Einsam auf dem Thron
Mehr als 70 Jahre war Prinz Philip an der Seite der Queen. Wie sieht die Zukunft der Royals jetzt aus?
LONDON/WINDSOR (dpa) Es hätte ein besonders Jubiläumsjahr für Königin Elizabeth II. und Prinz Philip werden sollen. Doch knapp zwei Wochen vor dem 95. Geburtstag der Queen am 21. April und rund zwei Monate vor Philips 100. Geburtstag ist der Prinzgemahl gestorben.
Von der Krönungszeremonie im Jahr 1953 bis zu seinem Rückzug in den Ruhestand 2017 – Philip war immer an ihrer Seite und immer bereit, hinter ihr zurückzustehen. Doch hinter den Kulissen dürfte er eine weitaus bedeutendere Rolle gespielt haben. Dass die Queen das Zepter nun abgibt, ist nicht zu erwarten. Ihr Pflichtgefühl, das machte sie bereits als sehr junge Frau deutlich, steht über allem. „Mein ganzes Leben, sollte es kurz oder lang werden“, versprach die damalige Thronfolgerin an ihrem 21. Geburtstag im Jahr 1947, wolle sie ihren Untertanen widmen. Sie wird also wohl weiterhin eine „stiff upper lip“bewahren, wie man in Großbritannien
sagt, eine „steife Oberlippe“– das bedeutet so viel wie „die Fassung bewahren“.
Vieles spricht dafür, dass Prinz Charles zumindest zeremoniell die Lücke füllen wird, die Philip hinterlassen hat. Er vertrat seinen Vater bereits in den vergangenen Jahren bei wichtigen Anlässen wie der Eröffnung des Parlaments oder Reisen ins Ausland. Der letzte Staatsbesuch der Queen liegt bereits sechs Jahre zurück. Seitdem reisen Charles und seine Frau Camilla (73) für die Krone um die Welt, gelegentlich auch Prinz William (38) und seine Frau
Herzogin Kate (39). Und auch in Familienangelegenheiten wird künftig Charles mehr Verantwortung tragen. Er war es, der am Tag nach dem Tod seines Vaters vor die Presse trat, um eine Mitteilung im Namen der Familie zu überbringen. Er fand gefühlvolle, ja zärtliche Worte: „Mein lieber Papa war ein ganz besonderer Mensch, der staunen würde über die Reaktion und die bewegenden Dinge, die über ihn gesagt wurden“, so Charles.
Doch wird es Charles auch gelingen, die großen Herausforderungen mit ähnlich viel Fingerspitzengefühl
zu meistern? Der Streit mit Prinz Harry (36) und dessen Frau Herzogin Meghan (39) hatte das Königshaus in seinen Grundfesten erschüttert. Im Mittelpunkt stehen Vorwürfe über mangelnde Rücksichtnahme auf das Paar und sogar rassistische Äußerungen innerhalb der Familie. Meghan hat teilweise afroamerikanische Wurzeln.
Ein weiteres Minenfeld stellt die Verwicklung des zweitältesten Sohns der Queen, Prinz Andrew (61), in den Skandal um den gestorbenen US-Multimillionär Jeffrey Epstein dar. Dieser soll jahrelang einen Missbrauchsring mit minderjährigen Opfern betrieben haben.
Einen letzten Dienst könnte Prinz Philip seiner Familie noch erweisen, indem seine Beerdigung am kommenden Samstag eine Gelegenheit zur Aussöhnung zwischen Harry und dem Rest der Familie wird. Danach muss sich zeigen, ob es der Queen gelingt, die Familie auch ohne ihren manchmal launischen aber stets treuen Begleiter Philip zusammenzuhalten.