Jahresabschlüsse widersprechen Defizit
Gemeindeprüfungsanstalt kündigt nach Haushalts-Prüfung ein strukturelles Defizit von 3,8 Millionen Euro an.
NETTETAL Der Prüfbericht liegt noch gar nicht vor, sorgte aber schon im Vorfeld für Aufregung. Im Ältestenrat hatte Kämmerer Norbert Müller den Fraktionsvorsitzenden lediglich mitgeteilt, dass die Gemeindeprüfungsanstalt (GPA) in Herne für die Stadt Nettetal ein strukturelles Defizit von 3,8 Millionen Euro erwarte. In der Beratung des Haushaltsentwurfs in der Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses geisterte das strukturelle Defizit bereits durch die Diskussion. Aber letzten Endes wurde der Haushaltsentwurf für 2021 mit einem Minus von 380.000 Euro einstimmig beschlossen.
Damit ist auch Kämmerer Norbert Müller voll und ganz zufrieden. Er verweist darauf, dass in den Ergebnissen die Haushalte der Stadt in den vergangenen Jahren immer im Plus abgeschlossen hätten. Eine gute Konjunktur führte zu mehr Einnahmen bei der Gewerbesteuer, Grundstücksverkäufe kamen hinzu oder die Abführungen der städtischen Tochterunternehmen. Für die GPA sind das alles Sondereffekte, die sie herauszieht. Die Gewerbesteuer wird im Durchschnitt der vergangenen fünf Jahre gerechnet, konjunkturelle Schwankungen entfallen damit. In diesem bereinigtem Fall gelte für die Stadt ein struktureller Fehlbedarf. Das bedeutet: Die Ausgaben sind zu hoch für die Einnahmen. Schwer kalkulierbar sind der Finanzausgleich durch das Land (die Schlüsselzuweisungen sanken von 26 auf 23 Prozent) und die Höhe der jeweiligen Kreisumlage.
Die Politik war vor vier Jahren schockiert über ein von der GPA ausgewiesenes Minus von zwei Millionen Euro. Strukturell heißt hier ein dauerhafter Zustand, nicht ein einmaliger Ausrutscher. Ziel der Politik waren damals etliche Sparrunden, auch die Grundsteuer B wurde erhöht. So schaffte Nettetal 1,6 Millionen von den ausgewiesenen zwei
Millionen Euro aufzuarbeiten. Mit stets ausgeglichenen Ergebnissen des Haushalts im Rücken sieht Müller die Diskussion sehr gelassen. Hätte Nettetal nur die durchschnittlichen Einnahmen erhalten, wäre der Haushalt defizitär geworden. Ist er aber nicht, weil in der Wirklichkeit die Konjunktur besser läuft als erwartet und die städtischen Unternehmen gut gewirtschaftet haben. Müller sieht das strukturelle Defizit als eine „rein abstrakte Zahl“. Er wolle und könne das nicht ignorieren, aber es raubt ihm anscheinend auch nicht den Schlaf. Worauf man aufpassen müsse, sei die Liquidität, mit der man auskommen müsse.
Auch für den aktuellen Haushalt 2021, der mit einem ausgeweitetem Stellenplan und einem Minus von 380.000 Euro beschlossen wurde, erwartet Müller, dass er am Jahresende ebenfalls wieder ausgeglichen sein wird.
Die geringeren Einnahmen durch die Corona-Pandemie werden ausgebucht. Der Gesetzgeber zeigt zwei
Möglichkeiten auf, die Zahlen zu verrechnen: Die Millionen-Summe, die jetzt noch nicht feststeht, könne über 50 Jahre verteilt im Haushalt „abgestottert“werden oder im Haushalt 2025 mit dem Eigenkapital verrechnet werden. Die Ausgleichsrücklage weist für Nettetal 25 Millionen Euro aus, die allgemeine Rücklage, seit 2015 unverändert, rund 125 Millionen Euro. Durch positive Jahresabschlüsse konnte die allgemeine Rücklage von 17 auf 25 Millionen Euro anwachsen.