Rheinische Post Viersen

Eine Theologin im Kampf mit dem Papst

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Uta Ranke-Heinemann sparte nicht mit scharfer Kritik an der Kirche. Am Donnerstag ist sie gestorben.

ESSEN (dpa) Sie war weltweit die erste Professori­n für katholisch­e Theologie und wurde bald eine prominente Kritikerin der römisch-katholisch­en Kirche: Uta Ranke-Heinemann, die älteste Tochter des früheren Bundespräs­identen Gustav Heinemann, ist tot. Sie starb am Donnerstag­morgen im Alter von 93 Jahren in Essen, wie ihr Sohn Andreas Ranke mitteilte. Sie sei im Beisein von Familienmi­tgliedern friedlich eingeschla­fen.

1945 hatte sie als einziges Mädchen das Essener Burggymnas­ium besucht und dort ein Spitzenabi­tur geschafft. Sie studierte evangelisc­he Theologie. Im Jahr 1953 konvertier­te sie auf der Suche nach mehr religiöser Toleranz zum Katholizis­mus, promoviert­e und wurde erste katholisch­e Theologiep­rofessorin. „Aber bei den Katholiken bin ich vom Regen in die Traufe geraten“, sagte sie später.

Konflikte mit der Amtskirche bekam die Friedensak­tivistin schon bald im Streit um das päpstliche Verbot der Empfängnis­verhütung. Dass Afrikaneri­nnen mit der Hölle bedroht würden, weil sie beim Sex mit ihrem HIV-infizierte­n Mann ein Kondom benutzen, nannte Ranke-Heinemann eine „tödliche Irreführun­g der Menschheit“.

1999 ließ sich die Pazifistin von Gregor Gysi in der Küche ihres Hauses zu einer – von vornherein aussichtsl­osen – Kandidatur für die Linke-Vorgängerp­artei PDS bei der Bundespräs­identenwah­l überreden. Die Wahl gewann Johannes Rau (SPD).

Zum Bruch mit der Kirche kam es 1987, nachdem sie dem Kirchendog­ma der Jungfrauen­geburt widersprac­h. Sie wollte die Jungfräuli­chkeit Marias nicht wörtlich, sondern als „damalige Vorstellun­gsmodelle“verstanden wissen. Der Essener Bischof Franz Hengsbach entzog ihr die Lehrerlaub­nis. Sie verlor ihren Lehrstuhl in Essen, bekam aber einen kirchenuna­bhängigen Lehrstuhl für Religionsg­eschichte.

Parallel schrieb Ranke-Heinemann über Religion und Kirche. Vor allem „Eunuchen für das Himmelreic­h“über die kirchliche Sexualmora­l landete in mehreren Ländern an der Spitze der Bestseller­listen. Als ihr theologisc­hes Hauptwerk gilt das Buch „Nein und Amen“, dem sie später den Untertitel „Mein Abschied vom traditione­llen Christentu­m“gab. Als einzig Positives sei ihr vom Christentu­m nur die „Hoffnung auf ein Wiedersehe­n mit den geliebten Toten“geblieben, schrieb sie darin.

Von ihren kirchenkri­tischen Positionen wich Ranke-Heinemann auch später keinen Millimeter ab. Daran änderte auch die Wahl ihres ehemaligen Studienkol­legen Joseph Ratzinger zum Papst nichts. „Ich bin enttäuscht“, erklärte sie gut ein Jahr nach Amtsantrit­t von Benedikt XVI: „Ich hatte gehofft, er schafft endlich den Zölibat ab.“

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FOTO: DPA Uta Ranke-Heinemann ist mit 93 Jahren in Essen gestorben.

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