Kriegsparteien im Jemen wollen weiter verhandeln
Die Huthis lehnen Vorschläge von Saudi-Arabien ab. Die Vermittler fühlen sich dennoch ermutigt.
ISTANBUL Der Jemen steht vor einem traurigen Jahrestag. Seit dem Beginn des Krieges in dem verarmten arabischen Land am 25. März 2015 sind mehr als 100.000 Menschen getötet worden, Millionen leiden unter Hunger und Krankheit, alle Friedensinitiativen sind bisher gescheitert. Kurz vor dem Jahrestag hat Saudi-Arabien, das den Krieg vor sechs Jahren in der Hoffnung auf einen raschen Sieg anzettelte, jetzt einen neuen Plan für eine Einigung vorgelegt. Die Huthi-Rebellen als Kriegsgegner der Saudis lehnten die Vorschläge zwar umgehend ab. Doch USA, Uno und der regionale Vermittler Oman sehen trotzdem eine Chance für Verhandlungen.
Die sunnitische Führungsmacht Saudi-Arabien liefert sich im Jemen einen Stellvertreterkrieg mit dem schiitischen Rivalen Iran, der die Huthis mit Waffen unterstützt. Die Huthis haben die Hauptstadt Sanaa und große Teile von Nordwest-Jemen unter Kontrolle, greifen saudische Ölanlagen mit Drohnen und Raketen an und haben eine Offensive auf die ölreiche Stadt Marib gestartet. Die saudisch geführte Jemen-Allianz antwortet mit Luftangriffen auf Sanaa und sperrt Flugund Seehäfen, um den Huthis den Nachschub abzuschneiden.
Keine der beiden Seiten achtet die Zivilbevölkerung. Nach Einschätzung der Uno droht im Jemen die weltweit schlimmste Hungerkatastrophe seit Jahrzehnten. Rund 400.000 Kinder unter fünf Jahren sind gefährlich unterernährt. Die Hilfsorganisation Oxfam berichtete am Dienstag zudem von einer neuen Welle von Corona-Infektionen in dem kriegszerstörten Land.
US-Präsident Joe Biden will die amerikanische Unterstützung für den saudischen Krieg beenden. Bidens Entscheidung schwächt die saudische Kriegsallianz, die ohnehin weiß, dass sie die Huthis militärisch nicht besiegen kann. Saudi-Arabien dringt auch deshalb auf ein baldiges Ende der Kämpfe, weil ein Einmarsch der Huthis in die ÖlStadt Marib den Krieg für die Rebellen entscheiden könnte. Die Huthis sehen sich deshalb in der stärkeren Position. In sechs Jahren Krieg haben die Rebellen bisher alle ihre Ziele mit militärischen Mitteln erreicht, wie die Jemen-Expertin Annelle Sheline von der US-Denkfabrik Quincy-Institut anmerkt. Unter Vermittlung des jemenitischen Nachbarn Oman verhandeln die Huthis seit etwa einem Monat mit dem US-Jemen-Beauftragten Timothy Lenderking.
Saudi-Arabien schlägt eine umfassende Waffenruhe vor und will die Sperre des Flughafens von Sanaa für einige Versorgungsflüge aufheben. Die saudische Blockade des von den Huthis kontrollierten Seehafens von Hodeidah soll unter bestimmten Bedingungen gelockert werden. Die Huthis antworteten, die Saudis hätten lediglich alte Vorschläge aufgewärmt. Und doch: Seine Gruppe stehe weiter im direkten Kontakt mit Saudi-Arabien und Oman, sagte ein Sprecher der Rebellen der Nachrichtenagentur AP.
Doch die Gespräche können jederzeit scheitern: Am Tag nach Vorlage des saudischen Plans griffen die Huthis einen Flughafen in Saudi-Arabien mit Drohnen an.
„In sechs Jahren Krieg haben die Rebellen bisher alle ihre Ziele mit militärischen Mitteln erreicht“Annelle Sheline Jemen-Expertin am Quincy-Institut