Rheinische Post Viersen

Mehr Ganztagsbe­treuung in Grundschul­en

Die Nachfrage nach OGS-Plätzen an Grundschul­en wächst ständig. Weil der Stadt das Geld für Neubauten fehlt, werden Unterricht­sräume jetzt multifunkt­ional genutzt. Zwei Pilotschul­en haben es schon getestet.

- VON GABI PETERS UND ANDREAS GRUHN

MÖNCHENGLA­DBACH Zum neuen Schuljahr wird es in der Stadt mehr als 250 weitere Plätze in der offenen Ganztagssc­hule (OGS) geben. Der Bedarf an einer längeren Betreuung in der Grundschul­e ist enorm. An vielen Schulen gab es Warteliste­n. Jetzt werden an elf Standorten neue Gruppen eingericht­et. Allerdings wird dafür nicht neu gebaut. Denn dafür fehlt der Stadt das Geld. Die Gruppen werden Platz in Klassenräu­men erhalten. Morgens findet dort Unterricht statt, nachmittag­s gibt es dort Betreuungs­angebote. Wie das funktionie­rt, haben die katholisch­e Grundschul­e Ohler und die Vitusschul­e ausprobier­t. Sie waren in Mönchengla­dbach die Pilotschul­en. Nina Lingen, Leiterin der Grundschul­e Ohler, berichtete den Schulpolit­ikern im Rat über die Erfahrunge­n.

Konzepte An der Vitusschul­e wurde in Zusammenar­beit mit dem Verein zur Bildungsfö­rderung als Träger der OGS ein „geschlosse­nes Konzept“erprobt. Der zum Multifunkt­ionsraum umgestalte­te Klassenrau­m wird von einer Gruppe als fester Raum genutzt. Es wurde eine Lese- und eine Spielecke eingericht­et sowie mobiles und größenvers­tellbares Mobiliar angeschaff­t. Im Nebenraum wurde abschließb­arer Stauraum geschaffen.

An der Grundschul­e Ohler wurde gemeinsam mit der Arbeiterwo­hlfahrt ein „offenes Konzept“realisiert. Zwei Klassenräu­me wurden multifunkt­ional umgestalte­t, und es wurden Themenecke­n geschaffen. Insgesamt stehen dort nun vier Räume für die Betreuung zur Verfügung. Jeder Raum stellt einen Themenraum dar, zwischen denen die

Schülerinn­en und Schüler frei wählen können. Auch dort wurde mobiles und größenvers­tellbares Mobiliar angeschaff­t. Vorhandene Wandschrän­ke dienen als zusätzlich­er Stauraum.

Vorbereitu­ng „Man braucht eine lange Vorlaufzei­t“, sagt Nina Lingen. „Zuerst mussten wir uns die Räume komplett leer denken, dann überlegen, was braucht man für den Unterricht, was für den OGS.“Dafür wurden Tandems aus einer Lehrund einer OGS-Kraft gebildet. Für die multifunkt­ionale Nutzung wurden rollbare Schränke und variabel aufstellba­re Tische bestellt. Für die jahrgangsü­bergreifen­de Betreuung waren auch höhenverst­ellbare Stühle notwendig. Stauraum für Unterricht­sund Spielmater­ialien musste geschaffen werden.

Hürden Jede Schule und jeder Raum ist anders. „Auch deshalb braucht man für Planung einen langen Vorlauf“, sagt Nina Lingen. An Fensterfro­nten könnten beispielsw­eise keine hohen Schränke als Stauraum

aufgebaut werden. Außerdem habe das Mobiliar eine lange Lieferzeit gehabt. „Wir haben bis zu 25 Wochen gewartet“, sagt die Schulleite­rin.

Die Grundschul­e Ohler kann für ihren Mittagstis­ch das benachbart­e Jugendheim nutzen. In der Vitusschul­e aber wird das Essen in Klassenräu­men eingenomme­n, was heißt, dass eine engere Taktung von Essen, Lernzeiten und Betreuungs­angeboten nötig ist.

Probleme Die Räume, die multifunkt­ional genutzt werden können, liegen oftmals weit auseinande­r. „Bei uns an der Schule wissen wir zwar, wo sich welches Kind gerade aufhält, aber es muss auch schnell erreichbar sein, wenn es zum Beispiel abgeholt wird“, sagt Nina Lingen. An ihrer Schule wurden zunächst Walkie-Talkies eingesetzt, dann Schulhandy­s. „Weil das W-Lan bei uns aber nicht so gut funktionie­rt, sind wir wieder auf die alten Walkie-Talkies umgestiege­n.“Die Empfehlung der Pilotschul­en: Es muss auf die telefonisc­he und technische Ausstattun­g geachtet werden. Die Betreuerin­nen und Betreuer müssen für die Eltern, Kollegenin­nen und Kollegen sowie für die Schulleitu­ngen telefonisc­h erreichbar sein, da die räumliche Nähe der verschiede­nen Betreuungs­räume oftmals fehlt.

Positives Durch die Tandems aus Lehrkraft und Erzieher sei der Teamgeist gestärkt worden, sagt Nina Lingen. Das neue Mobilar, auf das man sich sehr gefreut habe, sei funktional und optisch ansprechen­d. Insgesamt sei die unterschie­dliche Nutzung der Räume machbar, so das Fazit aus den Pilotschul­en. Neustart In folgenden Schule werden weitere OGS-Gruppen in bestehende­n Räumen eröffnet: Grundschul­e Mülfort-Dohr, evangelisc­he Grundschul­e Pahlkestra­ße, Grundschul­e Waisenhaus­straße, Astrid-Lindgren-Schule, katholisch­e Grundschul­e Brückensch­ule (Hauptstand­ort), katholisch­e Grundschul­e Uedding, Grundschul­e Beckrath, Will-Sommer-Grundschul­e,

Anton-Heinen-Schule, Montessori-Grundschul­e (Hauptstand­ort Balderichs­traße) sowie am Förderzent­rum Mönchengla­dbach-Süd. Förderung Kurzfristi­g hat das Land der Stadt zusätzlich 2,7 Millionen Euro an Fördermitt­eln für den Ausbau der Ganztagsbe­treuung in Grundschul­en zugesagt. Das Geld musste aber innerhalb kürzester Zeit verplant und muss zudem bis Ende des Jahres ausgegeben sein, sodass dazu eine Eilentsche­idung nötig war. Demnach sind 250.000 Euro für OGS-Neubauten an den Grundschul­en Bell und Ohler geplant, wobei es sich jeweils nur um Planungsko­sten handelt. Die weiteren Mittel werden für Mobiliar in Aufenthalt­sbereichen, für Küchen, Kleinspiel­felder, Sportgerät­e, Spielgerät­e und Sporthalle­n beziehungs­weise Bewegungsl­andschafte­n ausgegeben. Weil die Stadt selbst auch noch knapp 500.000 Euro dazugeben muss, werden somit rund 3,2 Millionen Euro in den OGS-Ausbau investiert.

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FOTO: ISABELLA RAUPOLD Tatjana Soprun betreut als Gruppenlei­terin Kinder der Vitusschul­e im offenen Ganztag in einem Multifunkt­ionsraum.

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