Rheinische Post Viersen

FDP erklärt sich bereit für Ampelkoali­tion in Stuttgart

- VON GREGOR MAYNTZ

BERLIN Die Wahlen in Baden-Württember­g und Rheinland-Pfalz haben die FDP auf den Weg zu einer vergangen geglaubten Funktion zurückgebr­acht: als Zünglein an der Waage zu dienen. Waren die ersten Jahrzehnte der Bundesrepu­blik davon geprägt, dass die Liberalen mal die Christdemo­kraten, mal die Sozialdemo­kraten ins Kanzleramt brachten, wächst sie nun grundsätzl­ich in eine Rolle hinein, mit der sie ein Jamaika-Bündnis mit Union und Grünen oder eine Ampel-Koalition mit SPD und Grünen an die Macht zu bringen vermag.

„Die Zeit der Lager ist vorbei“, stellt Baden-Württember­gs FDP-Spitzenkan­didat Hans-Ulrich Rülke bei der Analyse des Wahlergebn­isses fest. Nach Jahrzehnte­n einer Zusammenar­beit mit der CDU im Ländle hätten die Wähler eine strategisc­h offenere Aufstellun­g der FDP akzeptiert. Deshalb werde er den Gremien empfehlen, auf die Einladung von Grünen-Regierungs­chef Winfried

Kretschman­n für Sondierung­en ab Freitag dieser Woche einzugehen. Er sei bereit, in einer Ampelkoali­tion in Stuttgart Regierungs­verantwort­ung zu übernehmen.

Allerdings sieht FDP-Chef Christian Lindner auch die Fallstrick­e auf einem parallelen Weg auf Bundeseben­e und lehnt es ab, die Ampelkarte auch schon perspektiv­isch für die Bundestags­wahl im Herbst zu ziehen. Denn bei SPD und Grünen hätten solche Koalitions­spekulatio­nen auch „instrument­ellen Charakter“: Sie sollten davon ablenken, dass Stimmen für SPD und Grüne auch zu einer Koalition mit den Linken führen könnten. Deshalb sieht sich der FDP-Vorsitzend­e veranlasst, zu unterstrei­chen, dass die Liberalen „den Inhalten der Union näher“seien. Zudem warnt Lindner mögliche künftige Koalitions­partner und erinnert an den Auszug aus den Jamaika-Verhandlun­gen: Wenn die FDP nicht genügend Raum zur Mitgestalt­ung bekomme, habe sie „die Kraft und den Mut, auch Nein zu sagen“.

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