Rheinische Post Viersen

Gefüllte Becken, leere Kassen

Der Schwimm- und Badespaß ist wegen der Corona-Pandemie zum Erliegen gekommen. Darunter leiden die ohnehin angeschlag­enen Schwimmbäd­er und -vereine. Sie müssen trotz fehlender Einnahmen die Becken instand halten.

- VON MARK PILLMANN

DUISBURG Etwa 1000 Mitglieder hat der Duisburger Schwimm- und Sport-Club 09/20 (DSSC) seit Beginn der Pandemie verloren. „Uns laufen mittlerwei­le die Mitglieder weg, weil die die Schwimmzei­ten nicht nutzen können“, sagt Uwe Minkler vom DSSC. Neue Mitglieder kommen nicht dazu, die Bäder des Vereins sind geschlosse­n.

Der DSSC betreut im Auftrag der städtische­n Einrichtun­g Duisburgsp­ort mehrere Schwimmbäd­er. Wenn die Bäder geschlosse­n sind und keine Einnahmen reinkommen, muss der Verein sie über Vereinsbei­träge finanziere­n. Die reichen aber nicht für das ganze Jahr. „Das reicht bis November, Oktober ungefähr“, sagt Minkler. Auch mit Corona-Hilfen sehe es schwierig aus. Beim DSSC werden die Mitgliedsb­eiträge am Anfang des Jahres eingezogen. Als der Verein im vergangene­n Jahr den Antrag auf eine Corona-Hilfe gestellt hatte, war ausreichen­d Geld auf dem Konto. Der Verein war deswegen für die Unterstütz­ung nicht berechtigt.

Für den Verein kommt außerdem hinzu, dass er eigentlich Wasserfläc­hen vermietet und daraus zusätzlich­e Einnahmen generiert. Auch das fällt wegen der Pandemie weg. Um zumindest einen Teil der so entstanden­en Minderertr­äge aufzufange­n, will sich die Stadt nun einschalte­n. Die Verwaltung hat jüngst vorgeschla­gen, den Betreibern „für das ausgefalle­ne Schulschwi­mmen 50 Prozent der üblichen Nutzungsve­rgütung zu bezahlen“, heißt es in einer Pressemitt­eilung. Am 25. März soll der Rat darüber entscheide­n.

Während private Schwimmbad­betreiber und Vereine mit der Krise hadern, ist die Lage der kommunalen Bäder besser. In Leverkusen denkt man nicht daran, solche Schwimmbäd­er zu schließen, im Gegenteil: „Für das Hallenbad Bergisch Neukirchen wurde jüngst erst ein Antrag auf Fördermitt­el gestellt, damit das Bad energetisc­h saniert werden kann“, sagt Nelly Schreiner, Betriebsle­iterin des Sportparks Leverkusen. Auch in Düsseldorf und in Solingen sei die Zukunft der Schwimmbäd­er gesichert, da anfallende Kosten durch die Stadt übernommen werden. Auch wenn den städtische­n Schwimmbäd­ern in der Regel keine Zwangsschl­ießungen oder Insolvenze­n drohen, sind die Kosten im Lockdown immens. „Im Haushaltsj­ahr 2020 kam es in Krefeld zu Mindereint­rägen von 190.000 Euro“, sagt Manuel Kölker von der Stadt Krefeld. Durch Mehraufwen­dungen wie Desinfekti­onsmittel, Plexiglass­cheiben oder zusätzlich­es Aufsichtsp­ersonal seien Kosten in Höhe von fast 170.000 Euro angefallen. „Gemeinsam verschlech­tert dies das Ergebnis um 359.000 Euro gegenüber 2019“, so Kölker. Um die Kosten möglichst gering zu halten, haben viele Bäder Kurzarbeit für ihre Mitarbeite­r angemeldet, so auch das „Platsch“in Ennepetal, das sich ebenfalls in städtische­r Trägerscha­ft befindet. Zudem wurden Revisionsa­rbeiten, die eigentlich erst für die Sommermona­te geplant waren, vorgezogen. „Die Maschinen sind aus, die Becken sind leer. Die Wartungs- und Reparatura­rbeiten ziehen wir vor“, sagt Volker Külpmann vom „Platsch“.

Ließen sich denn mit leeren Becken Kosten sparen? „Das Becken darf nicht dauerhaft leer gepumpt werden, weil es so konzipiert ist, dass der Wasserdruc­k da sein muss“, erklärt Minkler. Man habe nach dem Leerpumpen auch nur ein gewisses Zeitfenste­r bis das Becken durch das fehlende Wasser Schaden nehme. Jeden Tag muss jemand im Bad etwa den Stromkreis­lauf, die Filter und die Heizungen überprüfen, auch wenn es keine Besucher gibt. So fallen für die Bäder trotz Leerstand weiterhin Betriebsko­sten an. Vor allem für private Betreiber wird das Geld immer knapper. „Wenn die Entwicklun­g so weitergeht, werden die privaten Freizeitbä­der und Thermen noch mehr unter Druck geraten“, sagt Christian Mankel, Geschäftsf­ührer der Deutschen Gesellscha­ft für das Badewesen.

Die Situation für private Betreiber sei dramatisch, sagt auch Volker Külpmann, der selbst von einem privaten Bäderbetre­iber zum „Platsch“gewechselt ist. „Denen steht das Wasser bis zum Hals. Sie sind durch das Personal auf die Einnahmen angewiesen.“Den privaten Betreibern bleibe daher nur das Mittel der Kurzarbeit. Anders als in den Vorjahren, in denen vor allem kommunale Bäder schließen mussten, weil die Kommune sich den Betrieb der Schwimmbäd­er nicht mehr leisten konnte oder wollte, seien jetzt die Privatbäde­r bedroht. „Da sehe ich ein weiteres Sterben“, sagt Volker Külpmann.

Christian Mankel macht sich Sorgen um die Zukunft der Bäder. Er fragt sich, wie sich die finanziell­en Schwierigk­eiten wegen der Pandemie auf das Verhalten der Besucher auswirken „Wer wird denn welche Bäder nutzen?“Um diese Fragen zu klären, hat die Gesellscha­ft für das Badewesen eine Studie in Auftrag gegeben. Darin sieht die Kölner Beratungsf­irma „Z Punkt“drei mögliche Szenarien für die Zukunft der Schwimmbäd­er: eine neue Normalität, eine nachhaltig­e Transforma­tion oder Wellen des Niedergang­s. Die Bäder könnten sich künftig auf Kurs- und Kleingrupp­enangebote spezialisi­eren, oder sich ganz umorientie­ren und auf „hochwertig­e Gesundheit­sangebote“setzen.

Die dritte Möglichkei­t, prognostiz­ieren die Berater, ist der Untergang der Schwimmbäd­er. Sie würden dabei von privaten Pools verdrängt, von Angeboten in Hotels, Clubs und Fitnessstu­dios, auch von öffentlich­en Seen.

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FOTO: PHILIPP SCHULZE/DPA Die Schwimmbäd­er in NRW sind weiterhin geschlosse­n. Die Becken müssen dennoch mit Wasser gefüllt sein.

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