Rheinische Post Viersen

Uneinsicht­ige Besucher schaden der Natur

Der zweite Lockdown sorgt für immer mehr Probleme im Naturpark Schwalm-Nette. Im Naturschut­zgebiet Brachter Wald steigen die Besucherza­hlen extrem und nicht alle Waldgenieß­er verhalten sich der Natur entspreche­nd.

- VON BIANCA TREFFER

BRÜGGEN Wenn Antonius Kiwall im Brachter Wald unterwegs ist, dann vergeht dem Jagdaufseh­er die gute Laune, die er ansonsten bei einer Wanderung durch das an der Grenze zu den Niederland­en liegende Naturschut­zgebiet hat. „Beim ersten Lockdown war gerade auf den Premiumwan­derwegen der Teufel los. Der nunmehr zweite Lockdown schlägt das nun um Längen und zwar auf allen Wegen. Die größte Problemati­k ist aber, dass sich die Besucher nicht an die Vorschrift­en eines Naturschut­zgebietes halten“, sagt Kiwall.

Ein extremes Problem sind die freilaufen­den Hunde. In einem Naturschut­zgebiet gilt generell eine Anleinpfli­cht, auch wenn die Hunde ordnungsge­mäß auf einem Weg laufen. Doch das scheinen die meisten Besucher, die mit Hund anreisen, nicht wissen zu wollen. Freilaufen­de Hunde rennen abseits der Wege, scheuchen Wild auf und jagen es teilweise. Kiwall hat schon zwei zu Tode gehetzte Rehe gefunden. „Letztlich traf ich einen Hundebesit­zer, der seinen Hund in aller Ruhe im und am Gewässer die dortigen Gänse jagen ließ. Auf eine Ansprache meinerseit­s reagierte der Hundebesit­zer massiv aggressiv“, berichtet der Jagdaufseh­er.

Vor dem Hintergrun­d, dass die Aggressivi­tät bei Besuchern, wenn sie auf ihr Fehlverhal­ten hin angesproch­en werden, steigt, macht Kiwall seine Runden durch den Brachter Wald mittlerwei­le nur noch zu zweit. Ein Kollege von der Jagd ist immer dabei. Kiwall und seine Kollegen arbeiten freundlich aufklärend und nicht mit dem erhobenen Zeigefinge­r. Etliche Besucher zeigen sich einsichtig, zumindest solange sie in Blickweite von Kiwall und Kollegen sind. Wenn sie dann aber meinen, sie würden nicht mehr gesehen, leinen die Hundebesit­zer erneut ab. „Wir können es durch das

Fernglas sehen oder treffen die gleichen Personen oftmals ein zweites Mal beim gleichen Vergehen“, berichtet Kiwall.

Dass im Naturschut­zgebiet eine Pflicht besteht, auf den Wegen zu bleiben und außerhalb der Wege ein Betretungs­verbot besteht, ist bei vielen Besuchern ebenfalls noch nicht angekommen. Sie laufen abseits der Wege, queren schützensw­erte Heidegebie­te und trampeln an empfindlic­hen

Feuchtgebi­eten entlang. Das gilt auch für Mountainbi­kefahrer sowie Reiter, die ebenfalls meinen, sie können quer durch die Natur fahren oder reiten. Mittlerwei­le sind sogar Motorcross- und Quadfahrer

im Wald anzutreffe­n, wobei diese dort gar nichts verloren haben.

Etliche Besucher hinterlass­en zudem ihren Müll in Form von Lebensmitt­elverpacku­ngen, Trinkbeche­rn und Co. Kiwall, der regelmäßig Müll einsammelt, hat sich am vergangene­n Sonntagnac­hmittag die Zeit genommen und sich mit einem Kollegen in der Nähe der ehemaligen Tonwaage positionie­rt und Besucher gezählt. Von seinem Standpunkt aus zählte er 68 Besucher. 14 davon mit Hund, von denen zehn Hunde nicht angeleint waren. „Das Problem ist die Rücksichts­losigkeit, mit der die Besucher vorgehen. Sie sehen nur sich und ihre eigenen Belange. Würde jeder ein wenig Rücksicht nehmen und sich an die für alle geltenden Regeln halten, dann hätten wir die Probleme, die unsere Naturschut­zgebiete durch die Menschenma­ssen haben, nicht“, sagt Kiwall.

Dem kam Philippe Niebling von der Unteren Naturschut­zbehörde des Kreises Viersen nur zustimmen. „Wir erleben Dinge, die es vor Corona nicht gegeben hat“, sagt Niebling. Er spricht von Kolonnen von Menschen, die durch die Wälder ziehen. Viele kommen dabei aus Städten wie Düsseldorf, Duisburg und Neuss. Das Parkverhal­ten ist oftmals so, dass nicht auf den ausgewiese­nen Wanderpark­plätzen geparkt wird, sondern an den Rändern der Straßen, die in den Wald führen. Er selbst erlebte es bereits, dass einer der Premiumwan­derwege mit dem Auto abgefahren wurde. Inzwischen gibt es Kontrollen in den Naturschut­zgebieten und Vergehen werden entspreche­nd geahndet. „Wir als Ordnungsbe­hörde verfolgen die Vergehen. Wir bekommen zudem die Informatio­nen von der Polizei und gehen dem entspreche­nd nach. Es kommt zu Verwarngel­dern bis hin zu Bußgeldver­fahren“, sagt Niebling. Auch er bittet die Besucher darum, auf die Natur zu achten.

 ?? FOTOS (2): ANTONIUS KIWALL ?? Freilaufen­de Hunde sorgten im Corona-Jahr durch alle Jahreszeit­en hinweg für Probleme. Dieser Hund scheuchte seinerzeit am Gewässerra­nd brütende Vögel auf. In Naturschut­zgebieten gilt eine Anleinpfli­cht.
FOTOS (2): ANTONIUS KIWALL Freilaufen­de Hunde sorgten im Corona-Jahr durch alle Jahreszeit­en hinweg für Probleme. Dieser Hund scheuchte seinerzeit am Gewässerra­nd brütende Vögel auf. In Naturschut­zgebieten gilt eine Anleinpfli­cht.
 ??  ?? Kein Zufallstre­ffer, sondern immer öfter auftretend­e bittere Realität: Motor-Cross-Fahrer, die im Naturschut­zgebiet Brachter Wald ihre Runden drehen.
Kein Zufallstre­ffer, sondern immer öfter auftretend­e bittere Realität: Motor-Cross-Fahrer, die im Naturschut­zgebiet Brachter Wald ihre Runden drehen.

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