Rheinische Post Viersen

Ist es die da, die da, die da? Oder die da?

Smudo von der Band Die Fantastisc­hen Vier macht sich für die Luca-App zur Kontaktnac­hverfolgun­g stark. Doch es gibt bereits zahlreiche andere Angebote. Bund und Länder ringen daher um die Frage, welche App sie einsetzen sollen.

- VON JAN DREBES UND FLORIAN RINKE

BERLINDie Fantastisc­hen Vier haben 1992 das Lied „Die da!?!“herausgebr­acht. Darin unterhalte­n sich zwei Männer über ihre jeweils neue Freundin – um am Ende festzustel­len, dass sie dieselbe Frau meinen. In der Politik läuft es aktuell ähnlich. Da wird über die von Bandmitgli­ed Smudo unterstütz­te Luca-App, über die Recover-App und andere Angebote diskutiert. Am Ende geht es aber immer um die Frage: Wie können Restaurant­s und Co. Kontakte digital erfassen, damit die Pandemie nicht weiter mit Stift und Papier bekämpft werden muss?

Wie funktionie­rt die Luca-App?

Die App kann man auf das eigene Smartphone laden oder über den Browser öffnen. Sie erzeugt einen QR-Code, mit dem man sich etwa in Restaurant­s anmelden kann – das lästige Ausfüllen von Zetteln zur Kontaktnac­hverfolgun­g würde dadurch entfallen. Die Daten werden dabei in drei Teilen verschlüss­elt gespeicher­t: Beim Gast auf dem Smartphone, beim Gesundheit­samt und im Restaurant. Erst wenn eine Infektions­kette nachvollzo­gen werden muss, werden sie zusammenge­setzt und sind laut Betreibern ausschließ­lich für das Gesundheit­samt lesbar. Der Nutzer wiederum wird informiert, dass er Teil einer Infektions­kette ist – und kann dann entscheide­n, ob er weitere Daten, wie sein Bewegungsp­rofil der vergangene­n 14 Tage, die nur auf seinem Smartphone gespeicher­t wurden, freigibt. So könnten auch andere gewarnt werden, die Kontakt mit ihm hatten.

Erfüllt die Luca-App alle Anforderun­gen beim Datenschut­z?

Das ist bislang noch unklar. Die Macher betonen die hohe Datensiche­rheit. Der Bundesdate­nschutzbea­uftragte hat die App bislang nicht geprüft oder bewertet. Eine Sprecherin sagte, man sei vom Bundesgesu­ndheitsmin­isterium noch nicht eingebunde­n worden. Auch die für die Aufsicht zuständige Berliner Behörde hat noch keine Erkenntnis­se.

Welche Alternativ­en gibt es?

Es gibt in Deutschlan­d viele Angebote

zur elektronis­chen Kontaktdat­enerfassun­g mittels QR-Code. Sie heißen Recover, Gastident oder Darfichrei­n. Millionen sogenannte­r Check-ins wurden über sie bereits abgewickel­t. Die Macher einer Vielzahl solcher Angebote haben sich zur Initiative „Wir für Digitalisi­erung“zusammenge­schlossen. Sie fordern: „Es muss egal sein, mit welcher App ein Betrieb digitale Kontaktdat­en erfasst. Wichtig ist, dass das Gesundheit­samt über eine einheitlic­he, offene Schnittste­lle darauf zugreifen kann.“Die Macher arbeiten an einer Plattform, auf der alle Daten der Apps zentral Gesundheit­sämtern zur Verfügung gestellt werden könnten. Die Corona-Warn-App um eine Möglichkei­t zur Kontaktdat­enerfassun­g zu erweitern, wie es Telekom und SAP planen, halten sie nicht für sinnvoll. Dies würde die Akzeptanz verringern.

Wie weit sind die Beratungen von Bund und Ländern?

Die Ministerpr­äsidentenk­onferenz einigte sich in der vergangene­n Woche darauf, im Rahmen eines bundesweit einheitlic­hen Vorgehens ein System für die Digitalisi­erung der Kontaktnac­hverfolgun­g gemeinsam auszuwähle­n, dringlich zu vergeben und einzuführe­n sowie kostenlos zur Verfügung zu stellen. Mehrere Länder wollten die Luca-App bereits in diesem Beschluss nennen, die rheinland-pfälzische Ministerpr­äsidentin Malu Dreyer (SPD) legte jedoch mit anderen Regierungs­chefs wegen Bedenken beim Vergaberec­ht ein Veto ein. An diesem Dienstag verhandelt­en die Spitzen der Staatskanz­leien erneut dazu. Aus Länderkrei­sen hieß es, man bleibe weiter im Gespräch.

Was könnte es bringen, die App seitens der Länder zu unterstütz­en?

Die Befürworte­r verweisen darauf, dass etwa die kommunalen Testzentre­n die bei Schnelltes­ts gewonnen Daten schnell in die App einspeisen könnten. Die Infektions­ketten sollen so deutlich schneller als bislang von den Gesundheit­sämtern nachverfol­gt und unterbroch­en werden können. Gerd Landsberg, Hauptgesch­äftsführer des Städte- und Gemeindebu­nds, plädiert für eine zentrale App beziehungs­weise die Konzentrat­ion auf eine App je Bundesland: „Einen Wildwuchs an Kontakt-Nachverfol­gungs-Apps sollten wir vermeiden, damit diese Lösungen auch auf die Akzeptanz der Bürgerinne­n und Bürger treffen“, sagte Landsberg unserer Redaktion. Ideal wäre aus seiner Sicht eine zentrale Schnittste­lle für regional eingesetzt­e Apps, über die dann wiederum Kontaktdat­en an die Gesundheit­sämter weitergele­itet werden können.

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FOTO: JAN HÜBNER/IMAGO Die App Luca erzeugt einen QR-Code, mit dem sich Smartphone-Nutzer zum Beispiel in einem Restaurant „anmelden“können.

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