Rheinische Post Viersen

Der Frühling lässt auf sich warten

Zwar steigen die Temperatur­en nach dem Schneefall wieder, es bleibt aber kühl. Meteorolog­en beobachten: Der April ändert sein Gesicht.

- VON JÖRG ISRINGHAUS

DÜSSELDORF Die gute Nachricht: Mit dem Schnee ist es wohl größtentei­ls erst mal vorbei. Die schlechte: Der Frühling lässt trotz zuletzt einiger sehr warmer Tage weiter auf sich warten. Denn auch wenn das kommende Wochenende in Nordrhein-Westfalen mit gebietswei­se bis zu 14 Grad deutlich milder ausfällt als in den vergangene­n Tagen, gehen die Temperatur­en in der Woche darauf schon wieder nach unten. Wie tief, ist noch unklar. „Dabei wird es zunächst mal bleiben“, sagt Ines Wiegand, Meteorolog­in beim Deutschen Wetterdien­st (DWD). Eine durchgreif­ende Wetterände­rung ist also vorläufig nicht in Sicht.

Am Mittwochmo­rgen kam es durch den Schnee vor allem im Berufsverk­ehr zu etlichen Behinderun­gen. Immerhin waren im Sauerland und Siegerland laut Wiegand bis zu 20 Zentimeter Neuschnee gefallen, in der Eifel waren es zehn bis 15 Zentimeter, im Bergischen etwa zehn Zentimeter. In Wermelskir­chen waren die Helfer des Winterdien­stes selbst auf Hilfe angewiesen. Ein Streu- und Räumfahrze­ug war in den Graben gerutscht und umgekippt. Verletzt wurde bei dem Unfall niemand.

Im Kreis Warendorf stellte sich ein Sattelschl­epper quer, wie die Polizei am Morgen mitteilte. In Datteln am Nordrand des Ruhrgebiet­es rutschte ein Lkw in einen Graben. Dadurch sei eine Leitplanke beschädigt worden, teilte ein Polizeispr­echer mit. Auch in den Stadtgebie­ten von Duisburg und Hamm warnten die

Beamten vor glatten Kurven und Brücken. In Duisburg seien mehrere Brücken gesperrt worden. Manche Fahrzeuge bekamen Probleme, weil sie schon Sommerreif­en aufgezogen hatten.

Dabei ist der April meteorolog­isch gesehen ein Übergangsm­onat, in dem immer mit Wetterkapr­iolen zu rechnen ist. Anfang und Ende des Monats könnten sich von den Temperatur­en her deutlich unterschei­den, sagt Wiegand. Daher sei es momentan auch nicht zu kalt, es werde von den meisten Menschen nur so empfunden, weil es in den vergangene­n Jahren um diese Zeit eher zu warm gewesen sei. Laut Wetterexpe­rte

Frank Böttcher, der regelmäßig den Extremwett­er-Kongress organisier­t, hat der April mit vielen Sonnenstun­den und angenehmen 20 Grad in den vergangene­n zehn Jahren gefühlt den Mai abgelöst. „Noch vor 30 Jahren wäre der aktuelle April als völlig normal empfunden worden“, sagt Böttcher.

Das aber hat sich geändert. Seit vielen Jahren sei ein typisch launenhaft­er April nur phasenweis­e zu beobachten, sagt Björn Goldhausen, Meteorolog­e bei Wetter Online: „In den vergangene­n Jahren gab es sogar sehr trockene Perioden. In einigen Regionen Deutschlan­ds kam in manchen Jahren nur sehr wenig Regen im ganzen Monat zusammen.“So herrschte 2019 verbreitet große Trockenhei­t mit Waldbrände­n. Im Folgejahr war der April der dritttrock­enste seit Messbeginn. „Oftmals sprach man schon von einem Aprilsomme­r mit Höchstwert­en bis nahe 30 Grad“, erläutert der Meteorolog­e.

Dass es derzeit so anhaltend kalt sei, liege an den Höhenström­ungen, erklärt Experte Böttcher. Wenn über Grönland Tiefdruckg­ebiete liegen, schaufeln diese normalerwe­ise warme Luft aus dem Süden nach Westeuropa. Nun fehlen diese Tiefs aber, und kalte Polarluft strömt aus dem Norden direkt nach Deutschlan­d. Drumherum, etwa in Osteuropa, sei es deutlich milder als bei uns, sagt Böttcher. „Und diese Strömungsm­uster sind leider immer sehr hartnäckig.“Die vorübergeh­ende Wärmephase sei nur eine kurze Unterbrech­ung gewesen, eine gravierend­e Veränderun­g zeichne sich momentan nicht ab. Denn

auch über Südosteuro­pa liegt kalte Luft – wenn die Strömung sich entspreche­nd drehen würde, bringt das laut Böttcher keine Entspannun­g.

Allerdings bedeutet das nicht, dass die Wetterlage den kompletten Frühling und den Sommer beeinträch­tigt. „Da gilt es den Mai abzuwarten, um bessere Aussagen treffen zu können“, sagt Böttcher. Je nachdem, wie sich der Monat entwickle, könnten Rückschlüs­se auf den Sommer gezogen werden. Bleibt der Mai eher niederschl­agsfrei, ist auch eher mit einem trockenen Sommer zu rechnen, sagt Böttcher. Entscheide­nd dafür seien die Luftströmu­ngen, die oft lange Zeit stabil bleiben würden. „Momentan braucht es eben den Impuls an der Südspitze Grönlands, damit die Wetterlage sich ändert“, sagt Böttcher. „Und das kann dauern.“

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FOTO: POLIZEI BERGISCHER KREIS/DPA In Wermelskir­chen ist ein Streu- und Räumfahrze­ug auf schneeglat­ter Fahrbahn in den Graben gerutscht, umgekippt und auf der Seite liegengebl­ieben. Verletzt wurde bei dem Unfall niemand.

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