Rheinische Post Viersen

Soll der Bund, oder soll er nicht?

Gesundheit­spolitiker kritisiere­n, es fehlten Vorschläge für ein Corona-Gesetz.

- VON GREGOR MAYNTZ UND JANA WOLF

BERLIN Nimmt man Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU) beim Wort, bleiben ihr noch vier Tage Zeit, um bei der Corona-Bekämpfung von Bund und Ländern einen schlagkräf­tigen Plan vorzulegen. „Ich werde jetzt nicht tatenlos 14 Tage zusehen, und es passiert nichts, was eine Trendumkeh­r verspricht“, hatte Merkel bei Anne Will vor rund eineinhalb Wochen gesagt. Merkel zog in Erwägung, das Infektions­schutzgese­tz zu ändern und mehr Kompetenze­n an den Bund zu ziehen. Passiert ist seitdem wenig.

Am Mittwoch ließ die Kanzlerin mitteilen, dass die Bundesregi­erung einen „kurzen einheitlic­hen Lockdown“befürworte­t. Ein gemeinsame­s, bundeseinh­eitliches Vorgehen sei wichtig. Einen konkreten Plan gibt es jedoch nicht. Stattdesse­n erneutes Abwägen: Ob und in welchem Umfang zusätzlich­e bundeseinh­eitliche Vorgaben notwendig seien, sei „Gegenstand laufender Beratungen“. Diskutiert wird auch über die Testpflich­t von Geimpften. Personen mit vollständi­gem Impfschutz könnten so behandelt werden wie Menschen, die über ein tagesaktue­ll negatives Testergebn­is verfügten, heißt es in einer Empfehlung

des Bundesgesu­ndheitsmin­isteriums.

Gesundheit­spolitiker verschiede­ner Couleur kritisiert­en, dass es an konkreten Vorschläge­n der Bundesregi­erung für ein Corona-Bundesgese­tz fehle. „Viele Ankündigun­gen haben sich in Luft aufgelöst“, sagte FDP-Gesundheit­sexperte Wolfgang Ullmann. Die FDP-Fraktion sei zwar dazu bereit, „über einen sinnvollen Vorschlag zu diskutiere­n“, forderte jedoch ein eigenes Gesetz. „Die Änderungen zum Infektions­schutzgese­tz via Änderungsa­ntrag an ein laufendes Gesetzesve­rfahren anzukoppel­n, wäre nicht angemessen“, sagte Ullmann. Die parlamenta­rische Beratung bliebe auf der Strecke, Experten könnten nicht mehr angehört werden. Auch die Grünen kritisiert­en, dass den Worten der Kanzlerin bislang keine Taten gefolgt seien. „Es gibt keinen Gesetzentw­urf der Bundesregi­erung,

der eine Grundlage für ein einheitlic­hes und rechtsstaa­tliches Vorgehen des Bundes schaffen würde“, sagte Gesundheit­sexpertin Maria Klein-Schmeink.

Innerhalb der Unionsfrak­tion herrscht Uneinigkei­t, ob eine bundesgese­tzliche Lösung praktikabe­l ist. Unionsfrak­tionsvize Thorsten Frei (CDU) zeigte sich skeptisch, eine schnelle Lösung zu finden. Der Bundestag könne sich zwar jederzeit zu einer Sondersitz­ung treffen. „Allerdings spricht nicht viel dafür, dass man ein solches Gesetz ohne Zustimmung des Bundesrate­s erreichen kann“, sagte Frei. Die nächste reguläre Plenarsitz­ung des Bundesrate­s findet am 7. Mai statt. „Deswegen ist es schwierig, das zügig umzusetzen“, sagte der CDU-Politiker. Laut dem Vorsitzend­en des Gesundheit­sausschuss­es, Erwin Rüddel (CDU), wäre der Bund bereit, mehr Verantwort­ung zu übernehmen. „Die Länder müssen dafür einen Teil ihrer Kompetenze­n dann aber auch bewusst abgeben, damit kein kontraprod­uktives Kompetenzg­erangel entsteht“, so Rüddel. Die Vorsitzend­e des Innenaussc­husses, Andrea Lindholz (CSU), sprach sich klar für eine Gesetzesän­derung aus. Sie halte es für richtig, „die Regeln verbindlic­her, verständli­cher und einheitlic­her auszugesta­lten“.

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FOTO: DPA Stehen in der Kritik: Jens Spahn, Angela Merkel und Horst Seehofer

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