Rheinische Post Viersen

EU streitet auch nach Gipfel um Impfstoff-Verteilung

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BRÜSSEL (dpa) Die EU-Staaten streiten nach ihrem Gipfel weiter über die Verteilung knapper Corona-Impfstoffe. Am Freitag pochte Tschechien abermals auf Korrekture­n, und auch Österreich hofft nach wie vor auf zusätzlich­e Impfstoffm­engen. Nun soll in Brüssel erneut verhandelt werden. Einig waren sich die Staats- und Regierungs­chefs aber, dass Impfstoff-Exporte in Drittstaat­en überwacht werden sollen, damit die EU fair beliefert wird.

Möglich sind damit auch Exportverb­ote – die aber aus Furcht vor Gegenmaßna­hmen nur im Notfall verhängt werden sollen. Bundeskanz­lerin Angela Merkel betonte am späten Donnerstag­abend, dass man keine Störung globaler Lieferkett­en wolle, aber ein Interesse bestehe, „dass die Firmen, die mit uns Verträge abgeschlos­sen haben, auch wirklich vertragstr­eu sind“. Anders als die USA und Großbritan­nien liefere die EU Impfstoff in alle Welt. Man wolle aber auch die eigene Bevölkerun­g versorgen.

Angesichts des Mangels hatten Österreich und fünf weitere Staaten Korrekture­n an der internen Verteilung der Impfstoffe verlangt. Doch erreichten sie beim EU-Gipfel wenig. In ihrer Abschlusse­rklärung bekräftigt­en die Staats- und Regierungs­chefs im Grundsatz den bisherigen Verteilsch­lüssel nach

Bevölkerun­gsgröße. Nach stundenlan­gem Streit wurde nur vereinbart, über eine vorgezogen­e Teilliefer­ung von zehn Millionen Impfdosen von Biontech/Pfizer „im Geiste der Solidaritä­t“weiterzuve­rhandeln. Damit könnten kurzfristi­g einige Löcher gestopft werden.

Der tschechisc­he Ministerpr­äsident Andrej Babis beklagte, dass mit dem Fortführen des aktuellen Systems im Sommer manche Staaten genug Impfstoff für 90 Prozent ihrer Bevölkerun­g hätten – andere nur für 40 Prozent. Das sei „inakzeptab­el“. Österreich­s Kanzler Sebastian Kurz räumte am Freitag ein, dass ein Kompromiss gefunden werden müsse. Er wollte nicht sagen, wie viele zusätzlich­e Impfdosen er sich erhofft, zeigte sich aber optimistis­ch, dass sein Land von einer Lösung profitiere­n werde.

Eine gemeinsame Linie fand der EU-Gipfel hingegen zur Türkei: Dem Land wird wegen der Entspannun­g im Erdgasstre­it eine engere Partnersch­aft in Aussicht gestellt. Es soll mit den Vorbereitu­ngen für eine Ausweitung der Zollunion begonnen werden. Auch eine Visa-Liberalisi­erung wurde Ankara indirekt in Aussicht gestellt. Darüber hinaus will die EU die Zusammenar­beit in der Migrations­politik stärken und weitere Finanzhilf­en für die Versorgung syrischer Flüchtling­e vorbereite­n.

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