Händler in Sorge vor neuem Lockdown
Seit Montag dürfen Einzelhändler wieder ihre Läden öffnen, in vielen brauchen Kunden aber einen Termin. Auch Möbelhäusern können verkaufen. Wie die Geschäftsleute die erste Woche nach dem Lockdown erlebten.
VIERSEN Endlich wieder morgens die Ladentür aufschließen, drinnen Kunden beraten, Geld verdienen: Viele Einzelhändler waren am Montag einfach nur glücklich, dass der Lockdown endet und sie ihre Geschäfte öffnen dürfen. Am Ende der Woche zeigt sich nun: Es kommen zwar Kunden, mal sind es mehr, mal weniger. Und die Händler hoffen, dass es mindestens so bleibt. Doch zugleich wächst die Sorge. „Dass ich in 14 Tagen meinen Laden wieder schließen muss, weil der Inzidenz-Wert über 100 liegt, ist meine größte Angst“, sagt etwa Michaela Lenders vom Modegeschäft MannO-Mann in Viersen-Süchteln.
Bei einer stabilen Sieben-Tage-Inzidenz von unter 100 in NRW dürfen unter anderem Buchhandlungen, Baumärkte und Schreibwarengeschäfte seit Montag wieder Kunden in den Geschäften bedienen. Einzelhändler dürfen mit Terminvergabe öffnen. Die zulässige Kundenzahl hängt von der Größe der Geschäfte ab. Es gilt: pro 40 Quadratmeter ein Kunde. Die Kunden können die Termine je nach Händler zum Beispiel online oder telefonisch buchen, das Angebot nennt sich „Click and Meet“. Vor dem Start am Montag
hatte die Industrie- und Handelskammer (IHK) Mittlerer Niederrhein erklärt, Terminbuchungen im Einzelhandel führten für die meisten Einzelhändler zu keinem rentablen Geschäft. „Der innerstädtische Einzelhandel ist auf Frequenz angewiesen“, sagte IHK-Hauptgeschäftsführer Jürgen Steinmetz.
„Die Nachfrage ist schon da“, sagt Lenders, die ihren Laden im Ortszentrum von Süchteln betreibt. „Aber die Leute sind verhalten. Viele denken, wenn sie einen Termin machen, müssen sie auch etwas kaufen. Das schreckt ab.“Zwar habe sie weniger Kunden als vor dem Lockdown, dennoch: „Es war auf jeden Fall gut, dass wir wieder aufmachen durften“, betont sie.
Anne Busch von der Geschäftsleitung des Möbelhauses Trendwerk in Viersen sieht das ähnlich. „Wir haben jetzt drei Monate kompletten Stillstand gehabt. Ich glaube, da ist jedes Unternehmen froh, dass es wieder öffnen kann“, sagt sie. Dennoch verfolgt auch sie besorgt, wie sich der Inzidenz-Wert entwickelt. Im Unternehmen werde genau auf die Einhaltung der Schutzmaßnahmen geachtet, sagt sie.
Neben dem Trendwerk gehört Möbel Busch in Nettetal-Lobberich zum Unternehmen. In beiden Häusern werde „Click and Meet“gut angenommen, berichtet Busch. „Die Telefone standen in den vergangenen Tagen kaum still.“Es komme auch vor, dass Kunden am Eingang bei einem Mitarbeiter einen Termin buchen. „Wir achten darauf, dass möglichst jedem Kunden einer unserer Berater zur Seite steht“, sagt Busch. Derzeit sei deutlich spürbar, dass das Zuhause einen hohen Stellenwert einnimmt – „es ist für viele der Mittelpunkt geworden, die Kunden tätigen auch große Investitionen“. Die Frage sei nun: „Ist das ein aufgestauter Bedarf nach dem Lockdown oder bleibt die Nachfrage so?“
Bei Möbel Boss in Viersen ist die Nachfrage ebenfalls groß, wie ein Sprecher des Unternehmens berichtet.
Angelika Schroers „Wir merken, dass viele Kunden gezielt Termine machen für Küchenberatungen“, erzählt er. Warteschlangen habe es bisher vor dem Haus nicht gegeben. Mit Wärmemessgeräten am Eingang werde geprüft, dass sich nicht mehr als die zulässigen 120 Kunden im Möbelhaus
Fenja Schulz
aufhalten. Die Beschränkung der Kundenzahl sieht der Unternehmens-Sprecher nicht als Problem an, „das Haus zu öffnen, lohnt sich. Es läuft, wir sind zufrieden.“
Olga Könning vom Dülkener Spieleland berichtet ebenfalls: „Click and Meet wird gut angenommen.“Doch noch immer seien Kunden verunsichert: „Sie fragen, warum man in die Buchhandlung an der Ecke so reinspazieren darf, bei mir aber einen Termin braucht.“Derzeit mache sie 30 bis 40 Prozent weniger Umsatz, erzählt Könning. „Von Lieferanten habe ich gehört, dass ich damit schon zu den Gewinnern zähle.“Regelmäßig kontrolliere sie, wie sich der Inzidenz-Wert entwickelt. Die Angst vor dem nächsten Lockdown ist groß, „irgendwann mal sind die Rücklagen aufgebraucht“. Auch Claudia Hanak macht in ihrem Wohnaccessoires-Laden Tisch und Tuch in Süchteln nicht so viel Umsatz wie vor der Corona-Pandemie. „Aber ich stelle einen Aufwärtstrend fest“, sagt sie. Dass Einzelhändler wieder öffnen durften, „war wirklich wichtig“, ergänzt sie. „Auch für die Moral – sowohl die der Ladeninhaber als auch die der Kunden.“