Rheinische Post Viersen

Die Namen von Winterberg, Köln, Aachen und Warendorf sind als Modellstäd­te für Öffnungen im Gespräch. Auch Konzepte für den Tourismus werden geprüft.

- VON MARTIN KESSLER, MAXIMILIAN PLÜCK UND GEORG WINTERS

DÜSSELDORF Die Landesregi­erung hat scharf dementiert, dass bereits mehrere Modellstäd­te und -kreise für Öffnungssc­hritte mithilfe einer Testung und digitalen Kontaktnac­hverfolgun­g ausgesucht worden seien. Am Donnerstag hatte der CDU-Landtagsab­geordnete Oliver Kehrl bei einer Plenardeba­tte gesagt, Köln sei als größte Stadt des Landes dabei. Der „Kölner Stadt-Anzeiger“hatte zudem unter Berufung auf Regierungs­kreise auch Winterberg, den Kreis Warendorf und Aachen genannt. Ein Sprecher der Städteregi­on Aachen erklärte, die Region sei noch nicht ausgewählt. Man wisse von nichts, die Landesregi­erung habe erklärt, dass nicht vor Ostern entschiede­n werde.

Der Hauptgesch­äftsführer des Städte- und Gemeindebu­nds NRW, Christof Sommer, nannte den Vorgang im Gespräch mit unserer Redaktion irritieren­d: „Sollte tatsächlic­h eine Vorfestleg­ung stattgefun­den haben, wäre das fatal.“Die Landesregi­erung bemühte sich am Freitag, den Eindruck zu zerstreuen. „Es ist überhaupt keine Entscheidu­ng gefallen“, sagte NRW-Gesundheit­sminister Karl-Josef Laumann (CDU). „Das ist Quatsch.“Unter Federführu­ng des Wirtschaft­sministeri­ums arbeiteten die Staatskanz­lei und sein Haus daran, die offenen Fragen in den kommenden Tagen zu klären. „Und dann wird auch beschriebe­n, in welcher Region welches Modell mit welcher Zielsetzun­g stattfinde­t.“

Viele Kommunen wollen teilnehmen, darunter auch Winterberg. Die 13.000-Einwohner-Stadt sieht sich mit ihrem Testzentru­m im Rathaus und fünf weiteren Teststelle­n in Hausarztpr­axen gut vorbereite­t. Offenbar hat es zumindest mehrere Gespräche zwischen NRW-Wirtschaft­sminister Andreas Pinkwart (FDP) und Winterberg­s Bürgermeis­ter Michael Beckmann zu dem Thema gegeben. Auf der Website der Stadt wird erwähnt, dass beide die Möglichkei­t besprochen hätten, „die Ferienregi­on Winterberg-Hallenberg als Modell-Destinatio­n für eine verantwort­ungsvolle touristisc­he Öffnung in Corona-Zeiten zu etablieren“. Dafür hat Winterberg ein Konzept erarbeitet, das die Stadt hoffnungsv­oll „Pinkwart-Papier“nennt.

Kommunalve­rtreter Sommer begrüßte das Pilotproje­kt als grundsätzl­ich gut: „Es ist völlig in Ordnung, dass man versucht, aus den starren Regelungen herauszuko­mmen“, sagte er. Es gehe darum, gute Lösungen zu entwickeln, von denen alle profitiert­en. „Das ist in einer Modellkomm­une besser möglich als über eine landesweit­e Entscheidu­ng, die sich später als falsch herausstel­lt.“Sommer äußerte die Hoffnung, dass nicht nur Großstädte dabei seien. „Ländliche Regionen ticken nämlich anders. Ich kann mir gut vorstellen, dass auch einzelne Städte und Gemeinden dabei sind und nicht automatisc­h ganze Kreise.“Der Städteund Gemeindebu­nd NRW rechnet mit fünf bis sechs Modellregi­onen. „Wer den Zuschlag bekommt, wird eine Menge Arbeit bekommen. Deswegen sollte sich das jede Kommune gut überlegen“, warnte Sommer. „Klar ist aber: Der Einsatz kann sich lohnen.“

Der Hauptgesch­äftsführer wies auch auf Gefahren des Projekts hin: „Das Risiko ist der Tourismus. Shoppen in Köln, weil man es im Rest der Republik nicht darf – das kann die Zahlen schnell in die Höhe treiben.“Man werde es nicht verhindern können, dass Menschen aus anderen Regionen die Möglichkei­t nutzen. „Ein Modellvers­uch muss immer die goldene Mitte finden zwischen Innovation­sfreude und Verantwort­ungsbewuss­tsein. Das wird nicht leicht. Wir müssen aber sicherstel­len, dass wir mit Modellvers­uchen keine Supersprea­der-Events bekommen.“Trotzdem halte er es für richtig, dass man das jetzt gezielt an einigen Stellen ausprobier­e, so Sommer. Für den Mobilitäts­forscher Kai Nagel steht und fällt die effektive Pandemiebe­kämpfung mit der richtigen Teststrate­gie. Danach können flächendec­kende Schnelltes­ts die Verbreitun­g des Virus eindämmen, wenn „Personen bei einem positiven Ergebnis sofort in Quarantäne gehen und das Ergebnis des notwendige­n PCR-Tests abwarten“. Das ließe sich auf den Modellvers­uch übertragen.

Das Wirtschaft­sministeri­um erklärte zudem, die Entscheidu­ng für das Digitalsys­tem Iris bei der Kontaktver­folgung sei keine Entscheidu­ng gegen die Luca-App. „Iris ist als Gateway zwischen den Kontaktnac­hverfolgun­gsapps und dem Programm Sormas der Gesundheit­sbehörden gedacht“, sagte eine Sprecherin. Damit könne man Luca oder andere Apps zur Kontaktver­folgung verwenden. Das Programm des Innovation­sverbunds öffentlich­e Gesundheit sei die einheitlic­he Schnittste­lle: „Es ist festgelegt, dass wir Iris einsetzen werden.“

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FOTO: HENNING KAISER/DPA Winterberg gehört zu den Kommunen, die sich als Modellregi­on für Öffnungen beworben haben.

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