Rheinische Post Viersen

Kriegspart­eien im Jemen wollen weiter verhandeln

Die Huthis lehnen Vorschläge von Saudi-Arabien ab. Die Vermittler fühlen sich dennoch ermutigt.

- VON THOMAS SEIBERT

ISTANBUL Der Jemen steht vor einem traurigen Jahrestag. Seit dem Beginn des Krieges in dem verarmten arabischen Land am 25. März 2015 sind mehr als 100.000 Menschen getötet worden, Millionen leiden unter Hunger und Krankheit, alle Friedensin­itiativen sind bisher gescheiter­t. Kurz vor dem Jahrestag hat Saudi-Arabien, das den Krieg vor sechs Jahren in der Hoffnung auf einen raschen Sieg anzettelte, jetzt einen neuen Plan für eine Einigung vorgelegt. Die Huthi-Rebellen als Kriegsgegn­er der Saudis lehnten die Vorschläge zwar umgehend ab. Doch USA, Uno und der regionale Vermittler Oman sehen trotzdem eine Chance für Verhandlun­gen.

Die sunnitisch­e Führungsma­cht Saudi-Arabien liefert sich im Jemen einen Stellvertr­eterkrieg mit dem schiitisch­en Rivalen Iran, der die Huthis mit Waffen unterstütz­t. Die Huthis haben die Hauptstadt Sanaa und große Teile von Nordwest-Jemen unter Kontrolle, greifen saudische Ölanlagen mit Drohnen und Raketen an und haben eine Offensive auf die ölreiche Stadt Marib gestartet. Die saudisch geführte Jemen-Allianz antwortet mit Luftangrif­fen auf Sanaa und sperrt Flugund Seehäfen, um den Huthis den Nachschub abzuschnei­den.

Keine der beiden Seiten achtet die Zivilbevöl­kerung. Nach Einschätzu­ng der Uno droht im Jemen die weltweit schlimmste Hungerkata­strophe seit Jahrzehnte­n. Rund 400.000 Kinder unter fünf Jahren sind gefährlich unterernäh­rt. Die Hilfsorgan­isation Oxfam berichtete am Dienstag zudem von einer neuen Welle von Corona-Infektione­n in dem kriegszers­törten Land.

US-Präsident Joe Biden will die amerikanis­che Unterstütz­ung für den saudischen Krieg beenden. Bidens Entscheidu­ng schwächt die saudische Kriegsalli­anz, die ohnehin weiß, dass sie die Huthis militärisc­h nicht besiegen kann. Saudi-Arabien dringt auch deshalb auf ein baldiges Ende der Kämpfe, weil ein Einmarsch der Huthis in die ÖlStadt Marib den Krieg für die Rebellen entscheide­n könnte. Die Huthis sehen sich deshalb in der stärkeren Position. In sechs Jahren Krieg haben die Rebellen bisher alle ihre Ziele mit militärisc­hen Mitteln erreicht, wie die Jemen-Expertin Annelle Sheline von der US-Denkfabrik Quincy-Institut anmerkt. Unter Vermittlun­g des jemenitisc­hen Nachbarn Oman verhandeln die Huthis seit etwa einem Monat mit dem US-Jemen-Beauftragt­en Timothy Lenderking.

Saudi-Arabien schlägt eine umfassende Waffenruhe vor und will die Sperre des Flughafens von Sanaa für einige Versorgung­sflüge aufheben. Die saudische Blockade des von den Huthis kontrollie­rten Seehafens von Hodeidah soll unter bestimmten Bedingunge­n gelockert werden. Die Huthis antwortete­n, die Saudis hätten lediglich alte Vorschläge aufgewärmt. Und doch: Seine Gruppe stehe weiter im direkten Kontakt mit Saudi-Arabien und Oman, sagte ein Sprecher der Rebellen der Nachrichte­nagentur AP.

Doch die Gespräche können jederzeit scheitern: Am Tag nach Vorlage des saudischen Plans griffen die Huthis einen Flughafen in Saudi-Arabien mit Drohnen an.

„In sechs Jahren Krieg haben die Rebellen bisher alle ihre Ziele mit militärisc­hen Mitteln erreicht“Annelle Sheline Jemen-Expertin am Quincy-Institut

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