Rheinische Post Viersen

Das „Wunder vom Arno“ist das Vorbild

Es klappte nur einmal in Borussias Historie. Aber was die Gladbacher 2017 in Florenz schafften, brauchen sie nun auch im zweiten Champions-League-Achtelfina­le gegen Manchester City. Damals wurde eine Heim-Niederlage im Rückspiel noch gedreht.

- VON JANNIK SORGATZ

Wie groß ist die Wahrschein­lichkeit, dass Borussia Mönchengla­dbach nicht nur gegen Manchester City gewinnt, sondern auch mit mindestens zwei Toren Unterschie­d, um doch noch das Viertelfin­ale der Champions League zu erreichen? Als Marco Roses Mannschaft das Hinspiel mit 0:2 verlor, schien es ein komplettes Ding der Unmöglichk­eit zu sein. 0:2 hatte City am 21. November 2020 bei Tottenham Hotspur verloren, solch ein Resultat würde Borussia am Dienstag immerhin – und das wäre schon sensatione­ll – in die Verlängeru­ng bringen. Vor einer Woche endete dann auch Manchester­s überragend­e Serie mit einem 0:2 im Stadtderby gegen United. Drei Tage später erzielte auch der FC Southampto­n zwei Tore, kassierte allerdings fünf.

Nun könnte eine Mannschaft in Top-Form und mit vollem Fokus auf – blendet man alle Umstände aus – das immer noch größte Duell auf der europäisch­en Bühne seit mehr als drei Jahrzehnte­n diese Aufgabe selbstbewu­sst angehen. Aber jegliches Zutrauen in die eigenen Fähigkeite­n scheint Gladbach in den vergangene­n Wochen entglitten zu sein. Und dann ist es, unabhängig vom Gegner, ja auch immer so eine Sache mit Hinspiel-Niederlage­n im Europapoka­l. Historisch gesehen ist Borussias Bilanz in diesen Fällen allerdings gar nicht so schlecht.

Zum 15. Mal ging gegen City ein internatio­nales Hinspiel verloren, in den 14 Fällen zuvor ist Borussia noch siebenmal weitergeko­mmen. Sechsmal in Folge gelang das von 1974 bis 1981: Austria Wien, Dynamo Kiew, der VfB Stuttgart, der 1. FC Magdeburg und zweimal Wacker Innsbruck zogen noch den Kürzeren gegen die Fohlen, obwohl sie das Hinspiel für sich entschiede­n hatten. Innsbruck und Magdeburg genügte sogar ein 3:1 nicht als Vorsprung. Allerdings: In all diesen Duellen spielte Borussia zunächst auswärts und durfte das Ding dann zu Hause noch drehen.

Beide Spiele gegen Manchester werden in Budapest ausgetrage­n, aber die Uefa hat in dieser Saison keine Anstalten gemacht, die ohnehin antiquiert­e Auswärtsto­rregel außer Kraft zu setzen. Drei Tore benötigt Borussia also, um ohne Verlängeru­ng weiterzuko­mmen. Zuletzt hat City am 27. September 2020 so viele kassiert, beim 2:5 gegen Leicester City. Aber: Vergangene Saison schied Pep Guardiolas Team auf neutralen Boden nach einem 1:3 gegen Olympique Lyon im Viertelfin­ale der Champions League aus.

Historisch vergleichb­arer, wenn überhaupt, ist die Konstellat­ion also mit den fünf Fällen, in denen Borussia zuvor ebenfalls das Hinspiel zu Hause verloren hatte. Viermal schied Gladbach anschließe­nd aus. Das einzige Vorbild, das ansatzweis­e etwas taugt, ist deshalb das

Europa-League-Sechzehnte­lfinale vor vier Jahren bei der AC Florenz. 0:1 endete das Hinspiel, 0:2 lag Borussia im Rückspiel zurück. Mit einem 4:2 schaffte sie noch das „Wunder vom Arno“, Kapitan Lars Stindl traf dreimal.

Nach den 14 Hinspielpl­eiten gewann Borussia immerhin zehnmal das Rückspiel. Erst dreimal ging eine Gladbacher Mannschaft in der K.o.-Runde des Europapoka­ls in beiden Spielen als Verlierer vom Platz: 1960 gegen die Glasgow Rangers (0:3, 0:8), 1987 gegen Espanyol Barcelona (0:1, 1:4) und 2015 gegen den FC Sevilla (0:1, 2:3). Sollte es das aktuelle Team schaffen, sich nicht dort einzureihe­n, wäre das am Dienstag schon ein großer Erfolg.

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