Paravents schaffen Ruhezonen
Modernes Wohnen kennt keine Wände. Aber der offene Grundriss hat Nachteile: Es gibt kaum Rückzugsorte.
DÜSSELDORF Nahezu in jedem Neubau und in vielen sanierten Altbauten sind die Grundrisse inzwischen offen. Die Küche geht fließend ins Esszimmer über, dieses wiederum ins Wohnzimmer. Büro, Spielzimmer und oft sogar die Schlafzimmer sind Teil eines großen, fast zwischenwandlosen Wohnraums. Für viele ein Traum. Doch dann kamen Corona und die Beschränkungen für den Alltag, Homeoffice und Homeschooling – und die ganze Familie sitzt ständig zu Hause aufeinander. Viel länger und intensiver als früher. Ohne Wände und ohne Türen, die sich verschließen lassen.
14,8 Millionen Menschen, rund ein Drittel der deutschen Erwerbstätigen, arbeiten in einem Bürojob, so das Institut der deutschen Wirtschaft (IW ) – Tendenz steigend. Für 85 Prozent von ihnen sei Homeoffice eine Option. Doch die Pandemie hat die heimischen, offen gestalteten vier Wände vor ganz neue Herausforderungen gestellt. Die Krise zeigte die Grenzen und Nachteile multifunktionaler Räume auf, allzu oft gleicht die ganze Wohnung einem Büro.
Die Trendforscherin Oona Horx-Strathern vom Zukunftsinstitut in Frankfurt am Main beschreibt das Arbeiten von zu Hause in dieser Situation gar als „eine brutale, darwinistische Lektion in Anpassungsfähigkeit, Kreativität und Geduld“. Weiter heißt es in ihrem Homereport 2021: „Trendige, offene Wohnräume oder Wohnküchen schienen plötzlich weniger ein cooler Hub für soziale Interaktionen zu sein, sondern eher ein Überlebensexperiment des Stärkeren (und Schnellsten). Die Top-Arbeitsplätze fanden sich in der Nähe von Routern oder in ruhigen Ecken; Schreibtische wurden besetzt oder entwendet, Privatsphäre wurde händeringend gesucht.“
„Der offene Wohnraum ist aktuell wenig praktikabel“, sagt Gabriela Kaiser, Wohn- und Trendanalystin aus Landsberg am Lech. Es fehlen einfach ruhige Plätze zum Telefonieren und Arbeiten und vor allem echte Rückzugsorte zum Luftholen und einfach mal Alleinsein. Sie plädiert daher dafür, den offenen Wohnraum mit flexiblen Trennwänden auszustatten. Oder mit Möbeln, die ebenfalls trennen können.
Paravents sind die einfachste und schnellste Lösung, um eine Ecke des Raums abzutrennen. Etwa die Arbeitsecke im Schlafzimmer, die man vom Bett aus nach Feierabend nicht sehen möchte. Oder von der aus die Kunden bei einem Videocall das Bett nicht sehen sollen.
Paravents können außerdem eine Rückzugsinsel abgrenzen. „Solche
Trennwände sind dann ein Zeichen an die Mitbewohner“, betont Kaiser. „Wenn ich dahinter bin, brauche ich mal einen Moment ohne Störung.“
Auch Tisch- und Schrankaufsätze, Wandabsorber, Rückzugsnischen und akustische Schrankrückwände rücken den Homeoffice-Partner aus dem Blickfeld und unterstützen so die Konzentration. Außerdem schlucken solche Raumtrenner Geräusche – zum Beispiel mit Stoff bespannte Paneele. Eine nicht zu unterschätzende Eigenschaft, wenn man zu dritt oder zu viert in einem Raum arbeiten will.
Für die Schaffung einer optischen Insel oder für eine echte Abtrennung eignen sich große Bücherregale, die mitten im Raum stehen. Sie können locker bestückt sein oder, wenn man eine Bücher-Wand braucht, natürlich vollgestellt werden. Kommodensysteme und Schrankelemente ergänzen die typischen Regaloptiken. Wer genügend Platz hat, kann sich so einen ganzen Arbeitsraum abtrennen. Viele Hersteller bieten sogar im Regal integrierte Schreibtische an – eine Möglichkeit, wieder echte Arbeitsecken oder -räume zu schaffen.