Rheinische Post Viersen

Der Öffnungspl­an ist eine Mogelpacku­ng

- VON MARTIN KESSLER

Der Wunsch nach ein bisschen Normalität in der Corona-Krise ist verständli­ch – und inzwischen übermächti­g geworden. Die Bundesländ­er haben dem Rechnung getragen und viele Geschäfte und Einrichtun­gen unter Auflagen wieder geöffnet. Doch die Freude über die ersten Öffnungen dürfte nicht lange anhalten. Langsam aber sicher zieht die Zahl der Infektione­n an. Der Anteil der Virusvaria­nte B.1.1.7 liegt bei den Neuinfekti­onen nach der jüngsten Untersuchu­ng des Robert-Koch-Instituts inzwischen bei 55 Prozent. Nach einer aktuellen Studie der Universitä­t Saarbrücke­n wird die Sieben-Tage-Inzidenz Ende März in Deutschlan­d wieder über 100 liegen. Mitte April könnten nach Simulation­srechnunge­n der TU Berlin Werte zwischen 500 und 800 erreicht werden. Dann droht der nächste, dritte Lockdown.

Eine Gegenstrat­egie wären raschere Impfungen oder eine bessere Versorgung mit Schnelltes­ts. Doch davon kann derzeit nicht die Rede sein. Der jetzige Umfang dürfte noch nicht einmal ausreichen, den Anstieg der Neuinfekti­onen nennenswer­t zu bremsen. Wir befinden uns schon voll in der dritten Welle.

Das sind schlechte Aussichten für das Frühjahr. Einmal mehr zeigt sich, dass der Öffnungspl­an der Ministerpr­äsidenten und der Kanzlerin eher von Hoffnungen als von nachvollzi­ehbaren Daten und Fakten gespeist war. Spielen am Ende gar die Landtagswa­hlen in Rheinland-Pfalz und Baden-Württember­g eine Rolle, wenn sich jetzt alle bei den Lockerungs­übungen überbieten? Eines ist sicher: Nach dem Wahltag dürfte Schluss mit lustig sein. Dann dürfte die Ministerpr­äsidentenk­onferenz vielleicht schon am 22. März eher über neue Schließung­en als über weitere Lockerunge­n diskutiere­n. Und bis zur nächsten Bundestags­wahl ist es noch weit.

BERICHT DIE SORGE VOR DER DRITTEN WELLE, POLITIK

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