NRW-Behörden bremsen Feriennachhilfe
Antragsteller klagen über zu viel Bürokratie bei der Organisation der Programme, mit denen Schüler Corona-Lernlücken ausgleichen können. Schuld sind offenbar aber auch Bezirksregierungen, die unzutreffende Auskünfte erteilen.
DÜSSELDORF Die Nachhilfe-Angebote für Schülerinnen und Schüler zum Aufholen von Lernlücken sind in Nordrhein-Westfalen nur schleppend angelaufen. Antragsteller sehen sich dem Vernehmen nach teilweise ausgebremst durch zu viel Bürokratie und fehlerhafte Informationen vonseiten der Bezirksregierungen. „Es sollen möglichst viele Kinder erreicht und unterstützt werden, aber es ist schwierig, dies umzusetzen“, sagte ein Antragsteller unserer Redaktion. Obwohl das Interesse von Elternseite groß sei, dass die Kinder in den Ferien Lerndefizite aufholen können, und obwohl auch genügend Lehrpersonal zur Verfügung stehe, seien die bürokratischen Hürden hoch.
Die Landesregierung hatte Anfang März ein 36-Millionen-Euro-Programm mit dem Titel „Extra-Zeit zum Lernen“auf den Weg gebracht, damit bedürftige Schüler an Nachmittagen, an den Wochenenden und in den Ferien Lernstoff nachholen können, den sie aufgrund der Corona-Pandemie versäumt haben. „Die 36 Millionen Euro, die für diese Angebote bereitstehen, sind eine ebenso notwendige wie sinnvolle Investition in die Bildungsgerechtigkeit und die Bildungschancen unserer Kinder und Jugendlichen“, hatte Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP) bei Verkündung des Programms gesagt. Das Programm der Landesregierung soll bis zum Ende der Sommerferien 2022 laufen.
Organisiert werden die Nachhilfe-Angebote in der Regel von öffentlichen oder privaten Trägern des offenen Ganztages. Aber auch Universitäten können in Nordrhein-Westfalen Nachhilfeprogramme an den Schulen anbieten. Die Finanzmittel hierfür standen schon vor den Osterferien bereit. Die entsprechenden Anträge können bei den Bezirksregierungen gestellt werden.
Doch hier hapert es offenbar. Entgegen der Förderrichtlinie des Landes bekam ein Antragsteller zu hören, dass Nachhilfe an Wochenenden
nicht erlaubt sei. In einem anderen Fall sollte Sport nicht Teil des pädagogischen Programms sein, obwohl die Richtlinie dies explizit vorsieht. Unattraktiv seien für einige Träger auch die Förderbedingungen, weil es einen Eigenanteil von 20 Prozent gebe plus Kosten für Verwaltung,
Mieten, Verpflegung und Fahrtkosten. Das könnten aber viele Interessenten nicht stemmen.
Für größere Träger wiederum ergebe sich unnötiger bürokratischer Aufwand dadurch, dass Bezirksregierungen teilweise für jede Schule einzeln einen Antrag verlangten, obwohl die pädagogischen Angebote schulübergreifend vergleichbar seien. Bezirksregierungen wollten sich dazu nicht äußern und verwiesen an das Schulministerium.
Das alles sei nicht im Sinne der Förderrichtlinie, stellte das Ministerium gegenüber unserer Redaktion klar. Über die notwendigen Informationen habe man sowohl mit den Bezirksregierungen als auch mit den Trägern frühzeitig kommuniziert. Die Förderrichtlinien sähen sowohl „bewegungspädagogische“als auch Angebote am Wochenende vor. Förderhöchstgrenzen seien nicht festgelegt. Daten darüber, wie viel Geld bereits abgeflossen sei, lägen aber noch nicht vor.
Bereits das Vorgängerprogramm, das im vergangenen Jahr aufgelegt worden war, hatte Akzeptanzprobleme. Bis Mitte August waren nur rund 1,4 Millionen der insgesamt zur Verfügung stehenden 75 Millionen Euro abgeflossen. Allerdings waren die Gelder seinerzeit auch erst sehr kurz vor den Sommerferien freigegeben worden. Das Ministerium hatte das Programm daraufhin auf die Herbstferien übertragen und darüber hinaus weitergeführt.
Bei Lehrerverbänden stößt der Ansatz der Feriennachhilfe trotz der Probleme auch weiterhin auf große Unterstützung: „Ich finde das Angebot richtig und wichtig“, sagte die Landesvorsitzende des nordrhein-westfälischen Philologenverbands, Sabine Mistler, unserer Redaktion. An Gymnasien sei es allerdings noch nicht sehr verbreitet; hier seien die G8-Jahrgänge ohnehin stark in Anspruch genommen. Es sei wichtig, sich schon jetzt Gedanken zu machen, wie Lerndefizite im kommenden Schuljahr auch im Unterricht aufgeholt werden könnten, mahnte Mistler zugleich.