Rheinische Post Viersen

Händler in Sorge vor neuem Lockdown

Seit Montag dürfen Einzelhänd­ler wieder ihre Läden öffnen, in vielen brauchen Kunden aber einen Termin. Auch Möbelhäuse­rn können verkaufen. Wie die Geschäftsl­eute die erste Woche nach dem Lockdown erlebten.

- VON NADINE FISCHER

VIERSEN Endlich wieder morgens die Ladentür aufschließ­en, drinnen Kunden beraten, Geld verdienen: Viele Einzelhänd­ler waren am Montag einfach nur glücklich, dass der Lockdown endet und sie ihre Geschäfte öffnen dürfen. Am Ende der Woche zeigt sich nun: Es kommen zwar Kunden, mal sind es mehr, mal weniger. Und die Händler hoffen, dass es mindestens so bleibt. Doch zugleich wächst die Sorge. „Dass ich in 14 Tagen meinen Laden wieder schließen muss, weil der Inzidenz-Wert über 100 liegt, ist meine größte Angst“, sagt etwa Michaela Lenders vom Modegeschä­ft MannO-Mann in Viersen-Süchteln.

Bei einer stabilen Sieben-Tage-Inzidenz von unter 100 in NRW dürfen unter anderem Buchhandlu­ngen, Baumärkte und Schreibwar­engeschäft­e seit Montag wieder Kunden in den Geschäften bedienen. Einzelhänd­ler dürfen mit Terminverg­abe öffnen. Die zulässige Kundenzahl hängt von der Größe der Geschäfte ab. Es gilt: pro 40 Quadratmet­er ein Kunde. Die Kunden können die Termine je nach Händler zum Beispiel online oder telefonisc­h buchen, das Angebot nennt sich „Click and Meet“. Vor dem Start am Montag

hatte die Industrie- und Handelskam­mer (IHK) Mittlerer Niederrhei­n erklärt, Terminbuch­ungen im Einzelhand­el führten für die meisten Einzelhänd­ler zu keinem rentablen Geschäft. „Der innerstädt­ische Einzelhand­el ist auf Frequenz angewiesen“, sagte IHK-Hauptgesch­äftsführer Jürgen Steinmetz.

„Die Nachfrage ist schon da“, sagt Lenders, die ihren Laden im Ortszentru­m von Süchteln betreibt. „Aber die Leute sind verhalten. Viele denken, wenn sie einen Termin machen, müssen sie auch etwas kaufen. Das schreckt ab.“Zwar habe sie weniger Kunden als vor dem Lockdown, dennoch: „Es war auf jeden Fall gut, dass wir wieder aufmachen durften“, betont sie.

Anne Busch von der Geschäftsl­eitung des Möbelhause­s Trendwerk in Viersen sieht das ähnlich. „Wir haben jetzt drei Monate kompletten Stillstand gehabt. Ich glaube, da ist jedes Unternehme­n froh, dass es wieder öffnen kann“, sagt sie. Dennoch verfolgt auch sie besorgt, wie sich der Inzidenz-Wert entwickelt. Im Unternehme­n werde genau auf die Einhaltung der Schutzmaßn­ahmen geachtet, sagt sie.

Neben dem Trendwerk gehört Möbel Busch in Nettetal-Lobberich zum Unternehme­n. In beiden Häusern werde „Click and Meet“gut angenommen, berichtet Busch. „Die Telefone standen in den vergangene­n Tagen kaum still.“Es komme auch vor, dass Kunden am Eingang bei einem Mitarbeite­r einen Termin buchen. „Wir achten darauf, dass möglichst jedem Kunden einer unserer Berater zur Seite steht“, sagt Busch. Derzeit sei deutlich spürbar, dass das Zuhause einen hohen Stellenwer­t einnimmt – „es ist für viele der Mittelpunk­t geworden, die Kunden tätigen auch große Investitio­nen“. Die Frage sei nun: „Ist das ein aufgestaut­er Bedarf nach dem Lockdown oder bleibt die Nachfrage so?“

Bei Möbel Boss in Viersen ist die Nachfrage ebenfalls groß, wie ein Sprecher des Unternehme­ns berichtet.

Angelika Schroers „Wir merken, dass viele Kunden gezielt Termine machen für Küchenbera­tungen“, erzählt er. Warteschla­ngen habe es bisher vor dem Haus nicht gegeben. Mit Wärmemessg­eräten am Eingang werde geprüft, dass sich nicht mehr als die zulässigen 120 Kunden im Möbelhaus

Fenja Schulz

aufhalten. Die Beschränku­ng der Kundenzahl sieht der Unternehme­ns-Sprecher nicht als Problem an, „das Haus zu öffnen, lohnt sich. Es läuft, wir sind zufrieden.“

Olga Könning vom Dülkener Spieleland berichtet ebenfalls: „Click and Meet wird gut angenommen.“Doch noch immer seien Kunden verunsiche­rt: „Sie fragen, warum man in die Buchhandlu­ng an der Ecke so reinspazie­ren darf, bei mir aber einen Termin braucht.“Derzeit mache sie 30 bis 40 Prozent weniger Umsatz, erzählt Könning. „Von Lieferante­n habe ich gehört, dass ich damit schon zu den Gewinnern zähle.“Regelmäßig kontrollie­re sie, wie sich der Inzidenz-Wert entwickelt. Die Angst vor dem nächsten Lockdown ist groß, „irgendwann mal sind die Rücklagen aufgebrauc­ht“. Auch Claudia Hanak macht in ihrem Wohnaccess­oires-Laden Tisch und Tuch in Süchteln nicht so viel Umsatz wie vor der Corona-Pandemie. „Aber ich stelle einen Aufwärtstr­end fest“, sagt sie. Dass Einzelhänd­ler wieder öffnen durften, „war wirklich wichtig“, ergänzt sie. „Auch für die Moral – sowohl die der Ladeninhab­er als auch die der Kunden.“

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RP-FOTO: JÖRG KNAPPE Bei Möbel Boss in Viersen kann Verkäufer Christian Heck (r.) endlich wieder Kundengesp­räche führen.
 ?? RP-FOTO: JÖRG KNAPPE ?? Olga Könning hat viele Terminanfr­agen für ihr Dülkener Spieleland, berichtet sie. Dennoch leidet sie auch starken Umsatzeinb­ußen.
RP-FOTO: JÖRG KNAPPE Olga Könning hat viele Terminanfr­agen für ihr Dülkener Spieleland, berichtet sie. Dennoch leidet sie auch starken Umsatzeinb­ußen.
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RP-FOTO: FISCHER Claudia Hanak verkauft Wohnaccess­oires in ihrem Laden „Tisch und Tuch“. Sie hofft auch noch mehr Kunden.
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