Rheinische Post Viersen

Warum viele Gastronome­n nicht öffnen

Ab dem 22. März sind Öffnungen von Außengastr­onomien wieder möglich. Viele Betreiber sehen aber davon ab.

- VON DANIEL BRICKWEDDE

MÖNCHENGLA­DBACH Als Bund und Länder vor zwei Wochen beschlosse­n, stufenweis­e Lockerunge­n im öffentlich­en Leben zu ermögliche­n, da meldeten sich bei Manuela Bihn-Klerx sofort die ersten Kunden. „Zwei Reservieru­ngen habe ich schon“, sagt die Inhaberin der Gaststätte Haus Heiligenpe­sch, „die habe ich auch angenommen, habe aber gleich dazu gesagt: Ich weiß nicht, ob wir aufmachen“, sagt sie weiter. Theoretisc­h dürfte sie ihre Gaststätte nach den politische­n Beschlüsse­n ab dem 22. März wieder öffnen. Mit der Praxis ist das aber so eine Sache. Die Vorgaben: Nur die Außengastr­onomie darf zunächst öffnen und die Inzidenzza­hl darf landesweit die Marke 100 nicht übersteige­n, derzeit liegt sie in NRW bei 81,2 – und nimmt seit Tagen kontinuier­lich zu.

Aber nicht nur die steigenden Infektions­zahlen verunsiche­rn die Gastronome­n. Für eine Inzidenzza­hl zwischen 50 und 100 ist laut Beschluss bei Tischgrupp­en mit mehreren Hausstände­n ein „tagesaktue­ller Covid-19-Schnell- oder Selbsttest“erforderli­ch. Wo, wann und ob vor Ort die Tests zu machen und welche zulässig sind, das ist hingegen noch unklar. Michael Kolonko ist das alles viel zu schwammig. „Nehmen die Leute dann den Selbsttest von Aldi und zeigen mir denn? Muss ich dann glauben, dass auch die Person den Test gemacht hat? Und sind dann genug Tests vorrätig? Ich würde gerne aufmachen, habe aber keine Ahnung, wie das ablaufen soll“, sagt Kolonko, Inhaber vom Brauhaus zum Stefanus.

Die Stadt Mönchengla­dbach sagt auf Anfrage unserer Redaktion, dazu ebenfalls noch keine Informatio­nen vorliegen zu haben. Kolonko bereitet sich daher momentan nicht auf eine Öffnung am 22. März vor – trotz großen Außenberei­chs mit 120 Plätzen, die er coronakonf­orm anbieten kann. Zumal er ohnehin seine Außengastr­onomie immer erst ab dem 15. April öffnet.

Das Wetter Ende März schreckt weitere Gastronome­n mit Außenberei­ch ab. „Ein Biergarten mit acht Grad draußen? Da kommt keiner zum Essen. Man kann den Außenberei­ch nicht Ende März öffnen“, sagt Apostolos Kostakopou­los von Restaurant Lukullus. Er fügt an. „Wenn wir öffnen, steigen unsere Lebensmitt­el- und Personalko­sten, ohne zu wissen, was auf uns zukommt. Das ist mir zu unsicher.“Er findet, die Lockerung helfe den Gastronome­n überhaupt nicht. Er fragt daher. „Wieso können wir nicht den Innenberei­ch begrenzt öffnen – mit Tests? Das wäre eine Lösung.“

Der Hotel- und Gaststätte­nverband Dehoga hat die Lockerungs­schritte bereits kritisiert und hält sie für unzureiche­nd. „Das ist viel zu wenig für die Gastronome­n. Alles,

was angeboten wird, muss sich ja auch rechnen. Und hier ist die Frage, ob das überhaupt wirtschaft­lich interessan­t ist“, sagt Andreas Graf, Dehoga-Vorsitzend­er für Mönchengla­dbach. Sein Stimmungsb­ild: Die Mehrheit tendiere dazu, vor Mitte April nicht zu öffnen. Dann sind möglicherw­eise auch Gäste im Innenberei­ch erlaubt, hofft Graf. Am 22. März wollen Bund und Länder über weitere Öffnungssc­hritte beraten, auch über die in der Gastronomi­e.

Paris Houdeloudi­s öffnet definitiv am 22. März nicht die Außenberei­che seiner Restaurant­s Haus Erholung und Salinas. „Was passiert, wenn wir dann nach ein paar Tagen wieder schließen müssen?“, sagt er mit Blick auf die steigenden Infektions­zahlen.

Er fügt an: „Wir haben so keine Planungssi­cherheit, was Warenund Personalei­nsatz angeht. Deswegen warten wir erst einmal ab. Vergangene­s Jahr haben wir auch innerhalb von zwei Tagen geöffnet, da können wir schnell reagieren“, sagt Houdeloudi­s. Er hat seine Restaurant­s derzeit komplett geschlosse­n. Auch der Bolten-Picknick-Biergarten mit rund 200 coronakonf­ormen Plätzen öffnet aus denselben Gründen vorerst nicht.

Das Café Extrablatt am Alten Markt plant hingegen, am 22. März wieder Gäste zu empfangen. „Wir bereiten uns langsam darauf vor und kaufen Waren ein. Wir haben aber noch keine 100-prozentige Klarheit, wie es ablaufen wird“, sagt Geschäftsf­ührer Igar Stepanow.

Die Zentrale der Kette prüfe das im Moment, man sei zudem im Austausch mit der Stadt. Leichte Bedenken aufgrund des Wetters hat aber auch Stepanow. „Der Alte Markt ist sehr windanfäll­ig. Wir würden uns aber trotzdem freuen, auch wenn die Leute nur auf einen Kaffee kommen.“

Manuela Bihn-Klerx vom Haus Heiligenpe­sch bereitet sich ebenfalls provisoris­ch vor. Der Grünbelag wird draußen entfernt, die Fugen gekratzt. Sie hat den Lockdown zudem genutzt, um ihre Gaststätte zu renovieren: Der Fußboden ist erneuert worden, die Stühle und Tisch sind frisch gestrichen. Damit alles gut aussieht, wenn irgendwann wieder Gäste kommen. Am 22. März – oder eben später.

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FOTO: DETLEF ILGNER Pia und Michael Kolonko von der Brauerei zum Stefanus bereiten sich derzeit nicht auf eine Öffnung ihres Biergarten­s am 22. März vor – obwohl sie laut den Corona-Beschlüsse­n dann wieder Gäste empfangen dürften.

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