Rheinische Post Viersen

„Dieses Auf und Ab ist kräftezehr­end“

Shoppen nach Termin ist schon kommende Woche nicht mehr möglich. Die Geschäfte schließen erneut. Wie sehen das Händler und Kunden?

- VON ANIKA RECKWEG UND DANIEL BRICKWEDDE

MÖNCHENGLA­DBACH Nur knapp drei Wochen hielt die Öffnung für den Einzelhand­el: Ab Montag ziehen Bund und Länder aufgrund der steigenden Infektions­zahlen die „Notbremse“– laut Corona-Verordnung wird auf den Zustand von vor dem 7. März zurückgeke­hrt. Und da galt für den Einzelhand­el noch der Lockdown. Franziska Rehmert, Inhaberin der Boutique Marie Claire, ärgert, dass sie wieder schließen muss. „Es ist ein Hin und Her. Ich kann weder mit meinem Personal noch mit meiner Ware planen. Ich weiß nicht, wie ich damit umgehen soll“, sagt Rehmert. Für sie wäre das „Click-and-meet“-Modell weiter durchführb­ar gewesen. „Mir ist kein Fall bekannt, wo man sich angesteckt hat“, sagt sie und ärgert sich vor allem über das Vorgehen hinsichtli­ch Testund Impfstrate­gien – zum Leid der Einzelhänd­ler.

Das langsame Impfen kritisiere­n auch die Passanten Werner und Elisabeth Bangder. „Wir müssen viel mehr impfen, die Politik macht sich durch ihr Handeln nicht sehr vertrauens­würdig und spielt der rechten Szene in die Karten“, kritisiert Werner Bangder. Elisabeth Bangder ergänzt: „Über Ostern wird fünf Tage alles geschlosse­n – außer Samstag. Da wird es in den Supermärkt­en sicher total voll. Das ist

doch genau das, was man eigentlich vermeiden will.“

Irene Klein, Mitarbeite­rin bei Casa Bea ärgern Unklarheit­en. „Es ist noch immer ein Chaos“, sagt sie. Die Bestimmung­en seien nicht klar genug, findet sie. „Wir haben uns vor einem Jahr selbst zusammenge­sucht, was sinnvoll ist. Bis heute hat sich das nicht geändert und die Bestimmung­en sind wischiwasc­hi. Da kann man viel rauslesen.“

Susanne Inderfurth, Inhaberin des Modegeschä­fts „Fräulein Smilla“, versucht, ihre positive Einstellun­g zu behalten. „Es ist anstrengen­d, aber die Leute unterstütz­en uns sehr“, sagt sie. Erst im August hatte sie ihr Geschäft eröffnet. „Nach den ersten Lockerunge­n waren die Menschen verunsiche­rt, jetzt ist es gerade wieder angelaufen und wir müssen wieder schließen“, sagt sie. „Dieses Auf und Ab ist kräftezehr­end. Bald weiß keiner mehr, was erlaubt ist. Aber wir machen das Beste daraus.“

Melanie Weuthen meint, dass die Schließung­en im Einzelhand­el nicht viel bringen. „Ich denke, das kommt eher aus dem privaten Umfeld“, sagt sie. Sie selbst habe das Termin-Shoppen nicht genutzt. „Ich mag normales Bummeln lieber.“Ähnlich sieht das auch Stephan Warer. „Bei mir sind die meisten Sachen Impulskäuf­e, das geht beim Termin-Shoppen nicht.“Er hält eine andere Lösung für sinnvoller. „Ich denke, es würde mehr bringen, die Personenza­hl wie letztes Jahr zu beschränke­n.“

Iris Degenhardt von der gleichnami­gen Buchhandlu­ng hat entsetzt auf die neuen Beschlüsse für den Einzelhand­el reagiert. „Bei uns geht es ja geregelt zu, wir halten uns an die Maßnahmen und lassen sogar weniger Leute hinein, als wir dürfen. Mehr Sicherheit kann man nicht bieten“, sagt sie. Für ihren Laden gab es gleich zwei Rückschläg­e in 24 Stunden. Die Landesregi­erung hatte am Montag zunächst die Verordnung geändert, nachdem das Oberverwal­tungsgeric­ht für NRW einen Verstoß gegen den verfassung­srechtlich­en Gleichbeha­ndlungsgru­ndsatz festgestel­lt hatte. Denn Schreibwar­engeschäft­e, Buchhandlu­ngen und Gartenmärk­te waren in der ursprüngli­chen Verordnung an keine Inzidenzza­hlen und Terminverg­aben bei der Öffnung gebunden. Das hob das Land auf. Damit müssen Buchhandlu­ngen nun ebenfalls schließen – und dürfen ab Dienstag nur noch per Termin Kunden ins Geschäft lassen. „Damit haben wir nicht gerechnet. Wir haben über Nacht Zettel gebastelt, wo die Kunden sich eintragen können“, sagt Iris Degenhardt. Ab Montag muss sie ihren Laden wieder für „Click and collect“umbauen. Verstehen kann sie das nicht.

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FOTOS (3): ANIKA RECKEWEG Ihren Optimismus zu erhalten – das versucht Susanne Inderfurth vom Geschäft Fräulein Smilla. Allerdings findet sie den Wechsel zwischen den Bestimmung­en sehr kräftezehr­end.
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Melanie Weuthen vermutet die meisten Ansteckung­en eher im privaten Bereich.
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Stephan Warer hat das Termin-Shopping nicht genutzt.

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