„Dieses Auf und Ab ist kräftezehrend“
Shoppen nach Termin ist schon kommende Woche nicht mehr möglich. Die Geschäfte schließen erneut. Wie sehen das Händler und Kunden?
MÖNCHENGLADBACH Nur knapp drei Wochen hielt die Öffnung für den Einzelhandel: Ab Montag ziehen Bund und Länder aufgrund der steigenden Infektionszahlen die „Notbremse“– laut Corona-Verordnung wird auf den Zustand von vor dem 7. März zurückgekehrt. Und da galt für den Einzelhandel noch der Lockdown. Franziska Rehmert, Inhaberin der Boutique Marie Claire, ärgert, dass sie wieder schließen muss. „Es ist ein Hin und Her. Ich kann weder mit meinem Personal noch mit meiner Ware planen. Ich weiß nicht, wie ich damit umgehen soll“, sagt Rehmert. Für sie wäre das „Click-and-meet“-Modell weiter durchführbar gewesen. „Mir ist kein Fall bekannt, wo man sich angesteckt hat“, sagt sie und ärgert sich vor allem über das Vorgehen hinsichtlich Testund Impfstrategien – zum Leid der Einzelhändler.
Das langsame Impfen kritisieren auch die Passanten Werner und Elisabeth Bangder. „Wir müssen viel mehr impfen, die Politik macht sich durch ihr Handeln nicht sehr vertrauenswürdig und spielt der rechten Szene in die Karten“, kritisiert Werner Bangder. Elisabeth Bangder ergänzt: „Über Ostern wird fünf Tage alles geschlossen – außer Samstag. Da wird es in den Supermärkten sicher total voll. Das ist
doch genau das, was man eigentlich vermeiden will.“
Irene Klein, Mitarbeiterin bei Casa Bea ärgern Unklarheiten. „Es ist noch immer ein Chaos“, sagt sie. Die Bestimmungen seien nicht klar genug, findet sie. „Wir haben uns vor einem Jahr selbst zusammengesucht, was sinnvoll ist. Bis heute hat sich das nicht geändert und die Bestimmungen sind wischiwaschi. Da kann man viel rauslesen.“
Susanne Inderfurth, Inhaberin des Modegeschäfts „Fräulein Smilla“, versucht, ihre positive Einstellung zu behalten. „Es ist anstrengend, aber die Leute unterstützen uns sehr“, sagt sie. Erst im August hatte sie ihr Geschäft eröffnet. „Nach den ersten Lockerungen waren die Menschen verunsichert, jetzt ist es gerade wieder angelaufen und wir müssen wieder schließen“, sagt sie. „Dieses Auf und Ab ist kräftezehrend. Bald weiß keiner mehr, was erlaubt ist. Aber wir machen das Beste daraus.“
Melanie Weuthen meint, dass die Schließungen im Einzelhandel nicht viel bringen. „Ich denke, das kommt eher aus dem privaten Umfeld“, sagt sie. Sie selbst habe das Termin-Shoppen nicht genutzt. „Ich mag normales Bummeln lieber.“Ähnlich sieht das auch Stephan Warer. „Bei mir sind die meisten Sachen Impulskäufe, das geht beim Termin-Shoppen nicht.“Er hält eine andere Lösung für sinnvoller. „Ich denke, es würde mehr bringen, die Personenzahl wie letztes Jahr zu beschränken.“
Iris Degenhardt von der gleichnamigen Buchhandlung hat entsetzt auf die neuen Beschlüsse für den Einzelhandel reagiert. „Bei uns geht es ja geregelt zu, wir halten uns an die Maßnahmen und lassen sogar weniger Leute hinein, als wir dürfen. Mehr Sicherheit kann man nicht bieten“, sagt sie. Für ihren Laden gab es gleich zwei Rückschläge in 24 Stunden. Die Landesregierung hatte am Montag zunächst die Verordnung geändert, nachdem das Oberverwaltungsgericht für NRW einen Verstoß gegen den verfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz festgestellt hatte. Denn Schreibwarengeschäfte, Buchhandlungen und Gartenmärkte waren in der ursprünglichen Verordnung an keine Inzidenzzahlen und Terminvergaben bei der Öffnung gebunden. Das hob das Land auf. Damit müssen Buchhandlungen nun ebenfalls schließen – und dürfen ab Dienstag nur noch per Termin Kunden ins Geschäft lassen. „Damit haben wir nicht gerechnet. Wir haben über Nacht Zettel gebastelt, wo die Kunden sich eintragen können“, sagt Iris Degenhardt. Ab Montag muss sie ihren Laden wieder für „Click and collect“umbauen. Verstehen kann sie das nicht.