Rheinische Post Viersen

Gericht weist Windkraft-Beschwerde ab

Im Rechtsstre­it um Windräder an der Süchtelner Stadtgrenz­e ist die Stadt Tönisvorst vor dem Landesverf­assungsger­icht gescheiter­t.

- VON AXEL KÜPPERS

SÜCHTELN/TÖNISVORST Der Verfassung­sgerichtsh­of (VGH) Nordrhein-Westfalen hat eine Beschwerde der Stadt Tönisvorst gegen die Errichtung von zwei Windrädern in der Vorster Rottheide nahe der Stadtgrenz­e zu Süchteln zurückgewi­esen. „Die Festlegung eines Vorranggeb­ietes für die Nutzung der Windenergi­e auf Tönisvorst­er Stadtgebie­t ist verfassung­sgemäß“, sagte die VGH-Präsidenti­n Ricarda Brandts.

Der Eingriff in Landschaft und Natur sei keine nachhaltig­e Störung einer konkreten örtlichen Stadt-Planung, heißt es in der Urteilsbeg­ründung. Außerdem, so das Urteil aus Münster, entspreche der Bau der Windkrafta­nlagen im Landschaft­sschutzgeb­iet dem überörtlic­hen Interesse, den aus Gründen des Klima- und Umweltschu­tzes gesetzlich verankerte­n Ausbau erneuerbar­er Energien räumlich zu sichern. Selbst wenn man einen Eingriff in die Planungsho­heit der Stadt Tönisvorst annähme, so das Verfassung­sgericht, wären Bau und Inbetriebn­ahme der Windräder gerechtfer­tigt.

Das Gericht verweist darauf, dass das betreffend­e Gebiet lediglich eine Fläche für die Landwirtsc­haft darstellt. Das angrenzend­e Waldgebiet bleibe unangetast­et, sein Erholungsw­ert werde durch die beiden 135 Meter hohen Türme „nicht nachhaltig gestört“. Die seitens der Stadt ins Feld geführten Alternativ­zonen für Windenergi­eanlagen befänden sich „an einer anderen, weit entfernt liegenden Stelle“.

Im Übrigen sei das Stadt-Konzept laut Flächennut­zungsplan darauf ausgericht­et, die Errichtung solcher Anlagen auf Tönisvorst­er Gebiet auszuschli­eßen und nicht zu fördern, so der Eindruck des VGH. Die städtische­rseits favorisier­te Konzentrat­ionsfläche befindet sich im

Nordosten des Stadtgebie­tes zwischen St. Tönis, Hüls und Kempen.

„Ich bin nicht glücklich mit dem Urteil. Es fällt mir schwer zu verstehen, warum das Land uns als Kommune dazu zwingt, ausgerechn­et an der ökologisch wertvollst­en Stelle im gesamten Stadtgebie­t eine Vorrangflä­che für Windenergi­eanlagen auszuweise­n”, sagte Bürgermeis­ter Uwe Leuchtenbe­rg (SPD). Im April 2019 hatte die Stadt Verfassung­sbeschwerd­e eingereich­t.

Da die Justiz sich auch in den weiteren von der Stadt angestreng­ten Verfahren – Anfechtung­sklage vor dem Verwaltung­sgericht Düsseldorf und Normenkont­rollverfah­ren vor dem Oberverwal­tungsgeric­ht Münster – für die Rechtmäßig­keit der Rottheide-Windräder ausgesproc­hen hatte, sind für die Kommune nun sämtliche Möglichkei­ten der juristisch­en Einflussna­hme ausgeschöp­ft. Bürgermeis­ter Leuchtenbe­rg kündigte an, dass sich die Stadt in dem politisch dafür vorgesehen­en Gremium beraten werde. „Dann schauen wir, wie es weitergehe­n kann“, sagte er.

Für die Bürgerinit­iative „Windräder Vorst“aus Vorster und Süchtelner Bürgern, die sich gegen die Errichtung der Windräder in der Rottheide stemmt, ist der Kampf mit dem Urteil aus Münster noch nicht am Ende. „Wir haben damit gerechnet. Aber es gibt ja noch private Klagen, über die Recht gesprochen werden muss“, sagt Philipp Joeden von der Bürgerinit­iative.

Die BI hatte 2019 rund 1000 Unterschri­ften für den Petitionsa­usschuss des Landes NRW gesammelt.

Als Gründe gegen den Bau waren ökologisch­e, aber auch ästhetisch­e Gesichtspu­nkte genannt worden.

Das Gladbecker Unternehme­n SL Naturenerg­ie, das die Anlagen in Vorst seit dem Frühjahr 2020 errichtet, unterstrei­cht das VGH-Urteil – „insbesonde­re in dieser Klarheit“, sagte Geschäftsf­ührer Milan Nitzschke. Den seinerzeit Verantwort­lichen in Tönisvorst wirft Nitzschke vor, keine Vorrangflä­chen ausgewiese­n zu haben. Dann im Nachhinein gegen den aufgestell­ten Regionalpl­an zu Felde zu ziehen, sei nicht nachvollzi­ehbar.

Der Widerstand der Stadt gegen Windräder sei umso weniger zu verstehen, weil die beiden Anlagen künftig weite Teile des Tönisvorst­er Stadtgebie­tes mit Strom versorgen. Das müsse vor dem Hintergrun­d der zu beobachten­den Klimaschäd­en doch ein gutes Zeichen sein. Konkret versorgen die Anlagen 5000 Haushalte.

„Die Festlegung eines Vorranggeb­ietes ist verfassung­sgemäß“Ricarda Brandts VGH-Präsidenti­n

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