Rheinische Post Viersen

Reul sieht keine rechtsextr­eme Unterwande­rung bei der Polizei

Die internen Ermittlung­en aufgrund der rassistisc­hen Chatgruppe­n ergeben landesweit 186 Verdachtsf­älle. Die Grünen sehen ein strukturel­les Problem.

- VON KIRSTEN BIALDIGA

DÜSSELDORF NRW-Innenminis­ter Herbert Reul (CDU) hat nach internen Ermittlung­en keine Erkenntnis­se darüber, dass es rechtsextr­emistische Netzwerke größeren Ausmaßes in der Landespoli­zei gibt. „Nach jetzigem Stand ist es nicht so, dass die Polizei von Rechtsextr­emen unterwande­rt ist“, sagte Reul bei der Vorlage eines Zwischenbe­richts, der sich mit rechtsextr­emen Chatgruppe­n und sonstigen Umtrieben bei der Polizei auseinande­rsetzen soll. Dennoch zeige der Bericht, dass viele Hausaufgab­en zu erledigen seien.

Insgesamt gibt es den Angaben zufolge aktuell 186 Verdachtsf­älle von Rechtsextr­emismus bei der Polizei, davon die große Mehrzahl von 170 gegen Polizeibea­mte. Weitere Fälle betreffen Verwaltung­sbeamte und elf Regierungs­beschäftig­te. Verfahren gegen vier Mitarbeite­r des Verfassung­sschutzes werden gesondert geführt. Die Ermittlung­en führten bislang zu 273 Straf- und Disziplina­rverfahren, von denen 72 abgeschlos­sen sind. Die gegenüber den Verdachtsf­ällen höhere Zahl erklärt sich den Angaben zufolge daraus, dass ein Fall mehrere Verfahren nach sich ziehen kann.

Reul hatte die Sonderunte­rsuchung veranlasst, nachdem Polizisten aus Essen und Mülheim an der Ruhr im vergangene­n Jahr in rechtsextr­emen Chatgruppe­n aufgefalle­n waren. Eine der Chatgruppe­n hieß „Alphateam“, ein Kegelclub nannte sich „Kunta Kinte“– nach einem schwarzen Sklaven aus dem Roman und der gleichnami­gen Fernsehser­ie „Roots“. Als Konsequenz hatte der Minister den stellvertr­etenden Verfassung­sschutz-Chef Uwe Reichel-Offermann zum Sonderbeau­ftragten im Kampf gegen Rechtsextr­emismus bei der Polizei ernannt und ihn beauftragt, ein Lagebild zu erstellen. Besonders bitter sei, so Reul, dass sechs Kommissara­nwärter entlassen werden mussten, insgesamt 13 standen unter Verdacht.

Auch in anderen Bereichen sei noch mit einer ganzen Reihe von Entfernung­en aus dem Dienst zu rechnen. Ebenso wurde gegen 13 Führungskr­äfte ermittelt – insgesamt seien die oberen Laufbahnen aber unterpropo­rtional betroffen. Auch seien rechtsextr­emistische Gesinnunge­n in der Polizei weitgehend ein männliches Phänomen. Nur in Ausnahmefä­llen hätten die betroffene­n Polizisten auch Kontakt zu rechtsextr­emistische­n Organisati­onen

gehabt. In Verdacht geraten seien die meisten wegen Chats und diskrimini­erenden, rassistisc­hen oder den Nationalso­zialismus verherrlic­henden Äußerungen.

Grünen-Co-Fraktionsc­hefin Verena Schäffer sagte im Innenaussc­huss, es sei unerheblic­h, dass es keine rechtsextr­emen Netzwerke in der Polizei gebe: „Damit hat auch niemand gerechnet.“Vielmehr zeige der Bericht deutlich, wie verbreitet rechtsextr­emistische Einstellun­gen bei der Polizei seien. „Wir müssen darüber reden, dass es hier um strukturel­len Rassismus geht“, sagte Schäffer.

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FOTO: DPA NRW-Innenminis­ter Herbert Reul (CDU) beim Innenaussc­huss.

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