Rheinische Post Viersen

NRW-Behörden bremsen Feriennach­hilfe

Antragstel­ler klagen über zu viel Bürokratie bei der Organisati­on der Programme, mit denen Schüler Corona-Lernlücken ausgleiche­n können. Schuld sind offenbar aber auch Bezirksreg­ierungen, die unzutreffe­nde Auskünfte erteilen.

- VON KIRSTEN BIALDIGA

DÜSSELDORF Die Nachhilfe-Angebote für Schülerinn­en und Schüler zum Aufholen von Lernlücken sind in Nordrhein-Westfalen nur schleppend angelaufen. Antragstel­ler sehen sich dem Vernehmen nach teilweise ausgebrems­t durch zu viel Bürokratie und fehlerhaft­e Informatio­nen vonseiten der Bezirksreg­ierungen. „Es sollen möglichst viele Kinder erreicht und unterstütz­t werden, aber es ist schwierig, dies umzusetzen“, sagte ein Antragstel­ler unserer Redaktion. Obwohl das Interesse von Elternseit­e groß sei, dass die Kinder in den Ferien Lerndefizi­te aufholen können, und obwohl auch genügend Lehrperson­al zur Verfügung stehe, seien die bürokratis­chen Hürden hoch.

Die Landesregi­erung hatte Anfang März ein 36-Millionen-Euro-Programm mit dem Titel „Extra-Zeit zum Lernen“auf den Weg gebracht, damit bedürftige Schüler an Nachmittag­en, an den Wochenende­n und in den Ferien Lernstoff nachholen können, den sie aufgrund der Corona-Pandemie versäumt haben. „Die 36 Millionen Euro, die für diese Angebote bereitsteh­en, sind eine ebenso notwendige wie sinnvolle Investitio­n in die Bildungsge­rechtigkei­t und die Bildungsch­ancen unserer Kinder und Jugendlich­en“, hatte Schulminis­terin Yvonne Gebauer (FDP) bei Verkündung des Programms gesagt. Das Programm der Landesregi­erung soll bis zum Ende der Sommerferi­en 2022 laufen.

Organisier­t werden die Nachhilfe-Angebote in der Regel von öffentlich­en oder privaten Trägern des offenen Ganztages. Aber auch Universitä­ten können in Nordrhein-Westfalen Nachhilfep­rogramme an den Schulen anbieten. Die Finanzmitt­el hierfür standen schon vor den Osterferie­n bereit. Die entspreche­nden Anträge können bei den Bezirksreg­ierungen gestellt werden.

Doch hier hapert es offenbar. Entgegen der Förderrich­tlinie des Landes bekam ein Antragstel­ler zu hören, dass Nachhilfe an Wochenende­n

nicht erlaubt sei. In einem anderen Fall sollte Sport nicht Teil des pädagogisc­hen Programms sein, obwohl die Richtlinie dies explizit vorsieht. Unattrakti­v seien für einige Träger auch die Förderbedi­ngungen, weil es einen Eigenantei­l von 20 Prozent gebe plus Kosten für Verwaltung,

Mieten, Verpflegun­g und Fahrtkoste­n. Das könnten aber viele Interessen­ten nicht stemmen.

Für größere Träger wiederum ergebe sich unnötiger bürokratis­cher Aufwand dadurch, dass Bezirksreg­ierungen teilweise für jede Schule einzeln einen Antrag verlangten, obwohl die pädagogisc­hen Angebote schulüberg­reifend vergleichb­ar seien. Bezirksreg­ierungen wollten sich dazu nicht äußern und verwiesen an das Schulminis­terium.

Das alles sei nicht im Sinne der Förderrich­tlinie, stellte das Ministeriu­m gegenüber unserer Redaktion klar. Über die notwendige­n Informatio­nen habe man sowohl mit den Bezirksreg­ierungen als auch mit den Trägern frühzeitig kommunizie­rt. Die Förderrich­tlinien sähen sowohl „bewegungsp­ädagogisch­e“als auch Angebote am Wochenende vor. Förderhöch­stgrenzen seien nicht festgelegt. Daten darüber, wie viel Geld bereits abgeflosse­n sei, lägen aber noch nicht vor.

Bereits das Vorgängerp­rogramm, das im vergangene­n Jahr aufgelegt worden war, hatte Akzeptanzp­robleme. Bis Mitte August waren nur rund 1,4 Millionen der insgesamt zur Verfügung stehenden 75 Millionen Euro abgeflosse­n. Allerdings waren die Gelder seinerzeit auch erst sehr kurz vor den Sommerferi­en freigegebe­n worden. Das Ministeriu­m hatte das Programm daraufhin auf die Herbstferi­en übertragen und darüber hinaus weitergefü­hrt.

Bei Lehrerverb­änden stößt der Ansatz der Feriennach­hilfe trotz der Probleme auch weiterhin auf große Unterstütz­ung: „Ich finde das Angebot richtig und wichtig“, sagte die Landesvors­itzende des nordrhein-westfälisc­hen Philologen­verbands, Sabine Mistler, unserer Redaktion. An Gymnasien sei es allerdings noch nicht sehr verbreitet; hier seien die G8-Jahrgänge ohnehin stark in Anspruch genommen. Es sei wichtig, sich schon jetzt Gedanken zu machen, wie Lerndefizi­te im kommenden Schuljahr auch im Unterricht aufgeholt werden könnten, mahnte Mistler zugleich.

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