Rheinische Post Viersen

Löw baut auf sein starkes Mittelfeld

Nach dem Charaktert­est gegen Island folgt nun in Rumänien eine härtere Prüfung für das deutsche Team.

- VON JENS MENDE UND KLAUS BERGMANN

DUISBURG (dpa) Die drei klaren Botschafte­n wurden auch von den zuletzt heftig enttäuscht­en Fußballfan­s registrier­t. Ein couragiert­er Drei-Tore-Auftritt gegen Island, ein plakativer Protest gegen die Menschenre­chtsverlet­zungen im nächsten WM-Gastgeberl­and Katar und ein sensibler Umgang mit der Corona-Krise: Der Start der deutschen Fußball-Nationalma­nnschaft ins EM-Jahr lieferte erste zarte Gründe zur Zuversicht. Das Entscheide­nde am 3:0-Abend war: Anders als bei der historisch­en 0:6-Schmach in Spanien im November demonstrie­rte das Team mit einem starken Bayern-Block insbesonde­re eines: Charakter.

„Wir wollten von Anfang an Zeichen setzen“, sagte Löw nach dem Start der neuen WM-Qualifikat­ion, dem am Sonntag (20.45 Uhr/RTL) im schon Richtung weisenden Spiel beim schärfsten Rivalen Rumänien der nächste Erfolg folgen soll. „Wir wissen, dass wir unter besonderer Beobachtun­g waren“, ergänzte der im Sommer scheidende Bundestrai­ner.

Die Rumänen gewannen in der Gruppe J gegen Nordmazedo­nien knapp mit 3:2. Nur der Erste bucht in der Sechser-Staffel direkt das Ticket zur Winter-WM 2022. Löw will seinem noch unbekannte­n Nachfolger unbedingt die Tabellenfü­hrung mit maximalen neun Punkten übergeben. Mit der Einwechslu­ng des Deutsch-Engländers Jamal Musiala (18) gegen Island hat er dem DFB bereits einen Rohdiamant­en für die Zukunft gesichert.

Die Spieler vom starken Antreiber Joshua Kimmich über den neuen Torjäger Ilkay Gündogan bis hin zum umtriebige­n Angreifer Leroy Sané können auf dem Weg zum Saisonhöhe­punkt EM zunächst mitnehmen, dass sie auch Widrigkeit­en überwinden können. Mit der „Leidenscha­ft, für unser Land spielen zu dürfen“, wie es der ebenfalls starke Leon Goretzka ausdrückte, wurden erst einmal die Isländer klar bezwungen. Freilich war deren fußballeri­sches Vermögen nicht mit dem der Spanier zu vergleiche­n.

Nicht nur Goretzka sah „elf Jungs auf dem Platz, die richtig Bock haben“. Der Münchner schlug sich entspreche­nd nach seinem frühen Tor zum 1:0 beim Jubeln immer wieder vehement auf den Bundesadle­r auf der Trikotbrus­t. Die weiteren Tore von Kai Havertz und nach der Pause Gündogan drückten die Leidenscha­ft auch zahlenmäßi­g aus.

Löw lobte sein Mittelfeld besonders: „Das war ein Pfund und ein Gewicht für uns.“Und für die EM hat er auch noch seinen derzeit verletzten Star Toni Kroos dabei. „Warum sollte der um seinen Platz fürchten müssen? Das ist ein Weltklasse­spieler, der unsere Mannschaft natürlich auch prägt“, antwortete Löw nach dem Spiel irritiert auf die Frage, ob für den 31-jährigen Kroos überhaupt noch Platz sei.

Bei WM wird Löw nicht mehr in der Coaching-Zone stehen. Das aber spielt für ihn keine Rolle, wenn er jetzt mit seinem Team am Samstag

in den Charterfli­eger nach Bukarest steigt. Die Corona-Problemati­k dagegen wird den DFB-Tross nach dem ersten positiven Fall innerhalb des Nationalte­ams auch dorthin begleiten.

Die Kontakte sollen auf der Reise so gering wie möglich gehalten werden. Schon am Freitag hatte die medizinisc­he Abteilung im Düsseldorf­er Hotel zwei weitere Corona-Testreihen für alle Spieler und Betreuer angesetzt. Der Bundestrai­ner vertraut seinem Personal, „weil die Sinne absolut geschärft sind bei uns vom ersten Tag an“.

Auf Nachnomini­erungen will Löw auch deshalb zunächst verzichten, weil das durch das Anti-Corona-Konzept nicht so einfach ist. „Wir hoffen, dass es uns nicht mehr passiert, wenn wir jetzt länger in der Blase sind“, sagte er zu der Ansteckung­s-Problemati­k. Auf den positiv getesteten Gladbacher Jonas Hofmann und den Leipziger Marcel Halstenber­g, der als Kontaktper­son der ersten Kategorie ebenfalls in häusliche Quarantäne geschickt wurde, muss Löw nun verzichten.

Der seine Topform aus der englischen Liga unterstrei­chende Gündogan schickte nach dem Abpfiff in Duisburg beste Genesungsw­ünsche an Teamkolleg­e Hofmann. „Ich hoffe, er ist schnell wieder auf dem Platz“, sagte der Profi von Manchester City, der im vergangene­n Herbst selbst mit schweren Symptomen an Covid-19 erkrankt war.

Die Corona-Aufregung habe das Spiel gegen Island „nicht großartig beeinträch­tigt“, bemerkte Gündogan. Doch der 30-Jährige schloss an: „Die Allgemeins­ituation ist für alle schwierig. Wir sind privilegie­rt genug, dass wir noch arbeiten können, Fußball spielen können.“

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FOTO: MORITZ MÜLLER/IMAGO Emre Can (von links), Joshua Kimmich und Leon Goretzka jubeln beim Spiel gegen Island.

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