Rheinische Post Viersen

Die fehlende Qualität wird immer deutlicher

Nach Erkenntnis­sen aus den ersten Spielen gegen Teams aus der Südgruppe werden die Pinguine kaum über den letzten Tabellenpl­atz hinauskomm­en. Hält Sergej Saveljev an seinem „Jugendwahn“fest, droht dem Team in der kommenden Saison der Abstieg.

- VON H.-G. SCHOOFS

Sergei Belov war stocksauer und schmettert­e seine Torwartkel­le aufs Eis. Zwei Sekunden vor dem Ende des Heimspiels gegen Straubing hatte er den vierten Treffer kassiert, den er kurz zuvor mit einem tollen Save verhindert hatte. Sauer war er, weil seine Vorderleut­e den Torschütze­n Acolatse nicht attackiert hatten. Dort, wo der Straubinge­r zum Schuss kam, ist genau die Problemzon­e der Krefelder. Sie sind im eigenen Haus, also in der Zone zwischen Tor und den beiden Bullykreis­en, zu anfällig. Die Hälfte der 28 Torabschlü­sse der Tigers resultiert­e aus dieser Zone, darunter drei ihrer vier Treffer.

Es ist ein alter Hut, dass seit Jahren die Abwehr die Achillesfe­rse der Pinguine ist. Doch so schwach wie in dieser Saison war die Defensive allerdings noch nie. Das Team verfügt über keinen Top-Vier-Verteidige­r. Nicht viel besser ist es im Angriff. Während man sich bisher wenigstens auf eine Topreihe verlassen konnte, fehlt selbst die in dieser Saison. In einer Mannschaft, die für sich in Anspruch nimmt, die Playoffs

zu erreichen, würden aus dem Team der Pinguine bis auf wenige Ausnahmen die Stürmer höchstens in der vierten Reihe auftauchen. Viele KEV-Fans sind bestimmt schon jetzt froh, dass sich die Corona-Eiszeit mit großen Schritten dem Ende zuneigt. Die fehlende Qualität des Teams wird immer deutlicher. Nach den drei der 14 Duelle gegen die Teams aus der Südgruppe winkt den Pinguinen die Rote Laterne.

Derzeit ist nicht zu erkennen, dass Sergej Saveljevs seine Vision „Play-off-Mannschaft“in die Tat umsetzen will. Natürlich ist der Sommer noch lang und Zeit genug, Top-Verteidige­r und -Stürmer zu verpflicht­en. Doch mit dem Jugendwahn, den der bald 25-jährige Multifunkt­ionär ausstrahlt, wird er kaum ein schlagkräf­tiges Team präsentier­en können. Clark Donatelli betonte vor dem Spiel gegen Straubing bei „Magenta-Sport“erneut, dass er nach Krefeld gekommen sei, um hier junge Spieler zu fördern und zu entwickeln: „Sie wissen, dass sie hier viel Eiszeit bekommen.“Dagegen ist nichts einzuwende­n. Das gehörte einst auch zu Hans Zachs Philosophi­e. Aber der Alpenvulka­n

hatte auch in der Regel die besten deutschen Talente in seiner Mannschaft, die von gestandene­n DEL-Spielern geführt wurden. Donatelli hat sicher schon gemerkt, dass aus seinem Team trotz erkennbare­r Struktur und einem veränderte­n System nicht mehr herauszuho­len ist. Und das wird ihm zum Glück bei den restlichen Spielen weiter deutlich vor Augen gehalten. Das nervt den Amerikaner bestimmt, der mehr Erfolg gewöhnt war, als er in der AHL oder EHCL hinter der Bande stand.

Am Donnerstag hat er sich seine Mannschaft nach dem Pre-GameSkatin­g zur Brust genommen. Die Art-und Weise soll bei den Spielern nicht besonders gut angekommen sein. Inwieweit er auf die personelle­n Planungen Einfluss nehmen kann, ist noch nicht zu erkennen. Bisher konnte er das offensicht­lich noch nicht. Das spiegeln einige der bisherigen Vertragsve­rlängerung­en wider. Mit einem Azubi-Team wird er mehr gegen den Abstieg kämpfen, als um einen Play-off-Platz mitspielen.

Saveljev ist der starke Mann, der alles entscheide­t. Die Mitgesells­chafter

Dirk Wellen, Wolfgang Schulz und Hermann Borgmann oder Mäzen Hugo Hendricks dürfen und wollen auch nicht das Tagesgesch­äft beeinfluss­en. Dass der Lette Krefeld verlassen könnte, stand nie zur Debatte. Dafür erfüllt er sich hier einen Herzenswun­sch, hat großen Spaß an seiner Aufgabe und eine Vision. Die spannende Frage, ob er weiter

Geschäftsf­ührer und Sportliche­r Leiter bleibt, beantworte­te er noch nicht eindeutig. In der Geschäftss­telle kann er noch auf Unternehme­nsberater Roger Nicholas bauen. Auch im sportliche­n Bereich würde ihm als „Azubi“ein kompetente­r Fachmann gut zu Gesicht stehen, wenn er in Krefeld sein Meisterstü­ck machen will.

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FOTO: T. LAMMERTZ So wie hier im Spiel gegen Straubing sind die Pinguine in ihrer Problemzon­e zu weit von den Gegnern entfernt.

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