Soldaten könnten Impfstoff schützen
Bundespolizisten warnen, dass nicht in ausreichendem Umfang Personal bereitsteht. Private Sicherheitsfirmen sehen sich ausreichend gerüstet – fordern aber klare Vorgaben vom Staat.
DÜSSELDORF Knapp zwei Wochen vor dem geplanten Starttermin der Impfzentren rückt die Frage nach der Sicherung des Impfstoffs und der Einrichtungen in den Fokus. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hatte bei einem Auftritt in Düsseldorf gesagt: „Wir haben schon die Schutzmasken am Frankfurter Flughafen von der Bundespolizei schützen lassen, weil sie ein wertvolles Gut waren. Dann gilt das für diesen Impfstoff umso mehr.“
Gewerkschafter bezweifeln, dass für die Umsetzung ausreichend Personal zur Verfügung steht. „Einige Politiker scheinen davon auszugehen, dass die Bundespolizei ungefähr die Mannschaftsstärke der chinesischen Volksbefreiungsarmee hat. Dem ist leider nicht so“, sagte der für die Bundespolizei zuständige stellvertretende Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Sven Hüber: „Wir haben immer noch eine angespannte Grenzlage und verstärkte Fahndungskontrollen.“
Hinzu komme eine massive Anforderung von Kräften für die Demonstrationen der Corona-Leugner. „Auch sind wir derzeit coronatechnisch selbst geschwächt. 2000 Beamte befinden sich regelmäßig in Quarantäne. Da wünsche ich mir von der Politik ein bisschen mehr Realismus“, so Hüber: „Die Bundespolizei als Begleitschutz für den Impfstoff heranzuziehen, ist aus meiner Sicht derzeit nicht möglich.“
Bundesverteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) sagte dem Sender N-TV, die Truppe bereite sich darauf vor, bei der Lagerung und Sicherung von Impfstoffen zu helfen. Man könne über Amtshilfe sprechen. Zunächst seien aber die Sicherheitskräfte im Innern gefordert.
Das Land NRW befinde sich in Sachen Impfprozess in engem Austausch mit der kommunalen Ebene, sagte ein Sprecher des nordrhein-westfälischen Gesundheitsministeriums. „Dazu gehört, dass Transporte und die Impfzentren geschützt und die Sicherung der Gebäudezugänge während des
Impfbetriebs – wie auch außerhalb des Impfbetriebs – gewährleistet werden.“Der Präsident des Landkreistags NRW, Thomas Hendele, erklärte, die Kreise müssten vor allem auf private Sicherheitsdienste setzen. „Wir werden aber auch als Chefs der Polizei auf deren örtliche Gefährdungsanalyse zurückgreifen.“Mit Diebstahlversuchen dürfte kaum zu rechnen sein, weil der gelieferte Impfstoff innerhalb weniger Stunden zu verbrauchen sei und nicht im Impfzentrum lagern werde, so Hendele. „Natürlich bleibt das Problem, dass es Störer aus der ,Querdenker’-Fraktion geben könnte. Das halte ich aber für beherrschbar.“Polizeigewerkschafter Hüber sagte, ob die Zentren oder Lager Ziel von Attacken werden könnten, müsse vom Landeskriminalamt beurteilt werden.
Die Sicherheitsbranche sieht sich trotz der Kürze der Zeit ausreichend gewappnet. Harald Olschok, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands der Deutschen Sicherheitswirtschaft, forderte allerdings, der Auftraggeber sei in der Pflicht, entsprechende Kriterien an die Leistungsfähigkeit der Unternehmen, an die Qualifikation der Beschäftigten und auch an deren Entlohnung vorzugeben. „Diese Aufgabe kann nicht nach dem gesetzlichen Mindestlohn vergeben werden. Gerade in Nordrhein-Westfalen sollten die Behörden nach dem Skandal in der Flüchtlingsunterkunft in Burbach vor fünf Jahren sensibel geworden sein“, sagte Olschok.