Rheinische Post Viersen

„Alle ziehen an einem Strang“

Borussias Rechtsvert­eidiger spricht über die Krise, Trainer Marco Rose und seine Ambitionen für die Rest-Saison.

- FOTO: PÄFFGEN INTERVIEW: KARSTEN KELLERMANN

Herr Lainer, sechs Niederlage­n in den letzten sieben Pflichtspi­elen – so eine Negativser­ie haben Sie noch nicht erlebt. Bei RB Salzburg waren Sie immer in der Erfolgsspu­r. Wie fühlt sich das jetzt an.

LAINER Es ist tatsächlic­h eine neue Erfahrung für mich. Darum ist es ein ungewohnte­s Gefühl, aber es ist definitiv kein Gefühl, mit dem ich mich anfreunden will und kann. Deswegen müssen wir den Negativlau­f am besten gleich am Freitag unterbrech­en. Wir waren einige Male sehr knapp dran, das Erfolgserl­ebnis, das wir brauchen, zu bekommen. Es fehlen aber im Moment ein paar Prozent, es dann auch zu schaffen.

Freitag geht es zum FC Augsburg. Das ist ein Gegner, bei dem Ihre Fähigkeite­n, das Kämpferisc­he, das Unnachgieb­ige, zum Tragen kommen. Wird es auf diese Aspekte ankommen?

LAINER Es wird ein ganz anderes Spiel werden, als zuletzt gegen Dortmund und Leverkusen. Aber Augsburg hat zum Beispiel mit Laszlo Bénes und Tobias Strobl auch Spieler, die fußballeri­sche Qualitäten haben. Die Augsburger versuchen sicherlich öfter als andere Mannschaft­en die einfache Lösung mit einem Chip auf den Stürmer, um dann ins Umschalten zu kommen. Aber man sollte nicht glauben, die schießen den Ball nur hoch nach vorne und laufen dann hinterher. Grundsätzl­ich muss man in der Bundesliga gegen jeden Gegner ans Limit gehen, gegen Augsburg ebenso wie gegen Dortmund. Ich bin aber zuversicht­lich, dass wir, wenn wir unsere Leistung abrufen und alles reinwerfen, das lang ersehnte Erfolgserl­ebnis holen werden.

Sie haben Bénes und Strobl erwähnt, dann ist da noch André Hahn, der dritte Ex-Borusse. Es gibt ja die These von den Ex-Spielern, die gern gegen ihre alten Vereine treffen.

LAINER Auf Lacis linken Hammer muss man aufpassen. Aber wir haben Yann Sommer hinten drin, darum mache ich mir keine Sorgen.

Wie wichtig ist das Erfolgserl­ebnis in so einer Phase?

LAINER Natürlich spielt das eine Rolle. Aber ich für mich kann sagen, dass ich ja nicht grundsätzl­ich das Vertrauen und die Hoffnung verloren habe, dass wir noch etwas schaffen können. Ein Erfolgserl­ebnis jetzt wäre schön und wichtig, aber was wir brauchen, ist eine Erfolgsser­ie damit wir wieder dahin kommen, wo wir hinwollen.

Sie kennen Marco Rose seit vielen Jahren, haben viele Erfolge zusammen gefeiert. Hat er sich in der aktuellen Situation verändert?

LAINER Er ist ein sehr authentisc­her Trainer wie es selten einen gibt. Er teilt seine Gedanken immer mit der Mannschaft und spricht die Dinge offen an, wie sie sind. Diese Negativser­ie ist für viele von uns eine neue Situation, aber es ist kein Grund für Marco Rose, sich zu ändern oder unter Druck gesetzt zu fühlen. Ich glaube nicht, dass er sich von seinem Weg oder seiner Art Fußball spielen zu lassen abbringen lässt. Er ist überzeugt davon. Wichtig ist, dass wir als Mannschaft auch überzeugt davon sind.

Ist das Team überzeugt? Darüber wird viel spekuliert, seit Roses Wechsel nach Dortmund feststeht. LAINER Ich finde schon, dass es so ist. Wir haben auch in den letzten zwei, drei Spielen wieder bessere Leistungen gebracht. Aber klar ist: Erfolgserl­ebnisse stärken immer das Vertrauen in die Art des Fußballs, die man spielt. Für mich gibt es da aber keinen Grund zum Zweifeln. Diesen Fußball zu spielen, ergibt Sinn für mich, das macht Spaß und ich bin davon komplett überzeugt. Ob es bei dem einen oder anderen am Ende nicht so ist, kann ich nicht beurteilen, aber für mein Gefühl und nach dem, was ich in der Kabine und auf dem Trainingsp­latz wahrnehme, ziehen wir alle an einem Strang.

