Einkauf beim Bauern wird immer beliebter
Die Klimakrise schärft das Bewusstsein für Lebensmittel aus der Region. Warum auch die Corona-Pandemie für neue Kunden sorgt.
KREIS VIERSEN Ingrid Brinkman vom Familienbetrieb „Pauls Spargel“in Brüggen-Lüttelbracht hofft auf Sonnenschein, gerade jetzt zu Beginn der Spargelsaison. „Schönes Wetter und Spargel gehören einfach zusammen“, sagt die Landwirtin. Gerade dann sei auch ihr Hofladen besonders stark frequentiert. Erst recht, wenn auch Erdbeeren vom eigenen Hof zum Sortiment gehören. Ähnlich sieht es auch bei Jakobs Spargel in Heidhausen aus: Je schöner das Wetter, desto mehr Kunden kommen, um Spargel und Erdbeeren zu kaufen.
Aber auch außerhalb von Spargel- und Erdbeerzeit nutzen immer mehr Menschen die Nähe zu ihrem Bauern um die Ecke: Mehr als 14 Millionen Deutsche haben 2020 in Hofläden eingekauft, hat Allensbach in einer Umfrage herausgefunden. Von Jahr zu Jahr steigt das Interesse. Auch, weil die Öffnungszeiten der Hofläden ausgedehnter sind als etwa am Wochenmarkt in den Ortskernen.
Keine Überraschung, dass Einkaufen auf dem Hof im Trend liegt. Die Klimakrise ist ein Grund, warum Lebensmittel aus der Region neue Attraktivität erhalten. „Die Produktion, Verarbeitung, Transport, Lagerung und der Verkauf unseres Essens trägt zu rund 20 Produzent der deutschen Treibhausgasemissionen bei“, sagt Felix Schütte, Klimaschutzmanager des Kreises Viersen. Damit sei der Ausstoß von Klima-schädlichen Gasen für Frühstücksei, Pasta oder Früchte im Schnitt so hoch wie für die Mobilität. Schüttes Tipp: „Regionale und saisonale Produkte kaufen, auf Qualität achten.“Und wer für den Einkauf von Spargel, Kartoffeln und Co. das Rad nutze oder einen Spaziergang zum Hofladen mache, handele noch stärker im Sinne einer klima-bewussten Ernährung
Die meisten Konsumenten zieht es aber in die Hofläden, weil sie Frische und Qualität suchen. Zudem können sie die Menschen, die Lebensmittel erzeugen, direkt kennenlernen, können ein Schwätzchen an der Kasse halten oder Rezept-Tipps mitnehmen. Und sie sehen, wo ihre Tomaten wachsen, wo der Spargel gestochen wird. „Haben Sie schon einmal ein Ei probiert, das erst am Morgen von der Henne gelegt wurde?“Wer so fragt, ist ein Hühnerhof und vermarktet die Produkte vor Ort. Für die Landwirte ist der Direktverkauf ab Hof eine Möglichkeit, einen höheren Erlös für ihre Produkte – oder die des Nachbarn – zu erzielen. Denn Groß- und Einzelhandel bleiben außen vor.
Im Land-Lädchen der Familie Gütges in Viersen-Süchteln etwa können Kunden frische Milch vom Hof kaufen. Außerdem gibt es selbst Eingemachtes, zudem Obst und Gemüse aus der Region. Den Kunden sei es wichtig, dass die Lebensmittel aus der Region seien, erzählt Gaby Gütges. Coronabedingt sei die Kundenzahl nochmal gewachsen, berichtet sie. Ihr Eindruck: „Viele Leute meiden jetzt die großen Läden und kaufen lieber in kleineren ein.“Auch einen Lieferservice bietet der Hof mittlerweile an, freitags liefert Gütges Ware aus – etwa für ältere Kunden, erklärt sie.
Der Kreis Viersen ist wie der übrige Niederrhein stark von der Landwirtschaft geprägt. Gute Böden sorgen für einen hervorragenden Spargel, auch Erdbeeren und andere süße Früchten werden auf vielen Feldern angebaut und direkt in Hofläden verkauft. In der Erdbeer-Saison werden auch an vielen Einkaufszentren und Parkplätzen Verkaufs-Büdchen aufgestellt. Auf vielen Höfen kann man frische Kartoffeln, Gemüse und Obst nach Saison kaufen. Vor allem Äpfel werden angebaut. Auf den Milch- und Hühnerhöfen gibt es frische Milch und Eier, manchmal gar rund um die Uhr an Automaten.
Und es gibt ungewöhnliche Kombinationen, wie etwa die, die Joachim Hofer seit 20 Jahren in Brüggen-Bracht betreibt. An der Adresse Hülst 18 findet sich nur der Hof mit Hofladen „Hofers Gemüselädchen“, direkt angeschlossen ist auch der Hofgrill. „Auch dort verwenden wir unsere eigenen Produkte“, sagt Inhaber Joachim Hofer. Wer das feldfrische Gemüse von seinem Hof lieber selbst zubereiten wolle, habe zum Einkaufen viel Zeit: An sechs Wochentagen hat der Brachter Landwirt für seine Kunden geöffnet und auch an Sonntagen steht er zur Verfügung, dann allerdings nach Terminabsprache.
„Bei schönem Wetter kommen mehr Kunden in unseren Hofladen“Ingrid Brinkman Landwirtin