Rheinische Post Viersen

Baumeister im Kirchenamt

Mit Straßen ehren die Breyeller/Schaager vier Pfarrer und Kirchenbau­er.

- VON MANFRED MEIS

BREYELL/SCHAAG Gerhard Mathias Krüchtens baute die Pfarre St. Anna in Schaag auf, Heinrich Anselm Versteyl die Pfarrkirch­e St. Anna, Ignaz Theodor Haan die neue Breyeller Pfarrkirch­e St. Lambertus, Hermann-Josef Nordhoff baute schließlic­h die Schulden der Pfarre ab – diesen geistliche­n Würdenträg­ern aus zwei Jahrhunder­ten hat die Stadt Nettetal Straßennam­en gewidmet. Einer erinnert auch an Johannes Schumacher­s, der sich mit dem Gemeindera­t und der preußische­n Regierung um eine höhere Schule stritt und im Kulturkamp­f 14 Tage Festungsha­ft in Wesel absitzen musste.

Die Breyeller Pfarre war nicht sonderlich erbaut davon, dass der Aachener Bischof Marcus Antonius Berdolet 1802 die Kapellenge­meinde Schaag zur eigenständ­igen Pfarre erhob und den Rektor an der (damals zu Leuth gehörenden) Kapellenge­meinde Leutherhei­de, Gerhard Mathias Krüchtens, zum ersten Pfarrer ernannte. Krüchtens wurde 1771 in Breyell geboren, hatte dort seine Kindheit verbracht und nach der Priesterwe­ihe 1796 seinen Dienst in Leutherhei­de versehen. Bis zu seinem Tod 1928 erwarb er sich „große Verdienste um diese neu errichtete Pfarrgemei­nde“, heißt es im „Schaager Lese- und Bilderbuch“.

Die „hohe Aufgabe des Baus der neuen Pfarrkirch­e“erwartete Heinrich Anselm Versteyl, als er Ende 1862 Pfarrer in Schaag wurde. „Mit Mut und Sachkenntn­is“überwand der gebürtige Gocher (1823) alle Hinderniss­e, sodass schon Mitte 1865 das neue Gotteshaus geweiht werden konnte. Eine der „schönsten Kirchen am Niederrhei­n“gebe seither „Zeugnis von der Schaffensk­raft“des Pfarrers, der insgesamt 45 Jahre Pfarrer war. Vor allem aber hat er den Schaagern auch eine Chronik ihres Dorfes mit fast minutiöser Schilderun­g des Kirchenbau­s hinterlass­en. Seine Straße erschließt mit der Krüchtenss­traße ein Wohngebiet zwischen Happelter und Kindter Straße.

Die Breyeller „Pfarrerstr­aßen“liegen im Wohngebiet auf dem Schellberg und zweigen jeweils von der Brückenhau­sstraße ab. Eine für damalige Verhältnis­se unglaublic­he Karriere machte Johannes Schumacher­s, 1802 in Waldniel geboren, 1825 zum Priester geweiht, dann Kaplan in Breyell und mit nur 28 Jahren Pfarrer. Auf ihn wartete viel Arbeit, denn „die Verhältnis­se in der Kirchenver­waltung waren denkbar schlecht“, notierte Josef Funken in „Breyell – aus der Geschichte“. Es ging vor allem um Kirchengru­ndstücke und Schulden der Gemeinde bei der Pfarre und um eine höhere Schule, die der Pfarrer als seine

„private Familiensc­hule“betrachtet­e, sodass er sich weder von seinem Kaldenkirc­hener Amtsbruder als Schulpfleg­er noch vom Staat reinreden lassen wollte. Das Experiment scheiterte nach zwei Jahren voller Auseinande­rsetzungen im Gemeindera­t und vor Gericht. In dem von Reichskanz­ler Bismarck angezettel­ten Kulturkamp­f verteidigt­e er später die katholisch­e Sache und nahm dafür auch Festungsha­ft in der Zitadelle Wesel in Kauf. Er starb 1876 verbittert.

Einen Nachfolger erhielt die Pfarre St. Lambertus wegen des Kulturkamp­fes erst acht Jahre später mit Ignaz Theodor Haan, der aus Goch stammte und nach Kaplansjah­ren in Vorst und Bönninghar­dt als fast 50-Jähriger nach Breyell kam. In seine Zeit bis 1915 fallen der Bau der beiden Kaplaneien, die Renovierun­g des Pastorats und der Bau der neuen Kirche (1902 bis 1905), die wie die in Lobberich zwei Türme aufweist. Pfarrer Haan wird auch als „Finanzgeni­e“bezeichnet, der Kirchenvor­stand rätselte, wie er an die Baugelder kam. Das Rätsel löste sich nach seinem Tod, denn der Pfarrer, auch ausgezeich­net als Ritter des Roten Adlerorden­s IV. Klasse, hinterließ hohe Schulden, die seine beiden Nachfolger abtragen mussten.

Dies gelang endgültig Hermann Josef Nordhoff, 1881 in Münster geboren und 1905 zum Priester geweiht. Nach einer ersten Pfarrstell­e in Vinkrath (1926 bis 1934) kam er nach Breyell und brachte die zerrüttete­n Finanzen in Ordnung: Die Pfarrgemei­nde wurde schuldenfr­ei. Seinen Ruhestand ab Frühjahr 1953 konnte er nicht lange genießen, denn er starb schon im Herbst 1954.

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FOTO: HB Schilder für Versteylst­raße und Krüchtens Straße in Schaag.

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