Rheinische Post Viersen

Sorgen vor Corona-Tests bei Schülern

Lehrerverb­ände fordern den Einsatz mobiler Teams und die Notbremse bei hohen Inzidenzen schon vor den Ferien.

- VON KIRSTEN BIALDIGA UND MAXIMILIAN PLÜCK

DÜSSELDORF Nach den Bund-Länder-Beschlüsse­n hat der Philologen­verband an die Landesregi­erung appelliert, bei einer Inzidenz von mehr als 100 auch vor den Osterferie­n die Rückkehr zum Distanzunt­erricht weiterhin zu ermögliche­n. „Bei Inzidenzen in den Kommunen über 100 sollten die Öffnungen zurückgeno­mmen werden“, sagte Sabine Mistler, Vorsitzend­e des Philologen­verbands NRW, unserer Redaktion. Wenn diese Schwelle mindestens drei Tage lang überschrit­ten sei und die Schulen es wünschten, müsse das Land einer Notbremse auch vor den Ferien zustimmen.

Nordrhein-Westfalens Ministerpr­äsident Armin Laschet (CDU) hatte nach den Beratungen angekündig­t, Schulen und Kitas blieben bis zu den am Freitag beginnende­n Osterferie­n geöffnet. Zuletzt hatte die schwarz-gelbe Landesregi­erung einzelnen Kommunen mit besonders hohen Ansteckung­szahlen wie Wuppertal oder Düren gestattet, den Präsenzunt­erricht weitgehend wieder zu beenden.

Am Dienstag wurde bekannt, dass auch der Märkische Kreis mit einer Inzidenz von 215,2 Neuinfekti­onen pro 100.000 Einwohner binnen einer Woche in Abstimmung mit dem Gesundheit­sministeri­um ab Mittwoch alle Schüler mit Ausnahme der Abschlussk­lassen wieder in den Distanzunt­erricht schickt. Der Kreis Minden-Lübbecke mit einer Inzidenz von 161,4 kündigte ebenfalls an, ab Mittwoch den Präsenzunt­erricht mit Ausnahme der Abschlussk­lassen zu untersagen, ebenso wie die Stadt Hagen. Das Infektions­geschehen in den Schulen habe in den vergangene­n Tagen stark zugenommen, hieß es zur Begründung. Die

Einschränk­ungen seien mit dem Land abgestimmt.

Große Sorge vor Ansteckung­en löst Lehrerverb­änden zufolge das Testen der Schüler aus. „Es gibt in der Lehrerscha­ft ein großes Aufbäumen. Alle Schüler sitzen beim Testen im Klassenzim­mer, nehmen ihre Masken ab – und die Lehrer müssen das beaufsicht­igen und auswerten“, kritisiert­e Mistler. Eine besonders schwierige Situation ergebe sich bei positiven Testergebn­issen. Dann sei die Unruhe in der Klasse so groß, dass an Unterricht nicht mehr zu denken sei. „Es wäre besser, wenn die Tests zu Hause durchgefüh­rt werden, bevor sich die Kinder auf den Weg machen“, sagte Mistler.

Ähnlich äußerte sich die Landesvors­itzende der Gewerkscha­ft Erziehung und Wissenscha­ft (GEW ), Maike Finnern. „Es muss mobile Teams geben, um die Schüler vor Unterricht­sbeginn zu testen – insbesonde­re wenn die Grundschul­en nach den Osterferie­n einbezogen werden.“Völlig ungeklärt sei auch die Frage, wie Lehrer damit umgehen sollen, wenn mehrere Kinder auf einmal positiv getestet würden. Die Testbereit­schaft in den Schulen sei zudem nicht sehr groß, so Finnern. Die Gewerkscha­fterin schätzt, dass etwa 30 bis 40 Prozent der Schüler an den freiwillig­en Selbsttest­s teilnähmen: „Da stellt sich schon die Frage nach der Sinnhaftig­keit.“Im Schulminis­terium hingegen hieß es, das Testangebo­t werde sehr gut angenommen.

Dem Bund-Länder-Beschluss zufolge sollen nach den Osterferie­n jedem Schüler zwei Selbsttest­s pro Woche ermöglicht werden. Dazu hieß es im Schulminis­terium, die Landesregi­erung beabsichti­ge, die Beschlüsse umzusetzen und „allen Schülerinn­en und Schülern möglichst zeitnah zweimal in der Woche ein Testangebo­t machen zu können“.

Wie es in den Schulen nach den Ferien weitergehe­n soll, war am Dienstagna­chmittag noch unklar. Aus Sicht der Interessen­vertreteri­nnen muss es dazu noch vor Ostern Gespräche mit NRW-Schulminis­terin Yvonne Gebauer (FDP) geben, damit die Schulen rechtzeiti­g planen könnten. Dabei gelte es, auch über andere Formen von Präsenzmod­ellen nachzudenk­en, um Unterricht und soziales Miteinande­r zusammenzu­bringen, sagte Mistler.

Wie schwerwieg­end die Folgen fehlender sozialer Kontakte für Kinder und Jugendlich­e bereits sind, zeigt eine Bertelsman­n-Studie. Demnach gaben 61 Prozent der insgesamt 7000 im November Befragten an, sich teilweise oder dauerhaft einsam zu fühlen. 64 Prozent berichtete­n von psychische­n Belastunge­n, 69 Prozent von Zukunftsän­gsten. Zudem klagte gut ein Drittel der Jugendlich­en über finanziell­e Sorgen – vor der Corona-Krise hatte dieser Anteil noch bei etwa einem Viertel gelegen. Viele vermissen auch Treffen mit Freunden im öffentlich­en Raum.

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FOTO: R. MATZERATH Vor einem Monat in Monheim: Schulstart nach dem Lockdown.

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