Lockerungen für Altenheime in NRW
Laut Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann herrscht in den Pflegeeinrichtungen eine Herdenimmunität. Die niedergelassenen Ärzte sorgen sich derweil um den von Bund und Ländern angepeilten Impfstart in den Praxen.
DÜSSELDORF Die Seniorenheime in Nordrhein-Westfalen kehren wieder zur Normalität zurück. Personal und Bewohner seien überwiegend geimpft, es herrsche „Herdenimmunität in Altenheimen“, sagte NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) am Donnerstag. Die strenge Maskenpflicht werde aufgehoben, ebenso die Pflicht für die Bewohner, sich regelmäßig testen zu lassen. Auch solle es ab sofort wieder Angebote wie gemeinsames Singen, Basteln oder Gymnastik geben. Fünf Besucher plus Kinder unter 14 Jahren seien erlaubt, diese müssten sich allerdings testen lassen – ebenso wie das Pflegepersonal. Am 23. Dezember habe es in NRW etwa 5000 mit Corona infizierte Bewohner in den Einrichtungen geben, derzeit seien es noch 400.
Die Regeln für Pflegeeinrichtungen hatten viel Kritik ausgelöst, weil es monatelang dennoch nicht gelungen war, die Heime ausreichend zu schützen, häufige Corona-Ausbrüche waren die Folge.
Als Nächstes sollen rund 65.000 Menschen mit dem Pflegegrad vier oder fünf zu Hause geimpft werden, wie Laumann nach der Konferenz der Landesgesundheitsminister mit Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) berichtete. Zu ihnen kämen Hausärzte oder mobile Teams. Außerdem könnten Menschen in diesen Pflegestufen, die über 70 Jahre alt und chronisch krank seien, zwei enge Betreuer bestimmen, die ebenfalls und möglichst zum gleichen Zeitpunkt geimpft würden. Auch Schwangere dürfen ab 29. März zwei Kontaktpersonen bestimmen.
Chronisch Kranke wie Diabetiker, Krebs- oder Alzheimer-Patienten erhalten ab Ende März von ihren Hausärzten ein Impfangebot. Für diese Gruppe von ein bis zwei Millionen Menschen will das Land Ende März zunächst 150.000 Impfdosen an die Hausarztpraxen liefern. Sie würden dort dann als Erste geimpft, an den Impfzentren will das Land zusätzlich festhalten. Ab Anfang April folgt die Terminvergabe für über 70-Jährige. Ihnen soll jahrgangsweise – die Ältesten zuerst – ein Impfangebot gemacht werden. Laumann bekräftigte, dass jeder Bürger bis zum 21. September an die Reihe kommen soll.
Der Chef der Ständigen Impfkommission (Stiko), Thomas Mertens, geht hingegen nicht davon aus, dass alle Bürger in diesem Jahr ein
Impfangebot bekommen. Vor allem die Impfung der Kinder werde sich wegen der noch ausstehenden Studien noch hinziehen.
Die niedergelassenen Ärzte ziehen in Zweifel, dass es zum Impfstart in den Praxen im April tatsächlich kommt. Die Politik wolle laut Gesundheitsministerbeschluss zuerst die Impfzentren mit Impfstoffen ausstatten, erst danach folgten die Praxen mit den übrig gebliebenen Resten, kritisierte die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV ). „Wir befürchten, dass mit diesem Beschluss das wohnortnahe, flächendeckende und schnelle Impfen in den Praxen im April nicht mehr stattfinden wird“, warnte Andreas Gassen, Chef der KBV. „Wenn wir aber eines nicht haben, dann ist es Zeit. Wir müssen schnell und konsequent impfen. Das geht nur mit den Praxen der niedergelassenen Hausärzte und Fachärzte.“Fünf Millionen Impfungen in der Woche seien machbar.
In Nordrhein-Westfalen wird aktuell vor allem der Impfstoff von
Astrazeneca verimpft. In dieser Woche seien 200.000 Dosen in NRW angekommen. Bis Ende März sollen alle derzeit vorrätigen Dosen des britisch-schwedischen Pharmakonzerns verimpft worden sein. Zu Berichten, dass Dänemark nach schweren Fällen von Blutgerinnseln die Verimpfung des Mittels von Astrazeneca pausiere, sagte Laumann, er sei froh, dass der Impfstoff jüngst gerade an Vertrauen gewonnen habe und hoffe, dass es zu keinen weiteren Verunsicherungen komme. Bislang werde davon ausgegangen, das Astrazeneca ein „sehr gut zu verimpfender Stoff“sei.
Zuversichtlich äußerte sich der Minister auch zum Testen: „Tests stehen ausreichend zur Verfügung.“Testen könnten Apotheken, Zahnärzte und Drogerien mit geschultem Personal. Wichtig sei, dass die Gesundheitsämter über jeden positiven Corona-Test informiert würden. Diese Meldeverpflichtung sei entscheidend, um einen Überblick über das Testgeschehen zu behalten.