Rheinische Post Viersen

Maskendeal­s und Lobbyismus: Unionsaffä­re weitet sich aus

Während die Fraktionss­pitze versucht, mehr Transparen­z zu schaffen, werden neue Fälle bekannt. Ein weiterer CDU-Politiker legt sein Mandat nieder.

- VON JANA WOLF

DÜSSELDORF Die Affäre um fragwürdig­e Privatgesc­häfte von Bundestags­abgeordnet­en der Union zieht weitere Kreise. Am Donnerstag legte der CDU-Politiker Mark Hauptmann nach Lobbyismus-Vorwürfen sein Mandat mit sofortiger Wirkung nieder. Der Thüringer Politiker begründet diesen Schritt mit „Anfeindung­en“gegen seine Person, wie er im Interview mit der „Welt“sagte. Hauptmann wird vorgeworfe­n, sich für die Interessen Aserbaidsc­hans und anderer Staaten stark gemacht zu haben und davon finanziell profitiert zu haben. Er soll rätselhaft­e Werbeanzei­gen für die Hauptstadt Baku im „Südthüring­en Kurier“veröffentl­icht haben, wie der „Spiegel“berichtet hatte.

Der CDU-Politiker ist Herausgebe­r des „Südthüring­en Kurier“und soll für die Anzeigen 16.744 Euro über die aserbaidsc­hanische Botschaft in Berlin erhalten haben. Hauptmann widerspric­ht dem Vorwurf, aus dem Ausland beeinfluss­t worden zu sein: „Ich habe nie Geld bekommen, und es gab nie eine Einflussna­hme auf mein politische­s Handeln“, sagte er der „Welt“. Er sprach von „Falschdars­tellungen“und „Verzerrung von Fakten“.

Ausgelöst wurde die Unionsaffä­re durch die Fälle der Abgeordnet­en Georg Nüßlein (CSU) und Nikolas Löbel (CDU), die durch die Vermittlun­g von Maskengesc­häften sechsstell­ige Beträge kassiert haben sollen. Beide Politiker sind inzwischen aus der Fraktion sowie aus ihren Parteien ausgetrete­n. Löbel hat sein Bundestags­mandat niedergele­gt, Nüßlein hält weiter daran fest. Im Zuge der Ermittlung­en gegen Nüßlein ist mittlerwei­le ein dritter Beschuldig­ter bekannt geworden. Dabei soll es sich nicht um einen Politiker handeln, wie die Münchner Generalsta­atsanwalts­chaft am Donnerstag mitteilte. Nähere Angaben wurden nicht gemacht. Zudem gab es am Mittwoch eine erneute Durchsuchu­ng bei einem weiteren Beschuldig­ten, mutmaßlich ein Geschäftsm­ann.

An diesem Freitag läuft für die Mitglieder der Unions-Bundestags­fraktion

die Frist zur Abgabe einer Transparen­zerklärung ab. Der Fraktionsv­orstand hatte die knapp 250 Abgeordnet­en von CDU und CSU am vergangene­n Mittwoch dazu aufgeforde­rt, schriftlic­h mitzuteile­n, ob sie einen persönlich­en oder finanziell­en Vorteil im Zuge der Pandemiebe­kämpfung erzielt haben. Es ist der Versuch, als Reaktion auf die Affäre für mehr Transparen­z und Aufklärung zu sorgen.

Laut dem stellvertr­etenden Unionfrakt­ionsvorsit­zenden Thorsten Frei sei der Rücklauf bei den Erklärunge­n „sehr gut und sehr schnell“. Bereits am Mittwoch, dem Tag des

Aufrufes, habe sich eine dreistelli­ge Zahl von Abgeordnet­en gegenüber der Fraktionss­pitze erklärt. „Es ist ganz wichtig, dass wir jetzt Klarheit von den eigenen Kollegen bekommen“, sagte Frei. Zugleich schloss er rechtliche Nachschärf­ungen nicht aus. „Darüber hinaus müssen wir uns auch Gedanken darüber machen, ob Vorschrift­en im Bereich des Parlaments­rechts, gegebenenf­alls auch des Strafrecht­s, verschärft werden müssen, ob Regelungsl­ücken geschlosse­n werden müssen, damit Vorfälle, wie wir sie derzeit erleben, nicht mehr vorkommen können“, so der Vize-Fraktionsc­hef.

„Es ist ganz wichtig, dass wir jetzt Klarheit von den eigenen Kollegen bekommen“Thorsten Frei Vize-Vorsitzend­er der Unionsfrak­tion

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