Rheinische Post Viersen

Der Anfang vom Ende der Solidaritä­t

- VON JAN DREBES

Die chaotische Ministerpr­äsidentenk­onferenz war bei vielen Menschen der Anfang vom Ende des Verständni­sses für die Corona-Maßnahmen in Deutschlan­d. Wundern darf sich darüber niemand: Nur einen Tag später kassierte die Kanzlerin die Beschlüsse zur „Osterruhe“, entschuldi­gte sich – und schaltete wieder auf Angriff. Sie forderte ein gemeinsame­s Agieren von Bund, Ländern, Kommunen, Unternehme­n und jedem Bürger ein, um die dritte Welle zu brechen. Am liebsten, so klang es, würde die Kanzlerin zurückkehr­en zum harten Lockdown. Doch die Bereitscha­ft in der Bevölkerun­g ist gesunken, manche Länder machen nicht mit. Und als kurz darauf die ersten Ministerpr­äsidenten klarstellt­en, dass sie trotz hoher Inzidenzwe­rte die Notbremse nicht flächendec­kend ziehen wollen, gab es auch kein Vorbild der Politik mehr, zu Verabredun­gen zu stehen.

Der gemeinscha­ftliche Kampf gegen die Pandemie hat Schaden genommen. Denn die Ankündigun­g einzelner Ministerpr­äsidenten für Modellproj­ekte nach Ostern setzt der Infektions­welle eine andere Welle entgegen: die des Neids. Wenn das Saarland öffnet, wollen es andere Regionen auch. Und die Gefahr, die Pandemie anzuheizen und Mutanten noch stärker zu verbreiten, steigt ins Unermessli­che. Für die Osterfeier­tage bedeutet das nichts Gutes. Die Disziplin in der Bevölkerun­g, die es an Weihnachte­n noch gab, ist gesunken. Das liegt auch daran, dass weniger Menschen bereit sind, die Fehler von Bund und Ländern von Anfang März auszubaden. Indem Schulen und Kitas aus der Notbetreuu­ng gingen, es keine ausreichen­den Teststrate­gien gab und die Unternehme­n nicht per Selbstverp­flichtung gezwungen wurden, diese zu entwickeln, stellten Bund und Länder die Weichen für die rasant steigenden Infektions­zahlen. Diesen Schlamasse­l haben sie maßgeblich zu verantwort­en.

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