Warum viele Gastronomen nicht öffnen
Ab dem 22. März sind Öffnungen von Außengastronomien wieder möglich. Viele Betreiber sehen aber davon ab.
MÖNCHENGLADBACH Als Bund und Länder vor zwei Wochen beschlossen, stufenweise Lockerungen im öffentlichen Leben zu ermöglichen, da meldeten sich bei Manuela Bihn-Klerx sofort die ersten Kunden. „Zwei Reservierungen habe ich schon“, sagt die Inhaberin der Gaststätte Haus Heiligenpesch, „die habe ich auch angenommen, habe aber gleich dazu gesagt: Ich weiß nicht, ob wir aufmachen“, sagt sie weiter. Theoretisch dürfte sie ihre Gaststätte nach den politischen Beschlüssen ab dem 22. März wieder öffnen. Mit der Praxis ist das aber so eine Sache. Die Vorgaben: Nur die Außengastronomie darf zunächst öffnen und die Inzidenzzahl darf landesweit die Marke 100 nicht übersteigen, derzeit liegt sie in NRW bei 81,2 – und nimmt seit Tagen kontinuierlich zu.
Aber nicht nur die steigenden Infektionszahlen verunsichern die Gastronomen. Für eine Inzidenzzahl zwischen 50 und 100 ist laut Beschluss bei Tischgruppen mit mehreren Hausständen ein „tagesaktueller Covid-19-Schnell- oder Selbsttest“erforderlich. Wo, wann und ob vor Ort die Tests zu machen und welche zulässig sind, das ist hingegen noch unklar. Michael Kolonko ist das alles viel zu schwammig. „Nehmen die Leute dann den Selbsttest von Aldi und zeigen mir denn? Muss ich dann glauben, dass auch die Person den Test gemacht hat? Und sind dann genug Tests vorrätig? Ich würde gerne aufmachen, habe aber keine Ahnung, wie das ablaufen soll“, sagt Kolonko, Inhaber vom Brauhaus zum Stefanus.
Die Stadt Mönchengladbach sagt auf Anfrage unserer Redaktion, dazu ebenfalls noch keine Informationen vorliegen zu haben. Kolonko bereitet sich daher momentan nicht auf eine Öffnung am 22. März vor – trotz großen Außenbereichs mit 120 Plätzen, die er coronakonform anbieten kann. Zumal er ohnehin seine Außengastronomie immer erst ab dem 15. April öffnet.
Das Wetter Ende März schreckt weitere Gastronomen mit Außenbereich ab. „Ein Biergarten mit acht Grad draußen? Da kommt keiner zum Essen. Man kann den Außenbereich nicht Ende März öffnen“, sagt Apostolos Kostakopoulos von Restaurant Lukullus. Er fügt an. „Wenn wir öffnen, steigen unsere Lebensmittel- und Personalkosten, ohne zu wissen, was auf uns zukommt. Das ist mir zu unsicher.“Er findet, die Lockerung helfe den Gastronomen überhaupt nicht. Er fragt daher. „Wieso können wir nicht den Innenbereich begrenzt öffnen – mit Tests? Das wäre eine Lösung.“
Der Hotel- und Gaststättenverband Dehoga hat die Lockerungsschritte bereits kritisiert und hält sie für unzureichend. „Das ist viel zu wenig für die Gastronomen. Alles,
was angeboten wird, muss sich ja auch rechnen. Und hier ist die Frage, ob das überhaupt wirtschaftlich interessant ist“, sagt Andreas Graf, Dehoga-Vorsitzender für Mönchengladbach. Sein Stimmungsbild: Die Mehrheit tendiere dazu, vor Mitte April nicht zu öffnen. Dann sind möglicherweise auch Gäste im Innenbereich erlaubt, hofft Graf. Am 22. März wollen Bund und Länder über weitere Öffnungsschritte beraten, auch über die in der Gastronomie.
Paris Houdeloudis öffnet definitiv am 22. März nicht die Außenbereiche seiner Restaurants Haus Erholung und Salinas. „Was passiert, wenn wir dann nach ein paar Tagen wieder schließen müssen?“, sagt er mit Blick auf die steigenden Infektionszahlen.
Er fügt an: „Wir haben so keine Planungssicherheit, was Warenund Personaleinsatz angeht. Deswegen warten wir erst einmal ab. Vergangenes Jahr haben wir auch innerhalb von zwei Tagen geöffnet, da können wir schnell reagieren“, sagt Houdeloudis. Er hat seine Restaurants derzeit komplett geschlossen. Auch der Bolten-Picknick-Biergarten mit rund 200 coronakonformen Plätzen öffnet aus denselben Gründen vorerst nicht.
Das Café Extrablatt am Alten Markt plant hingegen, am 22. März wieder Gäste zu empfangen. „Wir bereiten uns langsam darauf vor und kaufen Waren ein. Wir haben aber noch keine 100-prozentige Klarheit, wie es ablaufen wird“, sagt Geschäftsführer Igar Stepanow.
Die Zentrale der Kette prüfe das im Moment, man sei zudem im Austausch mit der Stadt. Leichte Bedenken aufgrund des Wetters hat aber auch Stepanow. „Der Alte Markt ist sehr windanfällig. Wir würden uns aber trotzdem freuen, auch wenn die Leute nur auf einen Kaffee kommen.“
Manuela Bihn-Klerx vom Haus Heiligenpesch bereitet sich ebenfalls provisorisch vor. Der Grünbelag wird draußen entfernt, die Fugen gekratzt. Sie hat den Lockdown zudem genutzt, um ihre Gaststätte zu renovieren: Der Fußboden ist erneuert worden, die Stühle und Tisch sind frisch gestrichen. Damit alles gut aussieht, wenn irgendwann wieder Gäste kommen. Am 22. März – oder eben später.