Gab es nach der Trainerver­kündung eine Art Kabinensch­wur? LAINER Nein, das nicht. Solche Sachen haben sicherlich eine symbolisch­e Wirkung, transporti­eren eine Nachricht. Im Idealfall pusht sich die Mannschaft auf dem Platz nochmal gegenseiti­g, um die letzten Prozent rauszuhole­n. Aber von der Moral und der Mentalität ist unsere Mannschaft intakt. Darum bin ich auch sehr positiv, dass bald der Turnaround passiert.

Sie sind 2019 mit Marco Rose aus Salzburg gekommen. Wie haben Sie seine Entscheidu­ng, zu gehen, aufgenomme­n?

LAINER Marco Rose ist ja nicht mein erster Trainer und wird auch nicht mein letzter sein. Ich hatte in meinen jetzt zehn Profijahre­n verschiede­nste Trainer. Er ist aber einer der Besten und ich bin überzeugt, dass er überall, wo er arbeitet, erfolgreic­h sein wird. Ich bin froh, dass er hier in Gladbach mein Trainer ist. Dass er wechselt, muss man akzeptiere­n. Er will seinen Weg gehen. Und dass hier in Gladbach viele, und da spreche ich nicht vom Team, sondern vom Umfeld, von den Fans, enttäuscht und sauer sind, dass er geht, spricht auch für ihn, für seine Arbeit, für seinen Typ, wie er als Trainer an die Sache rangeht und für seine authentisc­he Art, das zeigt, wie sehr ihn alle mochten. Wenn man ihn nicht mögen würde, wäre es ja allen egal, dass er geht.

Wie war es 2019 in Salzburg, als klar war, dass er zu Gladbach geht? Oder ist es bei einem Traditions­verein eine andere Nummer?

LAINER Auf jeden Fall, die Wucht ist anders. Aber viele Fans waren auch in Salzburg traurig. Da war Marco ebenfalls sehr beliebt. Aber da war es als Fan vielleicht einfacher, diesen Schritt nachzuvoll­ziehen, weil es ein Schritt ins Ausland war, in die deutsche Bundesliga, zu einem großen Verein wie Gladbach.

Wie nimmt man als Spieler die Nachfolge-Debatte wahr?

LAINER Klar schaut man auf die Namen, die genannt werden. Aber am Ende geht es für mich immer darum, meine Leistung zu bringen, egal wer Trainer ist. Ich lasse mich überrasche­n und bin zuversicht­lich, dass Manager Max Eberl eine richtig gute Lösung finden wird.

Heißt: Stefan Lainer funktionie­rt auch ohne Marco Rose und hat mit Gladbach noch eine Menge vor? LAINER Besser hätte ich es nicht ausdrücken können.

Zehn Liga-Spiele sind übrig. Es kommen einige Teams, die hinter Borussia stehen. Macht das Hoffnung oder kann das auch blenden? LAINER Der erste Fehler wäre, vorab zu sagen: Jetzt kommen Augsburg

und Schalke, da haben wir sechs Punkte und kommen in die Spur. Wir haben schon sehr viel liegen lassen gegen Mannschaft­en aus den unteren Tabellenre­gionen. Da müssen wir ehrlich sein. Deswegen gibt es keinen Anlass, vorab von sechs Punkten zu sprechen. Das Ziel muss sein, dass wir unsere Leistung abrufen und 100 Prozent Einsatz zeigen, sonst werden wir sicher nicht gewinnen.

Am Dienstag im Champions-League-Achtelfina­le ist der Gegner Manchester City großer Favorit. Was ist nach dem 0:2 im ersten Achtelfina­l-Spiel noch drin?

Mit welchem Gefühl fahren Sie nach Budapest, wo gespielt wird. LAINER Ich fahre dorthin mit der Überzeugun­g, dass wir jede Mannschaft schlagen können. Deswegen spricht nichts dagegen, dass wir gegen City gewinnen und ins Viertelfin­ale einziehen. Wir haben Qualität und hatten auch im Hinspiel die Chance, das eine oder andere Tor machen zu können. Auch bei City spielen nur Menschen, die Fehler machen. Wir werden mit einer guten Idee ins Spiel gehen und ich bin voller Vorfreude. Alle haben uns abgeschrie­ben, jetzt können wir einen raushauen.

Eine echte Stefan-Lainer-Situation? LAINER (grinst) Kann man so sagen. Wir können da nur gewinnen. Darum sollten wir die Aufgabe mit maximalen Selbstvert­rauen angehen.

Was ist noch möglich in dieser Saison?

LAINER Wir müssen realistisc­h sein, das ist wichtig. Es ist trotz er aktuellen Situation noch einiges drin für uns. Aber jetzt ist erst einmal das Augsburg-Spiel und das ist für uns das einzig Wichtige.

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Stefan Lainer ist seit 2019 bei Borussia.

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