Der Frühling lässt auf sich warten
Zwar steigen die Temperaturen nach dem Schneefall wieder, es bleibt aber kühl. Meteorologen beobachten: Der April ändert sein Gesicht.
DÜSSELDORF Die gute Nachricht: Mit dem Schnee ist es wohl größtenteils erst mal vorbei. Die schlechte: Der Frühling lässt trotz zuletzt einiger sehr warmer Tage weiter auf sich warten. Denn auch wenn das kommende Wochenende in Nordrhein-Westfalen mit gebietsweise bis zu 14 Grad deutlich milder ausfällt als in den vergangenen Tagen, gehen die Temperaturen in der Woche darauf schon wieder nach unten. Wie tief, ist noch unklar. „Dabei wird es zunächst mal bleiben“, sagt Ines Wiegand, Meteorologin beim Deutschen Wetterdienst (DWD). Eine durchgreifende Wetteränderung ist also vorläufig nicht in Sicht.
Am Mittwochmorgen kam es durch den Schnee vor allem im Berufsverkehr zu etlichen Behinderungen. Immerhin waren im Sauerland und Siegerland laut Wiegand bis zu 20 Zentimeter Neuschnee gefallen, in der Eifel waren es zehn bis 15 Zentimeter, im Bergischen etwa zehn Zentimeter. In Wermelskirchen waren die Helfer des Winterdienstes selbst auf Hilfe angewiesen. Ein Streu- und Räumfahrzeug war in den Graben gerutscht und umgekippt. Verletzt wurde bei dem Unfall niemand.
Im Kreis Warendorf stellte sich ein Sattelschlepper quer, wie die Polizei am Morgen mitteilte. In Datteln am Nordrand des Ruhrgebietes rutschte ein Lkw in einen Graben. Dadurch sei eine Leitplanke beschädigt worden, teilte ein Polizeisprecher mit. Auch in den Stadtgebieten von Duisburg und Hamm warnten die
Beamten vor glatten Kurven und Brücken. In Duisburg seien mehrere Brücken gesperrt worden. Manche Fahrzeuge bekamen Probleme, weil sie schon Sommerreifen aufgezogen hatten.
Dabei ist der April meteorologisch gesehen ein Übergangsmonat, in dem immer mit Wetterkapriolen zu rechnen ist. Anfang und Ende des Monats könnten sich von den Temperaturen her deutlich unterscheiden, sagt Wiegand. Daher sei es momentan auch nicht zu kalt, es werde von den meisten Menschen nur so empfunden, weil es in den vergangenen Jahren um diese Zeit eher zu warm gewesen sei. Laut Wetterexperte
Frank Böttcher, der regelmäßig den Extremwetter-Kongress organisiert, hat der April mit vielen Sonnenstunden und angenehmen 20 Grad in den vergangenen zehn Jahren gefühlt den Mai abgelöst. „Noch vor 30 Jahren wäre der aktuelle April als völlig normal empfunden worden“, sagt Böttcher.
Das aber hat sich geändert. Seit vielen Jahren sei ein typisch launenhafter April nur phasenweise zu beobachten, sagt Björn Goldhausen, Meteorologe bei Wetter Online: „In den vergangenen Jahren gab es sogar sehr trockene Perioden. In einigen Regionen Deutschlands kam in manchen Jahren nur sehr wenig Regen im ganzen Monat zusammen.“So herrschte 2019 verbreitet große Trockenheit mit Waldbränden. Im Folgejahr war der April der dritttrockenste seit Messbeginn. „Oftmals sprach man schon von einem Aprilsommer mit Höchstwerten bis nahe 30 Grad“, erläutert der Meteorologe.
Dass es derzeit so anhaltend kalt sei, liege an den Höhenströmungen, erklärt Experte Böttcher. Wenn über Grönland Tiefdruckgebiete liegen, schaufeln diese normalerweise warme Luft aus dem Süden nach Westeuropa. Nun fehlen diese Tiefs aber, und kalte Polarluft strömt aus dem Norden direkt nach Deutschland. Drumherum, etwa in Osteuropa, sei es deutlich milder als bei uns, sagt Böttcher. „Und diese Strömungsmuster sind leider immer sehr hartnäckig.“Die vorübergehende Wärmephase sei nur eine kurze Unterbrechung gewesen, eine gravierende Veränderung zeichne sich momentan nicht ab. Denn
auch über Südosteuropa liegt kalte Luft – wenn die Strömung sich entsprechend drehen würde, bringt das laut Böttcher keine Entspannung.
Allerdings bedeutet das nicht, dass die Wetterlage den kompletten Frühling und den Sommer beeinträchtigt. „Da gilt es den Mai abzuwarten, um bessere Aussagen treffen zu können“, sagt Böttcher. Je nachdem, wie sich der Monat entwickle, könnten Rückschlüsse auf den Sommer gezogen werden. Bleibt der Mai eher niederschlagsfrei, ist auch eher mit einem trockenen Sommer zu rechnen, sagt Böttcher. Entscheidend dafür seien die Luftströmungen, die oft lange Zeit stabil bleiben würden. „Momentan braucht es eben den Impuls an der Südspitze Grönlands, damit die Wetterlage sich ändert“, sagt Böttcher. „Und das kann dauern.“