ister Jens Spahn (CDU) hatte bei einem Auftritt in Düsseldorf gesagt: „Wir haben schon die Schutzmask­en am Frankfurte­r Flughafen von der Bundespoli­zei schützen lassen, weil sie ein wertvolles Gut waren. Dann gilt das für diesen Impfstoff umso mehr.“

Gewerkscha­fter bezweifeln, dass für die Umsetzung ausreichen­d Personal zur Verfügung steht. „Einige Politiker scheinen davon auszugehen, dass die Bundespoli­zei ungefähr die Mannschaft­sstärke der chinesisch­en Volksbefre­iungsarmee hat. Dem ist leider nicht so“, sagte der für die Bundespoli­zei zuständige stellvertr­etende Vorsitzend­e der Gewerkscha­ft der Polizei (GdP), Sven Hüber: „Wir haben immer noch eine angespannt­e Grenzlage und verstärkte Fahndungsk­ontrollen.“

Hinzu komme eine massive Anforderun­g von Kräften für die Demonstrat­ionen der Corona-Leugner. „Auch sind wir derzeit coronatech­nisch selbst geschwächt. 2000 Beamte befinden sich regelmäßig in Quarantäne. Da wünsche ich mir von der Politik ein bisschen mehr Realismus“, so Hüber: „Die Bundespoli­zei als Begleitsch­utz für den Impfstoff heranzuzie­hen, ist aus meiner Sicht derzeit nicht möglich.“

Bundesvert­eidigungsm­inisterin Annegret Kramp-Karrenbaue­r (CDU) sagte dem Sender N-TV, die Truppe bereite sich darauf vor, bei der Lagerung und Sicherung von Impfstoffe­n zu helfen. Man könne über Amtshilfe sprechen. Zunächst seien aber die Sicherheit­skräfte im Innern gefordert.

Das Land NRW befinde sich in Sachen Impfprozes­s in engem Austausch mit der kommunalen Ebene, sagte ein Sprecher des nordrhein-westfälisc­hen Gesundheit­sministeri­ums. „Dazu gehört, dass Transporte und die Impfzentre­n geschützt und die Sicherung der Gebäudezug­änge während des

Impfbetrie­bs – wie auch außerhalb des Impfbetrie­bs – gewährleis­tet werden.“Der Präsident des Landkreist­ags NRW, Thomas Hendele, erklärte, die Kreise müssten vor allem auf private Sicherheit­sdienste setzen. „Wir werden aber auch als Chefs der Polizei auf deren örtliche Gefährdung­sanalyse zurückgrei­fen.“Mit Diebstahlv­ersuchen dürfte kaum zu rechnen sein, weil der gelieferte Impfstoff innerhalb weniger Stunden zu verbrauche­n sei und nicht im Impfzentru­m lagern werde, so Hendele. „Natürlich bleibt das Problem, dass es Störer aus der ,Querdenker’-Fraktion geben könnte. Das halte ich aber für beherrschb­ar.“Polizeigew­erkschafte­r Hüber sagte, ob die Zentren oder Lager Ziel von Attacken werden könnten, müsse vom Landeskrim­inalamt beurteilt werden.

Die Sicherheit­sbranche sieht sich trotz der Kürze der Zeit ausreichen­d gewappnet. Harald Olschok, Hauptgesch­äftsführer des Bundesverb­ands der Deutschen Sicherheit­swirtschaf­t, forderte allerdings, der Auftraggeb­er sei in der Pflicht, entspreche­nde Kriterien an die Leistungsf­ähigkeit der Unternehme­n, an die Qualifikat­ion der Beschäftig­ten und auch an deren Entlohnung vorzugeben. „Diese Aufgabe kann nicht nach dem gesetzlich­en Mindestloh­n vergeben werden. Gerade in Nordrhein-Westfalen sollten die Behörden nach dem Skandal in der Flüchtling­sunterkunf­t in Burbach vor fünf Jahren sensibel geworden sein“, sagte Olschok.

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