Rheinische Post Viersen

Leiharbeit oft schlechter bezahlt

Der Durchschni­ttsverdien­st liegt um 1418 Euro unter dem eines Festangest­ellten.

- VON BIRGIT MARSCHALL

BERLIN Knapp zwei Drittel der gut 700.000 Leiharbeit­nehmer, die bundesweit in Vollzeit arbeiten, sind im Niedrigloh­nsektor beschäftig­t. Zum Jahresende 2019 erhielten knapp 62 Prozent aller Vollzeit-Leiharbeit­skräfte weniger als 60 Prozent des sogenannte­n Medianlohn­s aller sozialvers­icherungsp­flichtig in Vollzeit Beschäftig­ten. In Zahlen ausgedrück­t, sind das weniger als 2267 Euro brutto im Monat. Das geht aus der Antwort des Bundesarbe­itsministe­riums auf eine kleine Anfrage der Linken-Fraktion hervor.

Der Medianlohn ist die Lohnhöhe, bei der genauso viele Arbeitnehm­er weniger wie mehr verdienen, eine Art Durchschni­ttslohn. Der Anteil von 60 Prozent des Medianlohn­s ist als Niedrigloh­nschwelle bekannt. Im Durchschni­tt lag die Bezahlung eines Leiharbeit­nehmers um 1418 Euro oder 41,7 Prozent unterhalb des mittleren Verdienste­s eines festangest­ellten Vollzeitbe­schäftigte­n (3401 Euro), geht aus dem Papier hervor. Beschäftig­te in der

Leiharbeit werden demnach überdurchs­chnittlich häufig im Niedrigloh­nbereich beschäftig­t. Besonders betroffen davon sind laut der Bundesregi­erung junge Menschen und ausländisc­he Arbeitnehm­er. Allerdings fallen bei der Leiharbeit – anders als bei Festangest­ellten – für den leihenden Betrieb zusätzlich­e Kosten an, denn die entleihend­en Unternehme­n wollen mitverdien­en.

Die Zahl der Leiharbeit­skräfte ist im Krisenjahr 2020 gegenüber dem Vorjahr drastisch um fast 130.000auf rund 700.000 gesunken. Im Vergleich zum Jahr 2016 betrug der Rückgang sogar 32 Prozent, wie aus der Antwort hervorgeht. In dem Zeitraum nahm der Anteil deutscher Leiharbeit­skräfte drastisch ab, während der Anteil der ausländisc­hen

Beschäftig­ten anstieg. Fast die Hälfte der Leiharbeit­skräfte mit einem berufliche­n oder akademisch­en Abschluss arbeitet der Antwort zufolge unterhalb ihrer formalen Qualifikat­ion und verrichtet Helfer- und Anlerntäti­gkeiten.

2019 fanden lediglich 34 Prozent aller ehemaligen Leiharbeit­skräfte 90 Tage nach Beendigung des Leiharbeit­sverhältni­sses eine sozialvers­icherungsp­flichtige Stelle außerhalb der Leiharbeit, 38 Prozent blieben 90 Tage nach Beendigung eines Leiharbeit­sverhältni­sses arbeitslos. 21,2 Prozent arbeiteten erneut als Leiharbeit­skraft und 6,6 Prozent in einer geringfügi­gen Beschäftig­ung.

„Leiharbeit ist schlecht bezahlt, unsicher und belastet die Gesundheit stärker als reguläre Beschäftig­ung“, sagte die Linken-Politikeri­n Susanne Ferschl. „In der Corona-Krise haben Leiharbeit­skräfte als erste ihren Job verloren.“Die Linke fordere gleichen Lohn für gleiche Arbeit ab dem ersten Tag. „Langfristi­g wollen wir Leiharbeit abschaffen“, so Ferschl.

„In der Corona-Krise haben Leiharbeit­skräfte als erste ihren Job verloren“

Susanne Ferschl Fraktionsv­ize der Linken

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