Gefüllte Becken, leere Kassen
Der Schwimm- und Badespaß ist wegen der Corona-Pandemie zum Erliegen gekommen. Darunter leiden die ohnehin angeschlagenen Schwimmbäder und -vereine. Sie müssen trotz fehlender Einnahmen die Becken instand halten.
DUISBURG Etwa 1000 Mitglieder hat der Duisburger Schwimm- und Sport-Club 09/20 (DSSC) seit Beginn der Pandemie verloren. „Uns laufen mittlerweile die Mitglieder weg, weil die die Schwimmzeiten nicht nutzen können“, sagt Uwe Minkler vom DSSC. Neue Mitglieder kommen nicht dazu, die Bäder des Vereins sind geschlossen.
Der DSSC betreut im Auftrag der städtischen Einrichtung Duisburgsport mehrere Schwimmbäder. Wenn die Bäder geschlossen sind und keine Einnahmen reinkommen, muss der Verein sie über Vereinsbeiträge finanzieren. Die reichen aber nicht für das ganze Jahr. „Das reicht bis November, Oktober ungefähr“, sagt Minkler. Auch mit Corona-Hilfen sehe es schwierig aus. Beim DSSC werden die Mitgliedsbeiträge am Anfang des Jahres eingezogen. Als der Verein im vergangenen Jahr den Antrag auf eine Corona-Hilfe gestellt hatte, war ausreichend Geld auf dem Konto. Der Verein war deswegen für die Unterstützung nicht berechtigt.
Für den Verein kommt außerdem hinzu, dass er eigentlich Wasserflächen vermietet und daraus zusätzliche Einnahmen generiert. Auch das fällt wegen der Pandemie weg. Um zumindest einen Teil der so entstandenen Mindererträge aufzufangen, will sich die Stadt nun einschalten. Die Verwaltung hat jüngst vorgeschlagen, den Betreibern „für das ausgefallene Schulschwimmen 50 Prozent der üblichen Nutzungsvergütung zu bezahlen“, heißt es in einer Pressemitteilung. Am 25. März soll der Rat darüber entscheiden.
Während private Schwimmbadbetreiber und Vereine mit der Krise hadern, ist die Lage der kommunalen Bäder besser. In Leverkusen denkt man nicht daran, solche Schwimmbäder zu schließen, im Gegenteil: „Für das Hallenbad Bergisch Neukirchen wurde jüngst erst ein Antrag auf Fördermittel gestellt, damit das Bad energetisch saniert werden kann“, sagt Nelly Schreiner, Betriebsleiterin des Sportparks Leverkusen. Auch in Düsseldorf und in Solingen sei die Zukunft der Schwimmbäder gesichert, da anfallende Kosten durch die Stadt übernommen werden. Auch wenn den städtischen Schwimmbädern in der Regel keine Zwangsschließungen oder Insolvenzen drohen, sind die Kosten im Lockdown immens. „Im Haushaltsjahr 2020 kam es in Krefeld zu Mindereinträgen von 190.000 Euro“, sagt Manuel Kölker von der Stadt Krefeld. Durch Mehraufwendungen wie Desinfektionsmittel, Plexiglasscheiben oder zusätzliches Aufsichtspersonal seien Kosten in Höhe von fast 170.000 Euro angefallen. „Gemeinsam verschlechtert dies das Ergebnis um 359.000 Euro gegenüber 2019“, so Kölker. Um die Kosten möglichst gering zu halten, haben viele Bäder Kurzarbeit für ihre Mitarbeiter angemeldet, so auch das „Platsch“in Ennepetal, das sich ebenfalls in städtischer Trägerschaft befindet. Zudem wurden Revisionsarbeiten, die eigentlich erst für die Sommermonate geplant waren, vorgezogen. „Die Maschinen sind aus, die Becken sind leer. Die Wartungs- und Reparaturarbeiten ziehen wir vor“, sagt Volker Külpmann vom „Platsch“.
Ließen sich denn mit leeren Becken Kosten sparen? „Das Becken darf nicht dauerhaft leer gepumpt werden, weil es so konzipiert ist, dass der Wasserdruck da sein muss“, erklärt Minkler. Man habe nach dem Leerpumpen auch nur ein gewisses Zeitfenster bis das Becken durch das fehlende Wasser Schaden nehme. Jeden Tag muss jemand im Bad etwa den Stromkreislauf, die Filter und die Heizungen überprüfen, auch wenn es keine Besucher gibt. So fallen für die Bäder trotz Leerstand weiterhin Betriebskosten an. Vor allem für private Betreiber wird das Geld immer knapper. „Wenn die Entwicklung so weitergeht, werden die privaten Freizeitbäder und Thermen noch mehr unter Druck geraten“, sagt Christian Mankel, Geschäftsführer der Deutschen Gesellschaft für das Badewesen.
Die Situation für private Betreiber sei dramatisch, sagt auch Volker Külpmann, der selbst von einem privaten Bäderbetreiber zum „Platsch“gewechselt ist. „Denen steht das Wasser bis zum Hals. Sie sind durch das Personal auf die Einnahmen angewiesen.“Den privaten Betreibern bleibe daher nur das Mittel der Kurzarbeit. Anders als in den Vorjahren, in denen vor allem kommunale Bäder schließen mussten, weil die Kommune sich den Betrieb der Schwimmbäder nicht mehr leisten konnte oder wollte, seien jetzt die Privatbäder bedroht. „Da sehe ich ein weiteres Sterben“, sagt Volker Külpmann.
Christian Mankel macht sich Sorgen um die Zukunft der Bäder. Er fragt sich, wie sich die finanziellen Schwierigkeiten wegen der Pandemie auf das Verhalten der Besucher auswirken „Wer wird denn welche Bäder nutzen?“Um diese Fragen zu klären, hat die Gesellschaft für das Badewesen eine Studie in Auftrag gegeben. Darin sieht die Kölner Beratungsfirma „Z Punkt“drei mögliche Szenarien für die Zukunft der Schwimmbäder: eine neue Normalität, eine nachhaltige Transformation oder Wellen des Niedergangs. Die Bäder könnten sich künftig auf Kurs- und Kleingruppenangebote spezialisieren, oder sich ganz umorientieren und auf „hochwertige Gesundheitsangebote“setzen.
Die dritte Möglichkeit, prognostizieren die Berater, ist der Untergang der Schwimmbäder. Sie würden dabei von privaten Pools verdrängt, von Angeboten in Hotels, Clubs und Fitnessstudios, auch von öffentlichen Seen.