Erste Impfung bekommen – was nun?
Hunderttausende haben erst eine Dosis des Astrazeneca-Vakzins erhalten. Die Zweitimpfung mit einem anderen Impfstoff wird in Großbritannien bereits untersucht.
DÜSSELDORF/BERLIN Der Impfstopp für Astrazeneca verunsichert die Menschen und wirft Fragen auf. Ein Überblick zu den wichtigsten:
Freitag wurde die Impfung noch nicht ausgesetzt, jetzt schon. Was hat sich geändert?
Seit Freitag wurden drei neue Fälle von Hirnvenenthrombosen gemeldet, zwei davon am Montag, betonte das Bundesgesundheitsministerium. Damit gebe es sieben Fälle im Zusammenhang mit Astrazeneca-Impfungen, drei davon sind tödlich verlaufen. Trotz der hohen Zahl an Impfungen mit Astrazeneca sei das überdurchschnittlich viel. Deshalb hat das PEI entschieden, eine vorläufige Aussetzung zu empfehlen. Dem sei die Regierung gefolgt.
Wie geht es weiter?
Am Donnerstag will sich die Europäische Arzneimittelagentur äußern, am Freitag beraten Kanzlerin und Ministerpräsidenten. Experten halten eine Freigabe unter Auflagen für möglich, falls eine Kombination von Risiken das Problem ist. „Möglicherweise gibt es Zusammenhänge mit der Einnahme von Verhütungsmitteln. Es könnte sein, dass der Impfstoff später unter Auflagen wieder zugelassen wird“, sagte Frank Bergmann, Chef der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) Nordrhein. „Die Städte hoffen, dass der Impfstopp nur vorübergehend sein wird. Sobald Klarheit besteht, muss die Impfkampagne wieder an Fahrt aufnehmen“, sagte Helmut Dedy, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetages. Der Impfstopp mit Astrazeneca treffe vor allem Berufstätige. „Sie alle sollten in diesen Tagen geimpft werden.“
Was gilt für Menschen, die erst eine Dosis bekommen haben? Bundesweit haben 1,7 Millionen
Menschen eine erste Dosis von Astrazeneca erhalten. Die wenigsten haben bereits eine zweite Dosis bekommen, die nach zwölf Wochen gegeben werden soll. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) betonte, womöglich werde der Impfstoff wieder freigegeben, versicherte aber auch: „Wir werden eine Lösung finden, falls die zweite Impfung mit Astrazeneca nicht mehr möglich ist.“
Kann man auf einen anderen Impfstoff umsteigen?
Das halten Experten für möglich, es wird aber noch geprüft. „Klinische Studien, die die Kombination von Erst- und Zweitimpfung mit zwei verschiedenen zugelassenen Impfstoffprodukten untersuchen, haben begonnen beziehungsweise sind konzipiert“, hatte PEI-Chef Klaus Cichutek gesagt. In Großbritannien würden Kombinationen des Astrazeneca-Impfstoffs mit Comirnaty von Biontech/Pfizer geprüft.
Reicht auch eine Dosis?
Auch eine Dosis bietet einen gewissen Schutz vor einer Infektion. Allerdings warnen Experten davor, es bei einer Impfung zu belassen. Schon zu Jahresanfang, als es um die Frage ging, ob man durch Streckung der Abstände die Lieferengpässe überwinden kann, hatte etwa der New
Yorker Impfforscher Florian Krammer gewarnt: Nach der ersten Impfung sei die Zahl der neutralisierenden Antikörper noch gering, sodass es zu asymptomatischen Infektionen kommen könne. In solchen Fällen sei die Entstehung mutierter Virusvarianten möglich, die resistenter gegen eine Impfung sind. Solche Varianten könnten global zum Problem werden.
Was sagt Astrazeneca?
Der britische Pharmakonzern sieht kein erhöhtes Risiko von Blutgerinnseln in Zusammenhang mit seinem Vakzin. Eine Analyse aller Sicherheitsdaten von mehr als 17 Millionen Menschen, die in der EU und Großbritannien geimpft wurden, habe keine Hinweise auf ein erhöhtes Risiko einer Lungenembolie, einer tiefen Venenthrombose oder einen Rückgang der Blutplättchen ergeben, hatte Astrazeneca am Sonntag mitgeteilt.
Was wird aus den Praxen?
Weil der Astrazeneca-Impfstoff im Kühlschrank gelagert werden kann, sollte er vor allem in Praxen und Unternehmen eingesetzt werden. Nun könnte sich der Impfstart in den Praxen, der ab Mitte April geplant war, verschieben. „Das Aussetzen der Impfungen wirft uns zwar zurück, ist aber kein Grund, die Planungen für einen möglichst schnellen flächendeckenden Impfstart in den Hausarztpraxen zu verschieben“, sagte der Präsident des Deutschen Hausärzteverbandes, Ulrich Weigeldt. „Sollte sich der Impfstoff als unbedenklich herausstellen, wird es noch dringender als schon zuvor des Engagements der Hausärzte bedürfen. Nur sie, die ihre Patienten schon seit Jahren versorgen, ihre Krankheitsgeschichte, aber auch ihre Sorgen kennen, werden den zeitweisen Vertrauensverlust wettmachen können“, sagte Weigeldt. „In der Anonymität der Impfzentren wird das kaum möglich sein.“