Kopfschütteln und viele Fragen
Der Distanzunterricht sorgt für Frust und Ärger bei Opposition und Lehrern.
DÜSSELDORF Die Kehrtwende kam am späten Donnerstagnachmittag. Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP) hatte noch am Tag zuvor die Schulträger darüber informiert, dass sie sich ab Montag wieder auf den Wechselunterricht einstellen sollten, doch nur wenige Stunden später war das Makulatur. Alle Schüler – mit Ausnahme der Abschlussjahrgänge und der Abiturienten des kommenden Jahres – wechseln wieder in den Distanzunterricht. Begründet wurde dies mit der diffusen Infektionslage. Dass Lieferverzögerungen bei den Tests eine Rolle gespielt haben sollen, wies das Ministerium gestern zurück.
Auch wenn Lehrer, Eltern und Schüler kurz vor Schulstart nun zumindest in dieser zentralen Frage Klarheit haben, bleiben Fragen unbeantwortet – etwa zur Testpflicht für all jene, die jetzt weiter in Präsenz unterrichtet werden.
„Wie soll diese vermeintliche Testpflicht überhaupt durchgesetzt werden? Und was genau soll passieren, wenn Schülerinnen und Schüler den Test verweigern?“, fragt der schulpolitische Sprecher der SPD-Landtagsfraktion, Jochen Ott. Insbesondere ältere
Schüler im Berufskolleg
oder Gymnasium hätten oft Angst vor einer Testung und einer möglichen Quarantäne so kurz vor den Prüfungen. „Frau Gebauer muss diesen Schülern jetzt ein klares Angebot machen, wie man mit ihnen im Falle einer Positivtestung umgeht. Das ist sie den Schülern schuldig.“
Die bildungspolitische Sprecherin der Grünen, Sigrid Beer, vermisst eine Rechtsgrundlage für die Testpflicht. Tatsächlich lag bis zum Freitagabend noch keine neue Corona-Betreuungsverordnung vor. „Auch wäre ja mal interessant, ob die Schulen sich externe Hilfe bei den Testungen holen können. Einige Lehrerkollegien sind ja aufgrund von Schwangerschaften und Ähnlichem deutlich dezimiert“, so Beer. Externe Hilfe auf dem Schulgelände ist offenbar nicht geplant. Doch das Schulministerium teilte mit, die Schüler könnten alternativ einen Bürgertest aus einem der dafür zuständigen Zentren vorweisen. Dieser solle höchstens 48 Stunden zurückliegen. Beer kritisierte die gelieferten Tests als unpraktisch: „Dort kommen jetzt andere Test-Settings an, als bisher im Gebrauch waren. Die sind deutlich komplizierter im Handling“, sagt Beer. Sie frage sich, wie das in Grund- und Förderschulen laufen solle. „Bei den praktikableren Spuck- oder Lolli-Tests ist die Beschaffung und Verteilung noch nicht vorbereitet.“
Der Präsident des nordrhein-westfälischen Lehrerverbands, Andreas Bartsch, kritisiert die Entscheidung, die Tests in den Schulen durchzuführen: „Niedersachsen hatte eine ganz gute Regelung gefunden, bei der die Schüler sich zu Hause testen und eine eidesstattliche Erklärung abgeben.“Es könne nicht sein, dass die eh schon knappen Schulstunden fürs Testen draufgingen.
Die Kultusministerkonferenz entschied noch am Donnerstagabend, dass das Abitur normal stattfinden solle. Beer findet zwar, dass sich die Schüler, die sich das zutrauten, auch die Prüfung ablegen sollten. Zugleich fordert sie Alternativkonzepte: „Ich hielte es für sinnvoll, wenn man Ausweichtermine für die Prüfungen anbietet. Zentrale Prüfungen in den zehnten Klassen sind zudem einfach nicht darstellbar. Ich befürchte, dass gegen viele Ergebnisse geklagt wird.“
Beim Abitur solle man für diejenigen, die noch nicht so weit seien, mehr Zeit zur Verfügung stellen und alternative Prüfungstermine etwa am Ende der Sommerferien zulassen. „Die Betroffenen könnten ihre Ausbildung erst zum 1. Februar antreten oder zum Sommersemester ins Studium starten“, sagt die Grünen-Politikerin.